Im Apfelland

Tag 154 der Weltreise: 89 km von Fuxian nach Huangling. Schöne Strecke mit zwei längeren Anstiegen, zwei Abfahrten und ein wenig auf und ab dazwischen. Der Himmel war heute bedeckt, was das Radeln ganz angenehm machte.

Eine freudige Überraschung stellte sich heute morgen ein, als wir feststellten, dass die heutige Strecke nicht 130  sondern nur 89 km lang ist. Die Freude währte nicht all zu lange, denn nach etwa 4 km begann ein Aufstieg von 8 km und etwas über 300 Höhenmetern. Oben angekommen hügelte es ein wenig vor sich hin und dann wurden wir mit einer herrlichen Abfahrt belohnt. Das tut gut, einfach fallen lassen.

Kaum dass wir wieder unten waren, ging auch schon der nächste Anstieg wieder los. Der war in etwa vergleichbar mit dem ersten. Oben angekommen trafen wir Xiao Ding, unseren Fahrer, der gerade Äpfel kaufte. Bei den Bauern stellten wir etliche Fragen zur Apfelzucht, was hier der Haupterwerb in der Region ist. Man fährt hier durch kaum etwas anderes als Apfelplantagen. Die Bauern schenkten jedem von uns einen Apfel und waren sichtlich stolz, dass sie uns schmeckten. Xiao Ding hatte schon einen ganzen Sack davon gekauft. Kurze Zeit später aßen wir in der Kleinstadt Luo Chuan zu Mittag. Die Betreiberfamilie war, wie die meisten anderen Gastwirte bei denen wir in den letzten Tagen eingekehrt waren, auch sehr aufgeregt, dass sie ausländische Gäste hatten und um das gemeinsame Foto nach dem Essen kamen wir natürlich nicht herum. Aber mittlerweile sind wir darin Profis.

Die Reststrecke schraubte sich noch eine Weile sehr gemächlich bergauf und dann durften wir wieder eine schöne Abfahrt genießen. Man saust dabei durch spektakuläre Lößformationen, die alle fotographierenswert wären, aber man möchte den schönen Schwung den man gerade hat nicht abbremsen.

Am Abend gingen wir auf dem Nachtmarkt essen. Das ist bei dem Wetter eigentlich die schönste Art zu essen, denn es gibt nichts schöneres als in den lauen chinesischen Sommernächten draußen zu sitzen und Snacks wie gebratenen Fleischspieße, gebratene Nudeln oder Kleine gefüllte Teigtaschen (Xiaolongbao) zu sich zu nehmen. Dazu noch ein, zwei kühle Bier und der Abend ist perfekt.

Der erste Regen

Tag 153 der Weltreise: 134 km vom Hukou Wasserfall nach Fuxian. Die ersten 100 km ging es fast permanent bergauf, aber meistens nicht sehr steil. Die letzten Kilometer der Steigung waren schon etwas steiler und die rund 30 km Abfahrt verliefen leider im Regen.

Der Tag begann uneinig. Es gab zwei Fraktionen, die eine war gestern Abend schon am Wasserfall und drängte darauf möglichst früh loszufahren, da einiger der Älteren Teilnehmer nicht so schnell fahren könnten und man mehr Pausen brauche und deshalb früh los müsse um diese Etappe zu schaffen.

Die andere Fraktion wollte den Wasserfall am Morgen sehen und daher eine Dreiviertelstunde später losfahren. Gesagt getan. Wir bildeten zwei Gruppen und die eine fuhr 08:30 Uhr los, die andere erst um 09:15 Uhr. Nach etwa 28 km hatten wir die Vorhut eingeholt.

Die Strecke führte wieder durch sehr schöne Lößlandschaft mit dem Wermutstropfen, dass es fast permanent bergauf ging. Nach rund 100 km hatten wir die höchste Stelle erreicht und von da an ging es dann etwa 34 km nur hinab, leider aber im Regen. Der Pass wirkte wie eine Wetterscheide. Das ist nun der erste richtige Regen, seit ich mit von der Partie bin. Wir hatten schon mal etwas Getröpfel, aber das konnte man nicht wirklich ernst nehmen. Das hier war was Richtiges.

