Im Apfelland

Tag 154 der Weltreise: 89 km von Fuxian nach Huangling. Schöne Strecke mit zwei längeren Anstiegen, zwei Abfahrten und ein wenig auf und ab dazwischen. Der Himmel war heute bedeckt, was das Radeln ganz angenehm machte.

Eine freudige Überraschung stellte sich heute morgen ein, als wir feststellten, dass die heutige Strecke nicht 130  sondern nur 89 km lang ist. Die Freude währte nicht all zu lange, denn nach etwa 4 km begann ein Aufstieg von 8 km und etwas über 300 Höhenmetern. Oben angekommen hügelte es ein wenig vor sich hin und dann wurden wir mit einer herrlichen Abfahrt belohnt. Das tut gut, einfach fallen lassen.

Kaum dass wir wieder unten waren, ging auch schon der nächste Anstieg wieder los. Der war in etwa vergleichbar mit dem ersten. Oben angekommen trafen wir Xiao Ding, unseren Fahrer, der gerade Äpfel kaufte. Bei den Bauern stellten wir etliche Fragen zur Apfelzucht, was hier der Haupterwerb in der Region ist. Man fährt hier durch kaum etwas anderes als Apfelplantagen. Die Bauern schenkten jedem von uns einen Apfel und waren sichtlich stolz, dass sie uns schmeckten. Xiao Ding hatte schon einen ganzen Sack davon gekauft. Kurze Zeit später aßen wir in der Kleinstadt Luo Chuan zu Mittag. Die Betreiberfamilie war, wie die meisten anderen Gastwirte bei denen wir in den letzten Tagen eingekehrt waren, auch sehr aufgeregt, dass sie ausländische Gäste hatten und um das gemeinsame Foto nach dem Essen kamen wir natürlich nicht herum. Aber mittlerweile sind wir darin Profis.

Die Reststrecke schraubte sich noch eine Weile sehr gemächlich bergauf und dann durften wir wieder eine schöne Abfahrt genießen. Man saust dabei durch spektakuläre Lößformationen, die alle fotographierenswert wären, aber man möchte den schönen Schwung den man gerade hat nicht abbremsen.

Am Abend gingen wir auf dem Nachtmarkt essen. Das ist bei dem Wetter eigentlich die schönste Art zu essen, denn es gibt nichts schöneres als in den lauen chinesischen Sommernächten draußen zu sitzen und Snacks wie gebratenen Fleischspieße, gebratene Nudeln oder Kleine gefüllte Teigtaschen (Xiaolongbao) zu sich zu nehmen. Dazu noch ein, zwei kühle Bier und der Abend ist perfekt.

Der erste Regen

Tag 153 der Weltreise: 134 km vom Hukou Wasserfall nach Fuxian. Die ersten 100 km ging es fast permanent bergauf, aber meistens nicht sehr steil. Die letzten Kilometer der Steigung waren schon etwas steiler und die rund 30 km Abfahrt verliefen leider im Regen.

Der Tag begann uneinig. Es gab zwei Fraktionen, die eine war gestern Abend schon am Wasserfall und drängte darauf möglichst früh loszufahren, da einiger der Älteren Teilnehmer nicht so schnell fahren könnten und man mehr Pausen brauche und deshalb früh los müsse um diese Etappe zu schaffen.

Die andere Fraktion wollte den Wasserfall am Morgen sehen und daher eine Dreiviertelstunde später losfahren. Gesagt getan. Wir bildeten zwei Gruppen und die eine fuhr 08:30 Uhr los, die andere erst um 09:15 Uhr. Nach etwa 28 km hatten wir die Vorhut eingeholt.

Die Strecke führte wieder durch sehr schöne Lößlandschaft mit dem Wermutstropfen, dass es fast permanent bergauf ging. Nach rund 100 km hatten wir die höchste Stelle erreicht und von da an ging es dann etwa 34 km nur hinab, leider aber im Regen. Der Pass wirkte wie eine Wetterscheide. Das ist nun der erste richtige Regen, seit ich mit von der Partie bin. Wir hatten schon mal etwas Getröpfel, aber das konnte man nicht wirklich ernst nehmen. Das hier war was Richtiges.

Im Hotel wartete eine Überraschung auf uns, denn wir sollten alle die Räder mit auf unsere Zimmer nehmen. Besonders bei den Doppelzimmern war das recht beengt. Es fand sich dann aber eine Besenkammer, in die man ein paar Räder stellen konnte und so das Platzproblem umging. Das Abendessen war auch mal etwas Neues. Wir hatten Feuertopf aber wie beim Barbecue (Shaokao) mit Spießen die man sich individuell aussuchte und dann in die Brühe tunkte. Die Essensvielfalt in China kennt einfach keine Grenzen.

