Canal du Midi

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Zwei Tage, die wir uns deutlich entspannter vorgestellt haben. Zwei lange Tage mit orkanartigem Gegenwind. 119 und 101 Kilometer.

Die Idee war eine gute: Immer am Canal du Midi entlang, entspanntes Radeln, zwar mit ordentlichem Tagespensum, aber das geht als Ausnahme ja mal, wenn es flach und windstill ist.

Sollbruchstelle 1: Immer am Kanal entlang geht nicht, weil teilweise nicht fahrbar.
Sollbruchstelle 2: Der Gegenwind (s.o.)

Wir haben es trotzdem geschafft, und es waren teilweise traumhafte Strecken, wunderbar Picknickplätze, die Christoph toll ausgesucht hat, und ja, auf den letzten 50 Kilometern sogar das, was wir uns vorgestellt haben: Perfektes Radeln am Canal du Midi.

P.S. Zeit für ein Stündchen in der morgenlichen Altstadt von Carcasonne war auch noch. (Fast) ohne Touristen, nur eine taiwansische Gruppe schlenderte durch die regennassen, leeren Gassen.

Für die nächste Auflage der Tour (Spätsommer/Herbst 2025!) werden wir diesen Abschnitt in drei Etappen aufteilen. Und vielleicht ist dann ja auch etwas mehr vom Canal-du-Midi-Radweg fertig!

Die Freuden und Ärgernisse Südfrankreichs

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Nein, man liebt sie nicht, die Radfahrer, weder die lokalen noch die überregionalen. Hat uns Frankreich bis jetzt mit meist ausgezeichneter Radinfrastruktur verwöhnt, sind hier, in Südfrankreich, die Zweiradhasser zu Hause. Nur weg mit den Rädern von der Straße, sei es über enge Bürgersteige, hohe Bordsteine, Quängelgitter oder unvermittelt spitz zulaufend auf die Hauptverkehrsstraße. Und Steine, Boliden, auf die Obelix stolz wäre, die legt man auch gerne in den Weg!

Doch bevor wir uns aufregend, machen wir erst eine kurzweilige Bootsfahrt auf der kleinen Rhone, genießen die Sonne am Hafen von Saint-Maries, und erreichen, nach etwas Kampf mit Gegenwind und einer stark befahrenen Straße Aiges-Mortes, mit festungsähnlicher Stadtmauer, ein paar entspannten mittelalterlichen Gässchen und dann, an der Rückseite, wo die Stadt ins Schilf übergeht, die Salinen, für die die Gegend so berühmt ist. Die kurzweilige kurze Fahrt bringt uns dann nach Le Grau-du-Roi, Hemingway-Kenner wir der Name etwas sagen.

 

Der nächste Tag ist unser letzter am Mittelmeer. Ein Tag, der uns am Verstand der lokalen Verkehrplaner zweifeln lässt. Hier verläuft immerhin der Mittelmeer-Fernradweg. Nur ist davon nicht viel zu sehen. Grauenvolle Radinfrastruktur, und teilweise vermutet man sogar Vorsatz, wenn der Fernradweg direkt an der stark befahrenen Fernstraße verläuft und parallel perfekte Nebenstraßen und vor allem traumhafte Deichwege existieren. Nach 20 Kilometern habe ich zu viel von dem Mist und breche ab, überzeuge die Gruppe von einem kleinen Umweg. Und wie schön radelt es sich plötzlich, fern von allem Verkehr, mit Rückenwind, aufs Meer zu, über eine schaukelige Behelfsbrücke auf den Deich…

Und dann das Schild! Radfahren auf dem Deich verboten!

Weg unterbrochen, überflutet? Zu gefährlich?

Nichts dergleichen, wie wir nach einem Akt zivilen Ungehorsams wissen. Eine der schönsten Radstrecken auf der Tour. Ein fast perfekter Feldweg auf der Dammkrone, links das stürmische Meer in tiefblau, rechts der Kanal Rhone-Sete in ruhigem hellblau. Dahinter noch einmal Meer, aufgewühlt gelb. Was für ein Farbenspiel!

Der Weg nach Agde dann weiterhin halb Himmel, halb Hölle. Dann der perfekte Abschluss unser Tour am Mittelmeer: Leckere Meeresfrüchte in einem Restaurant am Hafen, mit Blick auf’s Meer. Tschüß Mittelmeer!

Pferde und Meer

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Wir sind schnell aus Nimes raus und dann wird es bei weiterhin Rückenwindbedingungen malerisch, wie es sich für die Camargue gehört. Weiße Pferde? Check! Stiere? Check! Flamingos (weiß, weil noch nicht mit Krustentieren abgefüllt!)? Check!

Bevor die Lebensfreude überhand nimmt, noch ein wenig Demut! In St. Gilles verneigen wir uns immerhin vor der viertwichtigsten Pilgerstätte des Mittelsalters. Die Fassade ist aber auch zum Niederknien!

Am Ziel, da wo die Marien über das Mittelmeer kamen, Maria, Maria Magdalene und Maria wer auch immer, auf jeden Fall Saintes-Maries-de-la-Mer, sommerliche Temperaturen und eine Resorthotel mit Swimmingpool.

Und am Abend Meeresfrüchte!

Achtung Gallier!

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Entspannter Radfahrtag nach Nimes. Es geht fast nur bergab, es rollt gut mit Rückenwind und in Nimes finden Römerfestspiele statt.

