Fahrt durch meine Heimatstadt mit besonderem Gefühl

98. Reisetag, Alzamaj – Nizhneudinsk, 90 km

Alzamaj ist von Holzbeschaffung bekannt, überall ist Wald. Man verkauft auf der Straße viele interessante und gesunde Sachen aus der Taiga. Für diese Gegend ist das typisch. Der Verkäufer hat eine große Auswahl an Kräutern mit Heilwirkung, Marmelade aus Johannis-, Preisel-, Drosselbeeren, Geißblatt… Wir nehmen Einiges mit, weil es einfach sehr schön ist, trinken den Kräutertee aus dem Samowar und fahren weiter.

In der Nähe von Nizhneudinsk liegt ein Bergland, Tofalarien, in den Ost-Sajanen-Gebiergen. Die Tofy sind ein einheimisches Volk mit 600 Menschen (besonders früher geschickte Renntierzüchter und Schamanisten).

Beim Zufluss Uk in den Uda-Fluss gibt es einen 16m Wasserfall. Bekannt sind hier auch Höhlen. Dort wurden Fundstellen von Urmenschen, große Kollektion von Fossilien entdeckt.
Nizhneudinsk wurde von den Kosaken 1648 gegründet. Ungefähr 44 Tausend Einwohner leben hier. Hier wurde ich geboren und habe meine Jugend verbracht. Zufällig begegnete ich meiner Freundin, die ich 5 Jahre nicht gesehen habe, auf der Strasse. Wir waren beide überrascht und erfreut. Noch ganz kurz habe ich meine unbewohnte Wohnung von den Großeltern besucht. Und danach gab es noch ein schönes Essen mit den Spezialitäten im Café „Lawa“.

Mit einem besonderen Gefühl kehre ich ins Hotel nach der Stadtfahrt mit der Gruppe zurück. Gute Nacht!


Grenze zwischen der Region Krasnojarsk und dem Irkutsker Gebiet

Kansk – Polowino-Tscheremchowo, 136 km

Morgens verlassen wir unser „5-Sternhotel“ mit leichtem Herzen und freuen uns auf die Fahrt. Das Wetter ist passend, nicht heiß. Unterwegs sehen wir viele schöne Holzhäuser mit weißen, blauen Fensterläden. Der Brauch, die Holzbalken anstelle einer Bretterverkleidung mit verschiedenen Ornamenten zu verzieren, ist heidnischen Ursprungs. Mit den Jahren ist die Verzierung immer komplizierter geworden, je reicher die Familie war, desto schöner waren die Ornamente.

Nach der Pause kommt die Grenze zwischen der Region Krasnojarsk und dem Irkutsker Gebiet. Unbedingt ist ein Fotostopp erforderlich. Dort begegne ich einem Motorradfahrer Wladimir aus Polen, der eine Reise durch Russland, die Mongolei, Kazachstan, Kirgistan macht. Er hat sich sehr gefreut, mit jemandem zu sprechen und am Ende des Gesprächs bekam ich ein Souvenir von ihm. Die Landschaft ändert sich, statt vieler Felder sieht man viele Wälder. Überhaupt ist unsere Taiga Nadelwald: Fichten, Tannen, Lärchen, Kiefern. Das Wort „Taiga“ bedeutet undurchdringlicher Wald. Heute sieht man nicht nur Kiefern, sonder auch Zierbelkiefern (Zedern). Dieser Baum ist unser Reichtum, im Herbst bringt er Zapfen mit essbaren Nüssen. Die Nüsse sind reich an Öl und bei uns sehr beliebt.

Am Himmel sieht man dunkle Wolken, und im Regen erreichen wir unsere Unterkunft. Abends gibt es noch einen schönen Regenbogen mit toller Himmelstimmung.

Cannes in Sibirien

Tag 95, von Olgino nach Kansk, 120 km, 12 Grad, regnerisch

Morgens früh ist es regnerisch, statt 30 Grad haben wir 12 Grad, den Rückenwind von Anfang an, aber dann den Wind von der Seite, es ist natürlich nicht so einfach zu fahren.

Unsere Pause haben wir im Transitcafé organisiert. Nachmittags ist das Wetter wieder besser. Unser Ziel heute ist eine Provinzstadt namens Kansk mit ungefähr 90.000 Einwohnern. Durch die Stadt fließt der Fluss Kan, rechter Zufluss vom Jenissej. Kansk wurde 1636 gegründet, in 1782 in den Rang einer Stadt erhoben. 1740 wurde die sibirische Straße durch die Stadt gelegt. Während des 1. Weltkriegs wurde hier ein Lager für Kriegsgefangene eingerichtet, das im Winter 1915-16 ca. 6000 Kriegsgefangene umfasste. 1920 heiratete der berühmte tschechische Schriftsteller Jaroslaw Hasek hier eine Kaufmannstochter.

