Ruhetag in Muang Ngoy

225. Weltreisetag, Ruhetag in Muang Ngoy

Regen. Die ganze Nacht Regen und Wolken die zum greifen nah über den kleinen Ort Muang Ngoy hängen versüßen uns den Ruhetag. Wir sind froh heute keine Radetappe vor uns zu haben, sondern sich im Bett nochmals auf die andere Seite drehen zu können. Frühstücken spät und ausgiebig, Einige unternehmen eine Wanderung zu einer nah gelegenen Höhle und Andere erkunden den kleinen Ort der trotz der Abgeschiedenheit ein beliebtes Reiseziel bei zahlreichen Reisenden ist.

Bootstour auf dem Nam Ou

224. Weltreisetag, ca. 80 km mit dem Boot von Muang Khua nach Muang Ngoy

Die Wälder über den trüben, sedimentreichen Fluß, Nam Ou hängen in tiefen Wolken als wir am Vormittag unser Boot gen Muang Ngoy besteigen. Vorbei an kleinen abgelegenen Dörfern, steilen Reisfeldern, scheinbar endlosen Kautschukplantagen, Büffelherden die am Ufer grasen und badenden Kindern geht es in rasanter Fahrt bis zu einem neuen Stauseeprojekt in der Nähe des Dorfes Sopkhan. Fünf neue Staudämme werden in den nächsten Jahren am Nam Ou entstehen um den Hunger nach Elektrizität zu stillen, vor allem in den südlichen chinesischen Provinzen, die Hauptabnehmer des gewonnen Stromes. Die Geldgeber der Großprojekte kommen ebenfalls aus China, am Nam Ou investieren sie immerhin bis zu 85%.

Wir umfahren die quirllige Baustelle mit einem Tuk Tuk und setzen die, nun gemächlichere Fahrt, mit einem anderen Boot nach Muang Ngoy fort. Steile Karstformationen bewaldet bis zum Gipfel bestimmen nun das Landschaftsbild.

Alle Mitreisenden sind sich einig: Radfahren ist fantastisch, eine gelegentliche Pause davon, aber auch … ein schöner Tag.


Omsk

Tag 75, 148 km von Tjukalinsk nach Omsk, starker Wind aus der falschen Richtung

Wind aus der falschen Richtung, grober Straßenbelag und gehetzte Autofahrer machen diesen Tag zu etwas ganz Besonderen und wir können alle die große Freude nicht verhehlen ein weiteres wichtiges Etappenziel erreicht zu haben – Omsk.

In Omsk erwartet uns schon Igor, der neue Reiseleiter, dem ich das Reiseleiterrad hiermit offiziell übergebe. Er wird die Weltreisenden bis nach Krasnojarsk begleiten. Ich selbst mache mich nun auf in meine Zweitheimat Kamtschatka, wo ich den Sommer mit meinen Gästen beim Besteigen von Vulkanen und Durchstreifen von abgelegenen Naturparks und heißen Lavahöhlen verbringen werde.

Es war mir eine große Freude knapp 3000 Kilometer mit den vier Teilnehmern und Viktor, unserer guten Seele, von Nizne Novgorod nach Omsk, durch mein geliebtes Russland zu reisen. Ich wünsche Euch eine glückliche Weiterreise und freue mich die meisten von Euch in Laos wiederzusehen. Alles Gute und Shastlivovo Puti! Euer Oliver


Durch das schlafende Land …

Tag 74, 134 km von Abatskoe nach Tjukalinsk, wechselhaft und grün

Das heutige Wetter ist wechselhafter als im April und bietet alles … wärmende Sonne und peitschenden Regen innerhalb weniger Minuten. Der zahlreiche Schwerlastverkehr ist meistens erstaunlich rücksichtsvoll, kein Wunder, sind wir doch wieder ein Thema im Äther der Truckerwelle und die Fahrer sind gewarnt, dass deutsche Radfahrer bereit sind um jeden Zentimeter zu kämpfen. Oft siegt allerdings der Klügere …

Trotz alle Wetterkapriolen meint es unser Freund -der Wind- gut mit uns und bläst stetig gen Osten und uns zügig dem Tagesziel Tjukalinsk entgegen.


E 30 aka Sibirskie Trakt

Tag 73, 73 km von Ischim nach Abatskoe, Regen in Westsibirien kann auch schön sein …

Die ganze Nacht trommelt heftiger Platzregen auf das Blechdach unserer Unterkunft und wir verschieben die Abfahrt am heutigen Morgen solange bis es Mittag ist … wir können uns es leisten, denn heute liegen nur knapp 70 Kilometer vor uns. Wunderbar, nach dem Frühstück nochmals ins angewärmte Bett zu verschwinden …

Das heutige Gelände ist anspruchslos, mitnichten aber langweilig. Abermals Mischwälder, Weideflächen, ausgedehnte Agrarflächen und wieder spannende Gerüche. Heute liegt vorrangig Kuh und deren Ausscheidungsprodukte in der Luft.  Das weckt Erinnerungen an meine Kindheit auf dem Lande, durchweg positive Assoziationen … die nicht alle Mitreisenden teilen können.