Alles schön bunt hier! Der Sieg im Zweiten Weltkrieg wird mit einer Reanimation der Niederlage bei Alesia gefeiert. Was würde Obelix dazu sagen? (der im Übrigen in Persona mit Asterix und einer Mischung aus Gutemine und Fabala durch die Straßen läuft und Selfies erlaubt! Wo ist Idefix?)

 

Und auf den Feldern blüht der Mohn!

Von Märkten und Aquädukten

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Auf einer 67-tägigen Reise geht auch einmal etwas schief. Christophs Lieblingshotel in der Provence hat mit der Pandemie den Besitzer gewechselt und wird nun unter unserem Sattel geplagten Allerwertesten in ein 60er-Jahre-Themenhotel verwandelt. Rock’n Roll! In Rosa und Pastel. Abendessen war dennoch gut und irgendwie passt das alles auch, aber nicht für drei Nächte.

Daher: Heute Tagesausflug nach Uzès, Markfreuden, opulenter Einkauf und Abends ebenso opulentes Picknick am (leider leeren) Swimmingpool. Ach ja, zwischendrin noch atemberaubender Fotostopp am Pont du Gard.

Passt! Morgen dann kurze Etappe nach Nimes.

Ein Hauch von Rom

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Vielleicht hat Obelix ja recht, und die spinnen, die Römer!

Bauen konnten sie aber auf jeden Fall, und das konnten wir in Arles eindrucksvoll beobachten. Aber auch die Franzosen haben da so einiges hinterlassen, was uns fasziniert. Vor allem Kreuzgang und Fassade der Kirche Saint Trophime.

Und als wäre das noch nicht genug, gönnen wir uns den kurzen Abstecher zu der Brücke, die Van Gogh einst berühmt machte. Von dort grüße ich alle Leserinnen und Leser!

Den (fast) perfekten Tag runden eine lange Rückenwindfahrt auf Flüsterasphalt und ein psychodelischer Radtunnel ab.

Nur dass unsere als Ruhepol geplante Unterkunft eine Baustelle ist, trübt die Stimmung (kurzfristig) ein wenig. Aber dazu morgen mehr!

Bilderbuchtag in Avignon

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Auf wunderbar verkehrsberuhigter Strecke den Kanal entlang, Chemin des Canaux!

Und dann ein Tag in Avignon, der schöner nicht sein hätte können, inklusive Ausflug nach Villeneuve-lès-Avignon mit der kaum besuchten, aber umso sehenswerten Chartreuse

Zum Abschluss gutes Essen in Villeneuve, jenseits der touristischen Massen Avignons.

Berühmte Namen – entdeckt!

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Das römische Theater in Orange, Châteauneuf du Pape, Mont Ventoux. Gleich drei Einträge von der Bucket List gestrichen!

Ein geruhsamer Morgen in Orange, der Stadt, nicht der Farbe. Viel Zeit im römischen Theater, das beeindruckt, auch Dank der ausgezeichneten Audioführung.

 

Dann unspektakuläre, aber schöne Fahrt nach Châteauneuf du Pape, Weinprobe und dann zu unserer Unterkunft vor den Toren von Avignon.

Restaurant zu? Kein Problem, wir suchen uns eines der Apartments der Unterkunft aus (meines) und kochen.

Es wurde ein wunderbarer Abend bei sommerlichen Abendtemperaturen!

Rückenwind!

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Die Tage sind (schön) lang und ereignisreich, die Abendessen ziehen sich und der Blog fällt der Nachtruhe zum Opfer.

Wir hatten – die Analen verzeichnen nichts dergleichen – sage und schreibe – drei Tage Rückenwind, orkanartig aus Norden, zwischendrin so stark, dass es uns bei den wenigen Ost-West-Passagen (und umgekehrt!) fast von der Brücke geweht hat. Aber das ist nichts gegen 28 Stundenkilometer ohne zu treten!

Aber der Reihe nach:

Von Lyon ging es nach Loriol, die Ausfahrt aus Lyon war überraschend entspannt, der römische Tempel in Vienne atemberaubend und die Strecke abwechslungsreich und schön. Das Wellnesshotel, immerhin zweitteuerstes Hotel der Reise, konnte nicht punkten (Sauna wegen 1. Mai geschlossen!), das angeschlossene Restaurant umso mehr.

 

Der nächste Tag eine schöne Kopie des letzten. Unterkunfts- und Essentechnisch der schwierigste Teil der gesamten Tour – hier hat der Küchengott Frankreich links liegen gelassen. Hier übernachten wirklich nur Radfahrer und wem auch immer das Benzin ausgeht. Unterkunft aber OK (auch mangels Alternativen). Abendessen wohl das schlechteste der Tour (was will man erwarten, wenn das Restaurant das einzige offene in 20 km Umkreis ist!) Trotzdem ein sonniger, schöner Tag!

 

Und dann der Tag mit orkanartigem Rückenwind, wir saußen die Rhone entlang (der Rhone übrigens auf Französisch!), kommen aus dem Grinsen gar nicht mehr raus, radeln unter anderem über die geilste Brücke der Tour (nicht umsonst die Himalaya-Brücke genannt, in Nepal bin ich über eine ähnliche Struktur geradelt, nur dass es da noch eine Bungee-Möglichkeit gab). In Orange gönnen wir uns das erste Abendessen der Tour draußen, ohne zu frieren. Christoph und ich dehnen den Abend sogar noch ein wenig aus. Es fühlt sich wie Sommer an, auch am Abend!