In Kansk lebten auch die Dekabristen. Sie waren die Teilnehmer des Aufstandes gegen den Zaren im Jahre 1825. Der Aufstand brach am 14. Dezember aus (darum nennt man sie Dekabristen, vom Wort Dezember). Der Aufstand wurde am gleichen Tag unterdrückt. 5 Anführer wurden hingerichtet, 125 junge adlige Offiziere wurden zu Soldaten degradiert und auf ewige Verbannung nach Sibirien geschickt. In Sibirien haben die Dekabristen 30 lange Jahre bis zur Amnestie durch den neuen Zaren verbracht, aber viele sind doch in Sibirien geblieben und in dieser Zeit gestorben. Nur 42 Menschen sind wieder in den westlichen Teil von Russland zurückgekehrt. Es gibt ein schönes Buch namens „Prinzessin von Sibirien“ auf Deutsch, das von den Erinnerungen der Frauen der Dekabristen erzählt, die freiwillig ihren Männern nach Sibirien folgten – 11 Frauen, unter Ihnen Ekaterina Trubezkaja und Marija Wolkonskaja, um ihr Schicksal zu teilen. Nach Kansk wurden auch Polen und Marxisten in verschiedenen Zeitperioden verbannt.

Unser Hotel „Kanny“ (Namensgebung nach Cannes in Frankreich) ist ein 5-Sternehotel auf Kansker Art und Weise, liegt am Fluss Kan, wohin die Bewohner am Abend zur Erholung kommen. Dann hatten wir noch das Abendbrot zusammen und der Tag ist zu Ende gegangen.


Übernachtung in der Tajga

94. Reisetag, 110 km von Krasnojarsk nach Olgino, +32 Hitze

Mein Kennenlernen mit den Teilnehmern der Radweltreise fand gestern in Kransnojarsk statt und heute ist meine erste Fahrt mit der Gruppe. Es ist eine neue Erfahrung für mich.

Nach dem Frühstück verlassen wir die große Stadt im Berufsverkehr. Hinter der Stadtgrenze wird es auf der Straße ruhiger, aber für mich anstrengender, da die ersten Steigungen kommen. Meine tapfere Gruppe bewältigt die Steigungen mit weniger Mühe, da sie im Gegensatz zu mir schon viele Kilometer in den Beinen haben.

Unterwegs sehen wir viele Felder mit „Ivan Tschai“ (eine lilafarbene Pflanze zum Teekochen). Wieder ist es ein heißer Tag auf dem Fahrrad. Viktor spritzt die erhitzten Radfahrer mit der Wasserflasche zur Kühlung ab. Das Mittagessen gibt es im Kafe, dort genießen wir die typischen Speisen wie Lagman, Soljanka, Borschtsch, Schaschlik.

Nach 110 km erreichen wir am späten Nachmittag unsere rustikale und einsame Unterkunft, einige Kilometer abseits der Hauptstraße. Begrüßt werden wir dort von den Eigentümern und ihren Hunden und Schafen.

Wir erhielten dort Blockhäuser zum Schlafen und Kochen. Das Waschen ist nur in der Banja möglich, die aus diesem Grund extra für uns angeheizt wurde, da es sonst kein warmes Wasser gibt. Manche nutzen die Gelegenheit zu einem Banjabesuch zur Entspannung der müden Muskeln, andere „duschten“ sich mit der Schöpfkelle aus dem Wasserbehälter.

Das Abendessen haben wir mangels Alternativen selbst zubereitet. Es gibt Tzaziki, den griechischen Kräuterquark mit gekochten Kartoffeln, eine neue Erfahrung für mich. Zum Nachtisch gibt es sibirische Erdbeeren aus den Gärten der Einheimischen, gekauft am Straßenrand.
In der Ruhe schlafen bald alle tief und fest.


Unsere Reiseleiterin – Inna Popowa

Ich bin Inna Popova und komme aus Irkutsk. Ich arbeite als Reiseleiterin in der Baikalregion und zeige meine Heimat Touristen, überwiegend aus Deutschland.
In Irkutsk habe ich Germanistik und Pädagogik studiert und arbeite seit mehr als 10 Jahren im Bereich Tourismus.
Erstmals hat sich nun für mich die Möglichkeit ergeben, auch eine Radreise zu leiten. Mein Wunsch ist es, den Teilnehmern der Radweltreise meine Region und ihre Schönheiten näher zu bringen, während ich sie auf den Etappen von Krasnojarsk bis Irkutsk begleite.
Für mich ist es die erste Reiseleitung mit dem Rad. Viele Gedanken habe ich mir gemacht, wie ich die lange Strecke auf dem Rad bewältigen kann. Aber ich hoffe, es wird alles gut sein!

Unsere Mitradler – Karin Löhr und Martin Rid

Wir, Karin und Martin aus Bayern, sind begeisterte Radler und haben schon mehrfach Radreisen in Ferne Länder über China by Bike unternommen.

Nun, die Etappen Sibirien, Mongolei und Zentralchina bis Chongqing zu entdecken, erfordert gute Kondition, Ausdauer und jede Menge Zeit. Die Abwechslung der Unterkünfte, vom Sterne-Hotel, Schlafen bei Gastfamilien, in Holz-Blockhäusern, Reservaten, Raststätten, Jurten und Zelt macht die Reise besonders reizvoll.

Kilometer für Kilometer die wechselnde Natur hautnah zu wahrzunehmen, in Dörfern halt zu machen, Flora und Fauna zu bestaunen, Menschen zu begegnen, den Ob und Jenissej zu überqueren, die Transsib auf ihrem Weg zum Baikal zu begleiten und, und, und; diese Art des Reisens macht uns Freude und ist eine wertvolle Erfahrung. Davon können wir ein Leben lang zehren.
Etappe: ab 22.06. bis 28.09.2018: Nowosibirsk-Irkurtsk-Ulan-Bator-Xì’an-Chongqing.