Willkommen beim Hobbygastronom

Tag 152 der Weltreise: 125 km von Xixian zum Hukou Wasserfall. Es ging relativ viel bergab aber dann kam eine lange Steigung mit Pass und gegen Ende ein ständiges Auf und Ab.

Der Anfang gestaltete sich heute recht angenehm. Es ging recht viel bergab, da rollte es ganz gut. Erst gegen Mitte unserer Etappe fing ein längerer Aufstieg an. Als wir diesen hinter uns hatten, kehrten wir in eine Art Privatwirtschaft ein. Das war ein Hühnerzüchter, der nebenher auch gelegentlich ein wenig als Gastronom tätig war, quasi als Hobby. Er kochte uns frisch gemachte Nudeln mit Gemüse und Fleisch. Er setzte sich irgendwann zu uns, erzählte ein wenig von sich und hatte seinerseits natürlich tausend Fragen. Das Schöne an dem kleinen privaten Restaurant war, dass wir unter einem Baldachin im Freien sitzen konnten und auf seinen Gemüsegarten schauen konnten. Er betonte mehrfach, dass das ganze Gemüse, das er kochte aus seinem eigenen Garten stamme.

Die restliche Strecke ging zwar überwiegend bergab aber es gab ständig sehr gemeine Gegensteigungen. Mal mehr mal weniger lang. Das zermürbt etwas, insbesondere wenn man sich auf eine reine Abfahrt gefreut hatte. Die Landschaft war toll, eine der schönsten, die wir seit Datong hatten. Überall gab es tief in den Löß gegrabene Flusstäler mit zerklüfteten Felsen. Gegen 17:30 Uhr erreichten wir dann das Hotel. Nur dass es leider nicht das Richtige war. Nach einem Telefonat mit unserer Agentur klärte sich dies aber und wir fuhren in ein anderes Hotel ein paar hundert Meter zurück.

Etwa 4 km entfernt lag der berühmte Hukou-Wasserfall. Es entbrannte eine Debatte ob wir den Wasserfall heute Abend noch oder lieber morgen besichtigen sollten. Das Problem lag darin, dass heute Abend nicht mehr all zu lange gutes Licht zum Fotografieren sein würde, wir morgen aber auch nicht viel Zeit haben würden, da wir eine lange Etappe vor uns haben. Drei Leute fuhren heute Abend schon hin und die anderen werden morgen früh fahren. Wir sind ja schließlich flexibel.


Chinesischer Hürdenlauf

Tag 151 der Weltreise: 130 km von Jiexiu nach Xixian mit zwei Pässen und zwei längeren Abfahrten bei bewölktem Wetter.

Wir hatten heute gleich mehrere Hürden oder Hindernisse zu überwinden. Da waren Baustellen, die uns den Weg versperrten, eine eingestürzte Straße, zwei kleine Unfälle und über allem lag der Kohlestaub.

Bereits die Stadtausfahrt gestaltete sich schwieriger als erwartet. Die Ausfallstraße war weggerissen und wir mussten uns durch Baustellenschotter und aufgerissenes Erdreich kämpfen. Später war eine Straße anscheinend durch einen eingestürzte Kohleschacht derart eingestürzt, dass es aussah, als sei sie einem Erdbeben zum Opfer gefallen. Kurz vor dieser Stelle ereignete sich auch unser erster Unfall. Ich wurde aus einem schräg hinter mir fahrenden Auto gerufen, daher drehte ich mich zu dem Rufer um und sah leider nicht, dass Karin vor mir angehalten hatte um ein Foto zu machen. Ich fuhr in Karin hinein und wir stürzten beide auf die Straße. Zum Glück trugen wir keine ernsten Verletzungen davon. Ich habe nur eine Schürfwunde am Schienbein und Karin hat eine Rippenprellung, weil Ihr der Lenker in die Rippen rammte.

Später hatte Peter noch eine kleine Karambolage mit einem VW Santana aber auch die ging zum Glück glimpflich ab. Der Rest der Fahrt verlief reibungslos wenn nicht der Kohlestaub überall in der Luft hinge und von den LKWs ständig aufgewirbelt würde. Aber auch später, als die Kohlelaster nicht mehr so präsent waren, hing überall der Staub in der Luft. Die Luft riecht förmlich nach Kohlestaub. Ich musste zeitweise eine Schutzmaske tragen. Es kommt einem unwillkürlich der Gedanke, dass Fahrradfahren nicht zwangsläufig gesund sein muss.

