Straße der toten Frösche (es wird Frühling!)

93 km von Chodzież nach Bydgoszcz, Sonne, aber kein Rückenwind

Stefan hat seine Einstellung verändert. Seitdem zeigt sein Navi nur noch die polnischen Städtenamen an. Durchaus zielführend!

Auch der Wetter ist endgültig umgeschwungen und schreit uns aus allen Poren, Feldern und Bäumen „Frühling“ entgegen. Äcker, die gestern noch graubraun ihre Existenz fristeten, tragen nun grünen Flaum zu Tage. Und auch bei den Fröschen scheinen die Hormone verrückt zu spielen und sie begeben sich über die leidlich befahrenen Straßen auf Laichwanderung.

„Quack!“, haucht so manche Amphibie ihr Leben aus. Ein paar Hundert Frösche in verschiedenen Entstellungsstufen begleiten unsere heutige Etappe, und als dann in Bydgoszcz, auf dem schönen Weg den Kanal entlang in die Innenstadt auch noch eine menschliche Leiche im Bodybag, umgeben von Krankenwagen und Polizei am anderen Ufer liegt, macht sich für einen kurzen Moment morbide Stimmung breit.

Nein, nicht wirklich. Uns geht es gut, die Gesichter sind von der Frühlingssonne verbrannt, die Waden brennen und wir sehnen uns nach dem ersten Ruhetag, übermorgen in Torun. 420 Kilometer haben wir schon in den Beinen. Inkludiert ist da die heutige Härteprüfung mit vier Kilometern Sandpiste und acht Kilometern Umweg (s. Track).

Ein üppiges Abendessen und ein Nachtspaziergang durch die Altstadt beschließen den Tag.

Morgen dann ein Besichtigungsvormittag und eine kurze Etappe nach Torun.

Colmar in Posen

134 km von Międzyrzecz nach Chodzież

Wir haben ein Sprachproblem. Stefans Navi spuckt nur die ehemaligen deutschen Namen der Städte aus. Die polnischen Namen können wir aufgrund der Konsonantenreihung nicht immer aussprechen. Und überhaupt, wie Karin zuweilen anmerkt, waren die ersten beiden Übernachtungsorte im Programm falsch aufgeführt, so dass Stettin an der Warte zwar die richtige Übersetzung für den ursprünglich geplanten Übernachtungsort war, wir aber nicht in Skwierzyna übernachteten, sondern in Międzyrzecz, was früher Meseritz hieß.

So fuhren wir Mitte der Tour durch Birnbaum, das inzwischen Międzychód heißt, was wiederum in etwa „zwischendurch oder -drin gehen“ heißt, wie Aleks, unsere polnische Fahrerin übersetzt.

Schatten der Vergangenheit, wie die Kriegsdenkmäler, Heldenfriedhöfe und die von Brachen und Plattenbauten umgebenen historischen Altstädte, im Zweiten Weltkrieg auf ein Minimum reduziert.

Radlerisch stand heute die erste ernsthafte Härteprüfung an, die alle mit Bravour bestanden haben. 134 Kilometer durch kupiertes Gelände, wie die Schweizer sagen würden. Immerhin unterstützt mit einer ordentlichen Portion Rückenwind, der uns meist gnädig war.

Kleine Straßen mit wenig Verkehr zu finden ist in diesem Teil Polens zuweilen schwierig. Wir haben uns heute eine harte Dosis von 30 Kilometern Hauptstraße gegeben. Aber wie ich es nicht müde werde, zu schreiben: Radfahren in Berlin ist gefährlicher.

Die restlichen 100 Kilometer waren dann gut bis wunderschön zu radeln!

In Chodzież erwartet uns dann ein wunderschönes Hotel direkt am See, mit Strand direkt vor der Terrasse. Noch zehn Grad mehr, und zumindest Karin wäre in den See gesprungen.

So blieb uns nur die innere Benetzung und das übliche abendliche Festmahl.

Morgen dann nur 85 Kilometer.

Machen wir auf einer Arschbacke!

Auch, weil die andere furchtbar weh tut nach dem heutigen Tag.

Warte, Warte nur ein Weilchen

114 km von Wulkow nach Miedzyrzecz, sonnig bis wolkig, Rückenwind

Die Beine sind ein wenig schwer. Anfang April ist kaum eine Radlerin oder ein Radler gut trainiert, und uns geht es nicht anders. Dafür haben wir uns aber wacker geschlagen, bei immerhin 114 Kilometern und 700 Höhenmetern!

Der Tag begann auf jeden Fall erst einmal mit einem fantastischem Frühstück, das schon polnische Einflüsse (Wurst, Fisch) erkennen ließ. Die Sonne brach durch die Bäume vor unserem Schloss, es sah warm aus. Oder wärmer als gestern. Nun gut: In der Sonne ließ es sich am Vormittag gut aushalten. Gegen Abend machte sich dann tatsächlich der Frühling breit.

Die ersten 20 Kilometer führten uns durch das menschenleere Ostermontagsbrandenburg. Auf den Seelower Höhen gedachten wir der gefallenen Sowjetsoldaten, die hier im Zweiten Weltkrieg auf dem Weg nach Berlin gefallen sind. Die Seelower Höhen überblicken das gesamte Oderbruch und wechselten mehrmals die Besitzer. Mit dem Fall der Höhen war dann auch das Dritte Reich vorrüber, wie aufmerksame Zuschauer des Films „Der Untergang“ wissen.

Im Schuss ging es dann hinunter Richtung Oder, sogar die berüchtigte B1 war gut befahrbar und dann waren wir schon in Polen. Das grandiose, unter Naturschutz stehende Schwemmland der Warte begleitet uns ein Weilchen (s. Blogtitel!)

Dort gab es dann noch leckere Restverwertung von gestern abend als Picknick, und dann ging es über die Dörfer und ganz, ganz viele Endmoränen nahezu autofrei zu unserem Zielort, die Stadt mit den vielen Konsonanten, die nur Aleks, unsere Fahrerin aussprechen kann.

Eine ziemlich Völlerei mit abschließendem Büffelgraswodka beendet den langen Tag.

Morgen dann 134 Kilometer. Der Wecker klingelt um 6:30 Uhr!