Australien 15+1: Dropbears (1)

Dass die australische Fauna so manche Überraschung bereithält, dürfte weithin bekannt sein. Doch viele Besucher aus fernen Ländern haben keine Vorstellung davon, worauf sie sich wirklich einlassen. Ein Beispiel dafür sind die gefürchteten dropbears.

Zwar sehen dropbears den ikonischen Koalas ausgesprochen ähnlich, doch der Schein trügt. Der Experte vermag einen dropbear leicht an den spitzeren Ohren zu identifizieren, doch der Laie wird mit der Unterscheidung seine Schwierigkeiten haben – zumal sich die Tiere gerne in den luftigen Höhen der Eukalyptusbäume versteckt halten. Doch genau das macht sie so gefährlich: Nicht nur handelt es sich bei den dropbears im Gegensatz zu den knuffigen Koalas um echte Bären, zudem sind sie als Fleischfresser auch auf den Geschmack argloser Touristen gekommen.

Üblicherweise wird sich der dropbear aus dem Geäst auf seine ahnungslosen Opfer stürzen, denen keine Zeit bleibt, den Angriff abzuwehren. Obwohl solche Unfälle wesentlich häufiger auftreten als etwa die Angriffe von Haifischen auf Surfer, gelingt es den australischen Behörden erstaunlich gut, den Deckmantel des Schweigens über diese Zwischenfälle zu breiten – undenkbar groß wäre der Imageschaden für das Land.

So oder so ähnlich werden australische Gastgeber Neuankömmlinge im Lande über die zu erwartenden Risiken aufklären. Es ist die australische Art, jemanden willkommen zu heißen: Pulling your leg ist ihre Bezeichnung, »durch den Kakao ziehen« wäre eine angemessene Übersetzung. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt: Dropbears sind als legendäre Kreaturen recht verbreitet; manche erzählen lieber von gigantischen meatflies (überdimensionierten Fliegen, die das Fleisch vom Grill klauen) oder dem mythischen bunyip. Natürlich besteht in einem Land wie Australien das ständige Risiko, dass solcher Humor von der Realität eingeholt wird. Ein Beispiel dafür wäre die bellende Spinne. Doch fürs Erste sollte man als Reisender diese Begrüßung als kleinen Test verstehen, mit dem die Australier prüfen möchten, ob man aus dem richtigen Holz geschnitzt ist. Erst wenn man einem dieser Späße zum Opfer gefallen ist, ist man auch wirklich angekommen.

Auszug aus: Australien 151 – Porträt der großen Freiheit in 151 Momentaufnahmen, Markus Lesweng, Conbook Verlag

2 Kommentare:

  1. Gute Reise noch!

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