Kilometerschruppen

Tag 147 der Weltreise: 86 km von Jinzhong nach Pingyao auf flacher Strecke bei sonnigem Wetter.

Gestern hatte ich von der Kohle berichtet, heute geht’s wieder um Kohle. Diesmal aber tatsächlich um den ehemaligen Reichtum der Stadt Pingyao. Hier war ab dem 14. Jahrhundert zu Zeiten der Ming- und Qing-Dynastie das Finanzzentrum Chinas angesiedelt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden hier die ersten Privatbanken Chinas gegründet und die Bankiersfamilien Pingyaos waren unermesslich reich. Das ist lange vorbei. Seit Shanghai Anfang des 20. Jahrhunderts in der chinesischen Finanzwelt den Ton angab versank Pingyao in einen Dornröschenschlaf und wurde erst in den 90er Jahren durch den Tourismus und die Aufnahme ins UNESCO Weltkulturerbe 1997 wiedererweckt.

Aber erstmal wieder zurück auf Anfang. Unsere Etappe beschränkte sich heute mehr oder weniger auf das Überbrücken von Kilometern. Etwas mehr als die erste Hälfte der Tour fuhren wir auf einer großangelegten vierspurigen Landstraße. Eine Abwechslung beim Radeln bot ein Straßenmarkt, der sich am Straßenrand entlang zog. Kurze Zeit später kehrten wir in ein Nudelrestaurant an der Strecke ein und oh Wunder, erregten wieder jede Menge Aufsehen. Ohne Fotoshooting läuft ja inzwischen kaum ein Essen mehr ab. Auch unterwegs auf dem Rad kommt es manchmal zu den spannendsten Fotoshootings. Karin wurde zum Beispiel von einem Fahrzeug ausgebremst und eine Frau sprang heraus, nur um ein Selfie mit ihr zu machen.

Nachdem wir auf eine etwas kleinere und ruhigere Nebenstraße abgebogen waren kamen wir noch durch den Ort Qixian, der eine kleine aber völlig intakte Altstadt hat. Rund vierzig Kilometer weiter erreichten wir dann Pingyao. Kaum ist man im Altstadtbereich von Pingyao, umfängt einen der Trubel. An Radfahren war nicht mehr zu denken, wir mussten die Räder durch die Menschenmassen schieben. Heute ist Sonntag der wichtigste Familientag. Alle gehen shoppen oder machen Ausflüge. Ich hoffe morgen, wenn wir unsere Besichtigungsrunde machen, ist nicht mehr ganz so viel Trubel.

Eine Oase der Ruhe hingegen ist unser Hotel, eine ehemalige alte Familienresidenz mit mehreren kleinen Höfen. Wir wohnen im hinteren Hof und daher dringt der Lärm der Straßen nicht bis hier her. Zum Wohlfühlen trägt natürlich auch der klassische chinesische Stil der gesamten Hotelanlage bei. Man kann sich ein bisschen wie ein Mitglied einer der feudalen Familien des 19. Jahrhunderts fühlen.


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