Im Hotel wartete eine Überraschung auf uns, denn wir sollten alle die Räder mit auf unsere Zimmer nehmen. Besonders bei den Doppelzimmern war das recht beengt. Es fand sich dann aber eine Besenkammer, in die man ein paar Räder stellen konnte und so das Platzproblem umging. Das Abendessen war auch mal etwas Neues. Wir hatten Feuertopf aber wie beim Barbecue (Shaokao) mit Spießen die man sich individuell aussuchte und dann in die Brühe tunkte. Die Essensvielfalt in China kennt einfach keine Grenzen.

Willkommen beim Hobbygastronom

Tag 152 der Weltreise: 125 km von Xixian zum Hukou Wasserfall. Es ging relativ viel bergab aber dann kam eine lange Steigung mit Pass und gegen Ende ein ständiges Auf und Ab.

Der Anfang gestaltete sich heute recht angenehm. Es ging recht viel bergab, da rollte es ganz gut. Erst gegen Mitte unserer Etappe fing ein längerer Aufstieg an. Als wir diesen hinter uns hatten, kehrten wir in eine Art Privatwirtschaft ein. Das war ein Hühnerzüchter, der nebenher auch gelegentlich ein wenig als Gastronom tätig war, quasi als Hobby. Er kochte uns frisch gemachte Nudeln mit Gemüse und Fleisch. Er setzte sich irgendwann zu uns, erzählte ein wenig von sich und hatte seinerseits natürlich tausend Fragen. Das Schöne an dem kleinen privaten Restaurant war, dass wir unter einem Baldachin im Freien sitzen konnten und auf seinen Gemüsegarten schauen konnten. Er betonte mehrfach, dass das ganze Gemüse, das er kochte aus seinem eigenen Garten stamme.

Die restliche Strecke ging zwar überwiegend bergab aber es gab ständig sehr gemeine Gegensteigungen. Mal mehr mal weniger lang. Das zermürbt etwas, insbesondere wenn man sich auf eine reine Abfahrt gefreut hatte. Die Landschaft war toll, eine der schönsten, die wir seit Datong hatten. Überall gab es tief in den Löß gegrabene Flusstäler mit zerklüfteten Felsen. Gegen 17:30 Uhr erreichten wir dann das Hotel. Nur dass es leider nicht das Richtige war. Nach einem Telefonat mit unserer Agentur klärte sich dies aber und wir fuhren in ein anderes Hotel ein paar hundert Meter zurück.

Etwa 4 km entfernt lag der berühmte Hukou-Wasserfall. Es entbrannte eine Debatte ob wir den Wasserfall heute Abend noch oder lieber morgen besichtigen sollten. Das Problem lag darin, dass heute Abend nicht mehr all zu lange gutes Licht zum Fotografieren sein würde, wir morgen aber auch nicht viel Zeit haben würden, da wir eine lange Etappe vor uns haben. Drei Leute fuhren heute Abend schon hin und die anderen werden morgen früh fahren. Wir sind ja schließlich flexibel.


Chinesischer Hürdenlauf

Tag 151 der Weltreise: 130 km von Jiexiu nach Xixian mit zwei Pässen und zwei längeren Abfahrten bei bewölktem Wetter.

Wir hatten heute gleich mehrere Hürden oder Hindernisse zu überwinden. Da waren Baustellen, die uns den Weg versperrten, eine eingestürzte Straße, zwei kleine Unfälle und über allem lag der Kohlestaub.

Bereits die Stadtausfahrt gestaltete sich schwieriger als erwartet. Die Ausfallstraße war weggerissen und wir mussten uns durch Baustellenschotter und aufgerissenes Erdreich kämpfen. Später war eine Straße anscheinend durch einen eingestürzte Kohleschacht derart eingestürzt, dass es aussah, als sei sie einem Erdbeben zum Opfer gefallen. Kurz vor dieser Stelle ereignete sich auch unser erster Unfall. Ich wurde aus einem schräg hinter mir fahrenden Auto gerufen, daher drehte ich mich zu dem Rufer um und sah leider nicht, dass Karin vor mir angehalten hatte um ein Foto zu machen. Ich fuhr in Karin hinein und wir stürzten beide auf die Straße. Zum Glück trugen wir keine ernsten Verletzungen davon. Ich habe nur eine Schürfwunde am Schienbein und Karin hat eine Rippenprellung, weil Ihr der Lenker in die Rippen rammte.