Schließlich im Hotel angekommen zeichnete sich das gleiche Bild ab wie an den Abenden zuvor. Wir waren anscheinend die ersten ausländischen Gäste im Hotel. Die Bediensteten waren derart nervös, dass sie sich Sorgen um alles machten. Bezeichnend war die Situation beim Einchecken: Man muss, um sich zu registrieren, die Pässe beim Check-in abgeben. Nachdem der Salesmanager den ersten Pass geöffnet hatte fragte er, wo denn die chinesischen Namen stünden. Als ich ihm sagte, dass da keine chinesischen Namen vorhanden seien sondern nur deutsche, gab er mir die Pässe zurück und meinte, dann könne er uns nicht registrieren, da sein System nur Chinesisch könne. In den Zimmern erklärte er uns einfach alles. Selbst welches Handtuch für welchen Zweck vorgesehen sein usw. Als wären wir noch nie in einem Hotel gewesen. Mal sehen ob wir, bei den vielen Fotos die wir hier schon gemacht haben, so etwas wie eine Ehrenwand mit unseren Fotos dran hier im Hotel bekommen.

Quasi-Ruhetag

Tag 150 der Weltreise: 40 km von Pingyao nach Jiexiu auf leicht hügeliger Strecke bei teils sonnigem, teils bewölktem Wetter.

Jubiläum! Ein runder Geburtstag und zwar der 150. Zur Feier des Tages hatten wir eine absolut kurze Etappe von nur 40 km. Quasi ein Ruhetag wie Gerhard das formulieren würde. Seiner Meinung nach sind alle Etappe unter 100 km Ruhetage. Um der Mittagshitze zu entgehen, entschieden wir uns bereits um 09.00 Uhr loszufahren. Wem wir leider nicht entgehen konnten, das war der Kohlestaub. Die Luft war derart Kohlestaub geschwängert, dass wir wieder in kürzester Zeit rußige Gesichter hatten. Ob das wohl Glück bringt wie bei den Schornsteinfegern

Gegen 13:00 Uhr kamen wir im Hotel in Jiexiu an und der Staff war mal wieder in heller Aufregung. Vermutlich sind wir die ersten ausländischen Gäste hier. Zumindest fühlt es sich so an. Aber einige der Bediensteten sprechen sogar ein wenig Englisch und sind total scharf darauf es anwenden zu können. Wann hat man denn auch schon mal die Gelegenheit.

Der Nachmittag war dann zur freien Verfügung und wir trafen uns wieder zum Abendessen. Wir tafeln ja immer recht gut am Abend während das Mittagessen meist etwas einfacher ausfällt. Das Abendessen heute war mal wieder ein recht opulentes und als neue Entdeckung tranken wir heute das Taishan Yuanjiang Bier, das naturtrüb ist und geschmacklich etwas mehr in Richtung Weizenbier geht.

Nach dem Essen ist dann immer die abendliche Spazierrunde dran bei der wir den Chinesen bei der Abendgestaltung zuschauen. In der Regel wird irgendwo auf einem Platz getanzt, heute wurde sogar Badminton und Hacky Sack gespielt. Ein Eis oder etwas Schokolade darf bei diesen Runden natürlich nicht fehlen. Wir lassen es uns schon gut gehen. Aber wir trainieren es am nächsten Tag ja schließlich auch wieder ab.


Pingyao – Kontraste einer historischen Banker- und Handelsstadt

Bilderbuch vom Ruhetag am 149. Reisetag in Pingyao, hochsommerlich sonnig und heiß bei 30°C

„Pingyao, eine historische Handelsstadt mit gut erhaltener Altstadt und Stadtmauer, gilt als Wiege des chinesischen Bankensystems und ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.“ Diese Ankündigung im Reiseprogramm hatte Erwartungen geweckt.
Aber wurden diese auch erfüllt? Ich denke, wenn man(n) unsere Gruppe einzeln und anonym befragen würde, könnten 10 oder mehr verschiedene Meinungen herauskommen.

Ich nehme sehr gemischte Eindrücke und Erinnerungen mit auf die weitere Reise. Siehe auch Bilderbuch.

Ja, Pingyao hat eine gut erhaltene Altstadt und eine rund um die Stadt noch erhaltene Stadtmauer. Hier und da wird repariert, renoviert und neu gebaut. Wie überall in Chinas Orten. Mir werden insbesondere die gesehenen und erlebten Kontraste im Kopf bleiben.

Aber fangen wir mit den Fakten an.
Andreas hat gestern schon was zu Pingyao geschrieben und ich habe u.a. hier https://de.wikipedia.org/wiki/Pingyao und hier https://wikitravel.org/en/Pingyao nachgelesen. Über diese URLs findet ihr bei Bedarf noch mehr Infos.