Die Versuche die dicht befahrene Magistrale, die mittlerweile E 30 genannt wird, zu umgehen endet an aufgeweichten Feldwegen, von denen die Einheimischen behaupten diese Pfade selbst mit dem Traktor nur ungern zu befahren.  Dafür ist das Dorf malerisch (zumindestens für Touristen die mal eben mit dem Fahrrad hindurch fahren und mit den Einheimischen ein paar Worte wechseln) und hinter dem Mond (für die Einheimischen die ein paar Worte mit komischen Touristen wechseln und sich wundern wie man auf die Idee kommen könnte die gute Hauptstraße zu verlassen).

Abatskoe, das Tagesziel, ist Kreiszentrum, ein großes Dorf im topfebenen Westsibirien ein Steinwurf von der kasachischen Grenze entfernt, Raststation vieler LKW-Fahrer die wochenlang unterwegs sind und unser Zuhause für ein paar Stunden, die wir uns in der lokalen Banja und im hervorragenden Truckstop-Restaurant versüßen.


Stalin in Sibirien

Tag 72, 90 km vom Golyshmanovo nach Ischim, flach und schön

Weltreiseradleralltag. Das perfekte Asphaltband zieht sich kilometerweit durch lichte Wälder, die Lerchen balzen im Unterholz, es duftet nach dem Harz der Kiefern und frischem Gras nach kurzem Sommerregen. Jeder hängt seinen Gedanken nach, winkt gelegentlich einem Hirten oder einer Babuschka am Straßenrand, und die Zeit vergeht wie im Flug.

Ischim, unser heutiges Tagesziel, wartet noch mit einer kleinen Überraschung auf, die es so mittlerweile auch in Russland selten gibt. Wir finden hier eine Büste jenes Mannes, der das 20.Jahrhundert wie kaum ein Zweiter prägte, geschätzte 20 Millionen Menschen auf dem Gewissen hat und Abermillionen Deportationen veranlasst hat – Generalissimus Josef Stalin.  Die Blumen am Denkmal sind frisch … und die Erinnerungen eindeutig verklärt.


R 402

Tag 71, 131 km vom Zavodoukovsk nach Golyshmanovo, flach und windiges Westsibirien

Ein weiterer Tag auf der topfebenen R 402 Richtung Omsk. Lichte Wälder und frisch bestellte Felder wechseln sich in regelmäßigen Abständen ab und Siedlungen sind oft nur am Horizont zu erahnen. Die Gerüche verraten wie die Menschen hier ihr Einkommen erwirtschaften. Erdige schwere und angenehme Düfte verraten die Landwirte die hier vorrangig in Weizen, Mais und Raps investieren und die beißenden Gerüche verraten die Viehzüchter. Die feinen Nuancen lassen problemlos erkennen ob Hühner, Schweine oder Rinder in den riesigen Hallenkomplexen eingepfercht sind.

Aus Mangel an West-Ost-Verbindungen ist die R 402 ein Fernreise-Nadelöhr für Globetrotter. Scharren von chinesischen Automobilisten kommen uns entgegen auf ihrem Weg nach Westen und deutsche Wohnmobilreisende und diverse Motorradfahrer, heute in Form von drei Franzosen auf dem Weg in die Mongolei und zwei Motorradrocker aus Tjumen auf den Weg nach Kasachstan, folgen uns nach Osten. Gespräche sind selten, nur dann wenn wir zufällig, in den mittlerweile spärlich gesähten Cafe’s, gemeinsam pausieren.

Nicht selten wartet Viktor in unserem Versorgungsfahrzeug für einige Stunden ehe auch der letzte Radler eingetroffen ist. Heute hat er über sein Funkgerät die lokalen Trucker abgehört und sich gar in ihre Gespräche eingemischt. Die Radreisenden waren das Thema im Äther, und während die Fernfahrerkollegen auf die Radler hinwiesen und um Rücksicht baten, berichtete unser Fahrer nicht ohne Stolz über das Fahrradfernreiseprojekt. Die Meinung der LKW-Fahrer ist einhellig: „Respekt, ihr Prachtkerle! Allzeit gute Fahrt und ebene Pfade …“


Westsibirien

Tag 67, 90 km von Bogdanowitsch nach Pyschma , strammer Rückenwind und brennende Sonne

Tamara, unsere Gastgeberin in Bogdanowitsch, zum Abschied: „Früher reisten die Menschen in die Nachbarorte und auch weiter um sich kennenzulernen und um miteinander zu kommunizieren. Das ist selten geworden und das bedaure ich sehr … Ich bewundere Euch, das ihr genau dies tut. Ihr zieht durch Russland und die Welt um andere Menschen und Nationen und ihre regionalen Besonderheiten kennenzulernen. Das ist der beste Weg um Vorurteile abzubauen. Bitte erzählt den Menschen in den nächsten Ländern und zu Hause in Deutschland was ihr hier erlebt habt … Wir wünschen uns nichts sehnlicher als zusammen in Frieden zu leben … bitte erzählt das Zuhause! Ihr seid Prachtkerle…“

Knapp einhundert Tageskilometer erschrecken niemand der Mitradler mehr, wenn strammer Rückenwind uns schon morgens vom Hof bläst, er anhält und uns durch weite Landschaften, ausgedehnte Mischwälder und entlang einer abermals dichtbefahrenen Magistrale schiebt.