Später hatte Peter noch eine kleine Karambolage mit einem VW Santana aber auch die ging zum Glück glimpflich ab. Der Rest der Fahrt verlief reibungslos wenn nicht der Kohlestaub überall in der Luft hinge und von den LKWs ständig aufgewirbelt würde. Aber auch später, als die Kohlelaster nicht mehr so präsent waren, hing überall der Staub in der Luft. Die Luft riecht förmlich nach Kohlestaub. Ich musste zeitweise eine Schutzmaske tragen. Es kommt einem unwillkürlich der Gedanke, dass Fahrradfahren nicht zwangsläufig gesund sein muss.

Schließlich im Hotel angekommen zeichnete sich das gleiche Bild ab wie an den Abenden zuvor. Wir waren anscheinend die ersten ausländischen Gäste im Hotel. Die Bediensteten waren derart nervös, dass sie sich Sorgen um alles machten. Bezeichnend war die Situation beim Einchecken: Man muss, um sich zu registrieren, die Pässe beim Check-in abgeben. Nachdem der Salesmanager den ersten Pass geöffnet hatte fragte er, wo denn die chinesischen Namen stünden. Als ich ihm sagte, dass da keine chinesischen Namen vorhanden seien sondern nur deutsche, gab er mir die Pässe zurück und meinte, dann könne er uns nicht registrieren, da sein System nur Chinesisch könne. In den Zimmern erklärte er uns einfach alles. Selbst welches Handtuch für welchen Zweck vorgesehen sein usw. Als wären wir noch nie in einem Hotel gewesen. Mal sehen ob wir, bei den vielen Fotos die wir hier schon gemacht haben, so etwas wie eine Ehrenwand mit unseren Fotos dran hier im Hotel bekommen.

Quasi-Ruhetag

Tag 150 der Weltreise: 40 km von Pingyao nach Jiexiu auf leicht hügeliger Strecke bei teils sonnigem, teils bewölktem Wetter.

Jubiläum! Ein runder Geburtstag und zwar der 150. Zur Feier des Tages hatten wir eine absolut kurze Etappe von nur 40 km. Quasi ein Ruhetag wie Gerhard das formulieren würde. Seiner Meinung nach sind alle Etappe unter 100 km Ruhetage. Um der Mittagshitze zu entgehen, entschieden wir uns bereits um 09.00 Uhr loszufahren. Wem wir leider nicht entgehen konnten, das war der Kohlestaub. Die Luft war derart Kohlestaub geschwängert, dass wir wieder in kürzester Zeit rußige Gesichter hatten. Ob das wohl Glück bringt wie bei den Schornsteinfegern

Gegen 13:00 Uhr kamen wir im Hotel in Jiexiu an und der Staff war mal wieder in heller Aufregung. Vermutlich sind wir die ersten ausländischen Gäste hier. Zumindest fühlt es sich so an. Aber einige der Bediensteten sprechen sogar ein wenig Englisch und sind total scharf darauf es anwenden zu können. Wann hat man denn auch schon mal die Gelegenheit.

Der Nachmittag war dann zur freien Verfügung und wir trafen uns wieder zum Abendessen. Wir tafeln ja immer recht gut am Abend während das Mittagessen meist etwas einfacher ausfällt. Das Abendessen heute war mal wieder ein recht opulentes und als neue Entdeckung tranken wir heute das Taishan Yuanjiang Bier, das naturtrüb ist und geschmacklich etwas mehr in Richtung Weizenbier geht.

Nach dem Essen ist dann immer die abendliche Spazierrunde dran bei der wir den Chinesen bei der Abendgestaltung zuschauen. In der Regel wird irgendwo auf einem Platz getanzt, heute wurde sogar Badminton und Hacky Sack gespielt. Ein Eis oder etwas Schokolade darf bei diesen Runden natürlich nicht fehlen. Wir lassen es uns schon gut gehen. Aber wir trainieren es am nächsten Tag ja schließlich auch wieder ab.


