Wir schrumpfen

Als ich mich am 4. September in Zürich in den Flieger setzte, war ich 79 Kilo schwer und der Sitz war gut ausgefüllt. Heute nach 73 Tagen sind es noch 73 Kilo. Statistisch gesehen bin ich bei meiner Heimreise am 17. Februar in Singapur noch 55 Kilo schwer. Würde ich die ganze Weltreise machen, bräuchte ich im Flugzeug nur noch einen halben Sitz. Genau so ergeht es auch meinen Kollegen. Peter startete seine Reise in Berlin mit 95 Kilo. Er ist jetzt über 200 Tage unterwegs und wiegt noch 85 Kilo. Wenn er nach 365 Tagen in Bali ankommt wiegt er statistisch gesehen noch 75 Kilo.

Eigentlich müsste man alle Übergewichtigen motivieren Rad zu fahren. Spaß beiseite, die Gruppe ist stark geschrumpft. Dabei meine ich nicht, dass wir jetzt weniger Teilnehmer sind, nein, wir haben viel an Körpergewicht verloren. Den Männern sieht man es gut an. Es wird schwierig sein, die entstandenen Gesichtsfalten mit Botox unsichtbar zu machen oder die scharfen Kanten im Gesicht mit dem Bügeleisen zu glätten. Obwohl immer noch reichlich Bier getrunken wird, sind keine Bierbäuche mehr sichtbar. Erst jetzt wird mir klar, warum die Radfahrerklamotten so elastisch konzipiert werden.

In China ist es unmöglich Gewicht zuzulegen. Wir saßen am runden Tisch, bewaffnet mit zwei Stäbchen. Der Tisch drehte sich mit den leckeren Speisen. Alle waren hungrig wie die Löwen. Wir hatten bei den diversen Bergetappen bis zu 3000 Kalorien täglich verbrannt. Mehr als eine Erdnuss geht nicht zwischen die Stäbchen. Der Tisch dreht sich weiter. Es gelingt mir etwas Fleisch zwischen die Stäbchen zu klemmen und in den Mund zu führen. Höchste Konzentration war gefordert, weitere Kalorien werden verbrannt. Der Tisch dreht sich und dreht sich, die Teller mit den verschiedenen Gerichten ziehen an mir vorbei. Wer die Technik mit den Stäbchen nicht beherrscht, verhungert. Die Teller auf dem runden Tisch sind leer, die Radfahrer waren hungrig. Mein Magen knurrt, er ist gar nicht zufrieden mit mir, dass ich die Technik nicht besser beherrsche. Ich hätte unbedingt vorher zu Hause mit lockerem Reis üben müssen. Unsere Reiseleiterin stellt die ketzerische Frage, soll ich noch etwas nachbestellen oder haben schon alle genug? Hans schiebt gerade die letzten Erdnüsse in den Mund und Gerhard pickt nach den letzten Reiskörnern.
Nein nein nein tönt es aus der Runde! Die Hilferufe meines Magens werden nicht erhört. Im Zimmer öffne ich meinen Koffer, da hat es noch Notproviant für solche extremen Fälle (Kekse) und diese können ohne Stäbchen gegessen werden.

Wir sind jetzt in Laos. Das Essbesteck besteht jetzt aus Löffel und Gabel und es lässt sich jetzt richtig schaufeln. 🤪. Zum Frühstück gibt es jetzt Kaffee, Eier, Brot und Konfitüre. Ich frage nach einem Messer. Nein das gibt es nicht in Laos. Ich nehme den Löffel und streiche Butter und Konfitüre auf‘s Brot. Alternativ gäbe es noch Stäbchen, aber damit lässt sich auch kein Brot streichen.

Wir freuen uns auf die positive Veränderung in Laos.

Ein Kommentar:

  1. Lieber Beat,
    Wenn ein linearer Zusammenhang zwischen Zeit und Gewichtsverlust besteht, bleibt Dir ein Trost. Wenn Du die Küste erreicht hast, passen Dir noch die Sonnenbrille und Flip Flops. Wir sind rechtzeitig an die Küste vorgeflogen und genießen das Sahnehäuptchen auf einer tollen Zeit mit Euch Weltreisenden.
    Liebe Grüße von Christine und Jan

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