Schon am frühen Nachmittag sind wir in Pyschma, einem beschaulichen großen Dorf an der Transsibirischen Eisenbahn, und unseren heutigen Tagesziel. Alsbald sitzen wir in der brennenden Sonne vor dem lokalen Getränkefachgeschäft. Das lokale schmackhafte Bier wird hier in anderthalb Literflaschen abgefüllt und ist zum sofortigen Verzehr bestimmt, behauptet die resolute Verkäuferin mit Nachdruck. Wir beugen uns den russischen Gepflogenheiten … Reisen ist schön.


Sibirski Trakt

Tag 66, 90 km von Ekaterinburg nach Bogdanowitsch, mit Sonne und Rückenwind nach Sibirien

Der erste Radeltag im Westsibirischen Tiefland.  Mit dem Uralgebirge haben wir nicht nur die hügeligen Landschaften hinter uns gelassen, sondern scheinbar auch eine Wetterscheide überwunden. Endlich wieder annehmbare Temperaturen und weite, unendlich wirkende Ebenen, durchzogen von lockeren Mischwäldern. Alternativlos bewegen wir uns wieder auf einer großen, viel befahrenen Magistrale, der E 22 – dem sogenannten Sibirski Trakt.

Die Reparaturstatistik musste heute mehrfach aktualisiert werden. Drei neue Platten (einer für Gerhard, zwei für Oliver) lassen das Reiseleitergefährt unangefochten in Führung gehen … doch strammer Rückenwind entschädigte für alles … mit über dreißig Stundenkilometer flogen wir unseren heutigen Tagesziel Bogdanowitsch entgegen.


Durch den westlichen Ural

Tag 63, 131 km von Krasnoufimsk nach Nischne Sergi, Regen und Berge

Text: Karin Becker, Photos: Oliver Schmidt

Sprungfedern massieren in der Nacht meinen Rücken. Morgens um 7 Uhr sitze ich bei Oliver auf der Bettkante und löffel Tüten-Kascha in mich rein. Im Hotel gibt’s kein Frühstück und im Ort hat noch kein Laden geöffnet. Also schnell die Vorräte reinholen, Wasser kochen und Vorräte muffeln. Peter, Gerhard und Viktor finden auf dem Bett auch noch Platz. Draußen schneit es. Sieht lustig aus, bei den blühenden Obstbäumen vor dem Fenster.

Schnee, Regen und Hagel begleiten uns den ganzen Tag. Die Straße ist gut und zum Glück ohne Killer-Rampen wie gestern. Dörfer machen wach. Mir ist schleierhaft wo hier in diesen Wäldern Leute wohnen, denn ab und an stehen Bushaltestellenhäuschen an der Strecke. Allerdings aus Wellblech und seitlich frei. Offensichtlich werden sie auch gerne abgebaut.

Glücklicherweise gibt’s nach 65 Kilometer eine Kaffeebude an einer Kreuzung! Tee trinken wir 30 Kilometer später bei Viktor im muggeligen Wagen. Einfach sitzen bleiben, das wär’s!!

Die Sonne blinzelt ab und zu mal durch die Wolken. Bei der nächsten Pause zieh ich eine Schicht aus, nehme ich mir vor. Bergauf sehe ich noch die letzten Himmelsschlüsselchen und Buschwindröschen, sie verblühen gerade. Es wird immer schwerer. Runter geht’s blitzschnell. Stunde um Stunde. Wie lange noch? Wir müssen bis spätestens 19 Uhr in unserem heutigen Sanatorium sein, denn dann wird die Schranke geschlossen. Noch mal drei Kilometer ins Zentrum des Ortes, der heute als Schwefel-Heilbad in ganz Russland bekannt ist. Die Heilwässer werden ab 1830 genutzt.

Endlich, um 18.30 Uhr bin ich Zimmer, pünktlich um 19 Uhr steht das Essen im tristen Speisesaal auf dem Tisch. Zum Glück gibt’s ausreichend Brot, denn eine Diät müssen wir nicht machen. Um 19.45 Uhr ist Schluss mit sitzen, wir werden etwas unfreundlich raus gebeten. Ein Bier aus dem Wagen trinken wir gemütlich auf der Etage.

Drei Tage ungefähr 1.500 Höhenmeter rauf und ca. 1.400 Meter runter bei diesen langen Strecken reichen eigentlich.