Kilometerschruppen

Tag 147 der Weltreise: 86 km von Jinzhong nach Pingyao auf flacher Strecke bei sonnigem Wetter.

Gestern hatte ich von der Kohle berichtet, heute geht’s wieder um Kohle. Diesmal aber tatsächlich um den ehemaligen Reichtum der Stadt Pingyao. Hier war ab dem 14. Jahrhundert zu Zeiten der Ming- und Qing-Dynastie das Finanzzentrum Chinas angesiedelt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden hier die ersten Privatbanken Chinas gegründet und die Bankiersfamilien Pingyaos waren unermesslich reich. Das ist lange vorbei. Seit Shanghai Anfang des 20. Jahrhunderts in der chinesischen Finanzwelt den Ton angab versank Pingyao in einen Dornröschenschlaf und wurde erst in den 90er Jahren durch den Tourismus und die Aufnahme ins UNESCO Weltkulturerbe 1997 wiedererweckt.

Aber erstmal wieder zurück auf Anfang. Unsere Etappe beschränkte sich heute mehr oder weniger auf das Überbrücken von Kilometern. Etwas mehr als die erste Hälfte der Tour fuhren wir auf einer großangelegten vierspurigen Landstraße. Eine Abwechslung beim Radeln bot ein Straßenmarkt, der sich am Straßenrand entlang zog. Kurze Zeit später kehrten wir in ein Nudelrestaurant an der Strecke ein und oh Wunder, erregten wieder jede Menge Aufsehen. Ohne Fotoshooting läuft ja inzwischen kaum ein Essen mehr ab. Auch unterwegs auf dem Rad kommt es manchmal zu den spannendsten Fotoshootings. Karin wurde zum Beispiel von einem Fahrzeug ausgebremst und eine Frau sprang heraus, nur um ein Selfie mit ihr zu machen.

Nachdem wir auf eine etwas kleinere und ruhigere Nebenstraße abgebogen waren kamen wir noch durch den Ort Qixian, der eine kleine aber völlig intakte Altstadt hat. Rund vierzig Kilometer weiter erreichten wir dann Pingyao. Kaum ist man im Altstadtbereich von Pingyao, umfängt einen der Trubel. An Radfahren war nicht mehr zu denken, wir mussten die Räder durch die Menschenmassen schieben. Heute ist Sonntag der wichtigste Familientag. Alle gehen shoppen oder machen Ausflüge. Ich hoffe morgen, wenn wir unsere Besichtigungsrunde machen, ist nicht mehr ganz so viel Trubel.

Eine Oase der Ruhe hingegen ist unser Hotel, eine ehemalige alte Familienresidenz mit mehreren kleinen Höfen. Wir wohnen im hinteren Hof und daher dringt der Lärm der Straßen nicht bis hier her. Zum Wohlfühlen trägt natürlich auch der klassische chinesische Stil der gesamten Hotelanlage bei. Man kann sich ein bisschen wie ein Mitglied einer der feudalen Familien des 19. Jahrhunderts fühlen.


Jede Menge Kohle

Am 147. Tag der Weltreise fuhren wir 99 km über Berg und Tal bei sonnigem Wetter.

Jede Menge Kohle. Überall. Gemeint ist leider nicht der Renminbi, sondern richtige Kohle. Sie wird hier überall abgebaut und auf LKWs abtransportiert. Sie hängt hier in der Luft, der Kohlestaub setzt sich auf alles ab. Die Kohle ist quasi überall. Viele Pflanzen sehen gespenstig schwarz aus, wir nach einer Weile Radfahren auch.

Der erste Teil unserer Etappe ist wieder stark frequentiert mit Kohlelastern. Erst als wir lange später auf eine andere Straße abbiegen wird es ruhiger. Nur noch vereinzelt LKWs. In einem kleinen Ort kehren wir ein und essen Nudelsuppe oder gebratene Nudeln. Das ideale Radler-Mittagessen. Natürlich sind wir auch in diesem Restaurant wieder die Attraktion. Ein alter Mann, der wegen der vielen fehlenden Zähne kaum zu verstehen ist, redet immer lauter weil er denkt, dass wir ihn nichtverstehen weil wir etwas schwerhörig sind. Half aber leider nicht.

Die Restlichen 30 km bestehen aus zwei weiteren Anstiegen und einer relativ langen Abfahrt. Das sind immer meine Lieblingsabschnitte. Ein paar Kilometer vor dem Ziel schlachteten wir noch eine Melone, gespendet von Gerhard oder Karin, jeder von ihnen hatte eine Melone gekauft und eine davon aßen wir. Sehr erfrischend nach einer langen staubigen Etappe! Die letzten Kilometer führten uns dann durch die Vorstadt bis ins Zentrum, wo unser Hotel liegt. Zu Abend gab es heute Feuertopf, damit wir schon mal wissen was uns in Chongqing erwartet.


Wie von einem anderen Stern

146. Reisetag. 71 km überwiegend bergauf, bei anfangs schönem Wetter und gegen Ende leichter Regen.

Im Hotel war heute morgen großes Spektakel. Ein Fernsehsender bereitete den Dreh einer Show vor. Jede Menge Komparsen und Tanzgruppen tummelten sich vor dem Hotel. Für unser tägliches Gruppenfoto schleppte Martin gleich zwei verkleidete Komparsen ab damit sie unser Gruppenfoto ein wenig aufpeppen.

Als wir dann losfuhren, reihten wir uns in die Kolonne der Kohle LKWs ein, die sich am Hotel vorbeischoben. Die ersten 20 km waren nicht einfach, denn die vielen LKWs wirbelten jede Menge Staub auf und die Straße war in einem bemitleidenswerten Zustand. Wir bemitleideten uns auch ein wenig. Nach ca. 20 km kam dann die ersehnte Abzweigung auf eine schöne und einsame Landstraße. Die war nicht nur besser in Schuss, man konnte auch die motorisierten Fahrzeuge an einer Hand ablesen. Erst als wir wieder eine größere Ortschaft erreicht hatten und zu Mittag gegessen hatten, nahm der Verkehr wieder spürbar zu. Leider hatte sich in der Zeit in der wir unsere Nudeln schlürften der Himmel zugezogen und es begann zu tröpfeln. Wir hörten sogar Donnergrollen in der Ferne. Einige Zeit flohen wir vor dem Regen, aber dann holte er uns schließlich doch ein. Oder wir ihn, da waren wir uns nicht ganz einig. Einige Kilometer vor unserem Ziel hörte der Regen dann aber wieder auf und wir waren wieder trocken als wir im Hotel ankamen.

Auf der Suche nach einem Restaurant schlenderten wir am Abend durch die Stadt in der Nähe des Hotels. Es ist erstaunlich, wie viel Aufmerksamkeit wir hier in der Gegend auf uns ziehen. Die Leute bleiben ständig stehen um uns anzustarren als seien wir von einem anderen Stern, machen mehr oder weniger heimlich Fotos von uns oder von sich mit uns…. Und sobald sie merken da spricht ja einer Chinesisch, ist es vorbei mit der Schüchternheit. Dann bestürmen sie einen mit allerlei Fragen und wollen natürlich noch mehr Fotos machen. Viele Autofahrer fahren plötzlich im Schritttempo neben uns her und machen aus dem Fenster Fotos von uns. Es ist schon lustig immer wieder so im Mittelpunkt zu stehen aber nicht, dass wir noch Starallüren bekommen.


Rollen lassen

145. Reisetag. 120 km überwiegend bergab, dann nochmal 15 km Anstieg, eine Abfahrt und die letzten 8 km hügelig. Das Wetter und die Landschaft hätten schöner kaum sein können.

Frischer als erwartet ging unsere Tour los. Einige von uns waren kurz vor dem Hotel um die Temperatur zu checken, aber wenn man auf dem Rad sitzt und hauptsächlich bergab fährt, wird es einem doch kälter als man erwartet. Und das trotz Sonnenschein. Aber in den Bergen ist das keine Garantie für wohlige Wärme. Aber dennoch es rollte wie von selbst und wir kamen ausgezeichnet voran. Ein wenig unangenehm waren auf einer Strecke von etwa 30 km die vielen Kohlelaster, die dicht an dicht an uns vorbei brausten. Mehrfach fuhren wir an Restaurants vorbei und wir waren alle der Ansicht, dass es zum einen noch zu früh sei zum Essen und man außerdem noch nicht genug geleistet habe. Stetiges bergab fahren ist ja keine große Heldentat es rollt halt einfach. So kehrten wir erst nach rund 80 km um halb eins in einem Trucker-Restaurant ein. Die Wahl des Restaurants war nicht so besonders glücklich, aber wir waren zuvor kilometerweit durch unbesiedeltes Gebiet gefahren und dachten, wir sollten besser die Gelegenheit ergreifen. Das war auch gut so, denn später kam auch tatsächlich sehr lange keine Essensgelegenheit mehr.

Nach dem Mittagessen begann dann unser Anstieg. Wir schraubten uns fast 500 Höhenmeter auf rund 13 km hoch durch wunderschöne Gebirgslandschaft und ohne jeglichen Verkehr. Leider wurden wir um den Genuss einer rasanten Abfahrt gebracht, denn die Straße war so zerbröckelt, dass man sie nur mit größter Vorsicht hinabfahren konnte. Wieder unten im Tal ging es in einem stetigen Auf und Ab nach Liangjiazhai, wo wir in einem Hotelressort mit heißen Quellen wohnten. Bei unserer Ankunft verursachten wir eine solchen Auflauf, dass es ewig dauerte bis wir unsere Räder geparkt und abgeschlossen hatten und im Hotel eingecheckt hatten. Die vielen Besucher der heißen Quellen waren anscheinend überwiegend lokale Bevölkerung, die noch nie zuvor Ausländer gesehen hatten. Leider war es für die heißen Quellen zu spät, aber vielleicht war das besser so. Die chinesischen Besucher wären wahrscheinlich vor Schreck alle ertrunken.


Dem Himmel entgegen

143. Reisetag. 108 km über zwei anstrengende Pässe und wieder hinab ins Tal nach Taihuai. Bis zum zweiten Pass schien die Sonne, dann wurde es ziemlich kalt.

Eigentlich wollten wir so früh los wie möglich, denn die Etappe heute würde hart werden. Ein wenig ausgebremst in unserem Eifer wurden wir bereits vom Hotel, denn das Frühstück eröffnete erst um 07:00 Uhr und auf das Frühstücksbuffet wollten wir nicht verzichten. Man braucht ja schließlich eine ordentliche Grundlage für eine solche Etappe.

Diese Etappe war dominiert von zwei Pässen die es in sich hatten. Zum ersten Pass führte ein etwa 20 km langer Anstieg über einen Pass von 1550 Metern Höhe. Wir fuhren anschließend eine rasante Abfahrt hinab in ein Kleinstädchen wo wir Mittag aßen. Von dort ging es wieder gnadenlos bergauf und zwar etwa 30 km lang auf eine Höhe von rund 2500 Metern. Die Steigung nahm anscheinend überhaupt kein Ende und ich fragte mich wo dieses permanente Bergauf noch hinführen würde. Für die Strapazen wurden wir aber durch eine wunderschöne Berglandschaft entlohnt. Auf dem Pass sammelten wir uns und machten uns an die 16 km lange Abfahrt. Hier oben und auch während der Abfahrt wurde es verdammt kalt und wir waren alle bis auf die Knochen durchgefroren als wir im Hotel ankamen.

Der Ort Taihuai liegt inmitten des berühmten Wutaishan des bedeutendsten der 4 heiligen Berge des Buddhismus. Wegen seiner 5 Gipfel wird er auch fünf Finger Berg genannt. Seit fast 2000 Jahren kommen schon nachweislich Pilger hier her, sogar so mancher Kaiser war darunter. Auch aus vielen anderen buddhistisch geprägten Ländern kommen Pilger und machen dem Berg ihre Aufwartung. Der Wutaishan wird auch das „kühle Gebirge“ genannt, denn hier herrschen selbst im Sommer durchschnittlich 9°C. Das bekamen wir heute während der Abfahrt durchaus zu spüren. Morgen werden wir uns dann die Tempel des Wutaishan vorknöpfen.