Pingyao (chinesisch 平遙 / 平遥, Pinyin Píngyáo) ist also eine Mittelstadt mit etwa 42.000 Einwohnern, was für „chinesische Verhältnisse“ eher sehr klein ist. Den Hauptteil der Bevölkerung stellen Han-Chinesen, weitere Bevölkerungsgruppen sind Hui-Chinesen, Mandschu und Mongolen.

Touristisch ist Pingyao vor allen Dingen wegen des mingzeitlichen Stadtbildes bekannt, das von der UNESCO im Jahre 1997 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Die Mehrheit der Touristen, die sich z.T. in Massen durch die historischen Gassen schieben, sind offenbar Chinesen, aber außer uns haben wir vereinzelt weitere „Langnasen“ gesehen und vereinzelt auch gesprochen.

Erste Nachweise menschlicher Besiedelung in der Region reichen bis in die Altsteinzeit zurück. Die Geschichte der Stadt selbst lässt sich bis in die Zeit der westlichen Zhou-Dynastie um die Wende vom 9. zum 8. vorchristlichen Jahrhundert zurückverfolgen. In diese Zeit fällt wohl auch die Errichtung eines Erdwalls als erste Stadtbefestigung. Zur Zeit der Frühlings- und Herbstannalen gehörte Pingyao zum Reich der Jin. In diese Zeit fällt auch die erste Erwähnung der Stadt unter dem Namen Zhongdu.

Nach mehreren Namenswechseln während der Qin und Han Zeit, erhielt die Stadt im Jahr 424 n. Chr. unter der Herrschaft der nördlichen Wei ihren endgültigen Namen Pingyao, den sie bis heute behalten hat. Seit der Einteilung Chinas in 36 Landkreise unter der Herrschaft des ersten Kaisers Qin Shi Huang Di im Jahr 221 v. Chr. ist Pingyao auch Bezirkshauptstadt. Während der Zeit der Fünf Dynastien und Zehn Königreiche wurde Pingyao im Jahr 960 während eines Krieges zwischen der nördlichen Song und der nördlichen Han Dynastie erobert, geplündert und niedergebrannt.

1370, unter der Herrschaft des Ming-Kaisers Hongwu, wurde die Stadt wesentlich erweitert und die nun größere Stadtbefestigung als Mauer mit Erdkern errichtet. Seitdem entwickelte sich Pingyao durch die gesamte Zeit der Ming und Qing Dynastien zu einem Finanzzentrum Chinas und beherrschte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den chinesischen Finanzsektor. Durch den Aufstieg der chinesischen Küstenstädte im Zuge der wirtschaftlichen Einflussnahme der westlichen Kolonialmächte verlor Pingyao aber Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts seine Bedeutung insbesondere an Hongkong und Shanghai und erholte sich von diesem Bedeutungsverlust bis heute nicht. Durch die dadurch fehlende Finanzkraft und Bedeutung wurde Pingyao aber weitgehend von den Zerstörungen durch Modernisierung und Kulturrevolution verschont und konnte so seine historisch gewachsene Altstadt erhalten. Pingyao besitzt heute die längste vollständig erhaltene mingzeitliche Stadtmauer Chinas, die seit 1988 auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China steht, und weist noch eine Vielzahl historischer Hofhäuser auf.

Welche Waren früher auch immer die Stadt als Handelszentrum geprägt haben mögen, heute sind es vor allem „Souvenir“-, Getränke- und Imbiss-Händler auf hunderten Metern beiderseits in allen Straßen und Gassen der Altstadt sowie angrenzenden Vierteln. Ähnlich wie in Europa, der Großteil der Waren ist natürlich echt „Made in China“. 😉
Der Gerechtigkeit halber: Die Geschäfte der Silberschmiede und der Kunsthandwerker bieten sehenswertes in bester Qualität!

Bei dem riesigen Angebot muß mensch schon gut aufpassen, um die Eingänge zu sehenswerten und geschichtlich interessanten Gebäuden nicht zu übersehen. Das kostet 125 Yuan zusätzlich für ein Tagesticket, das für alle diese Museen gilt. Alle > 60 haben auch hier freien Eintritt!
Wir schauen uns also zusammen 2 der historischen Bankhäuser von innen an und erkunden dann auf individuellen Wegen weiteres.

Im Stadtplan sind Türme markiert, an denen es möglich sein soll, auf die Stadtmauer hinauf oder von dort wieder hinunter zu gelangen. Die Stadtmauer hält sich aber nicht an den Plan. So bin ich bestimmt 2-3 km erwartungsfroh am Fuße der Mauer und Türmen entlang gewandert, bis doch noch ein Turm auftauchte, an dem die Treppe nicht gesperrt war und die sogar auf und ab benutzt werden konnte! Nach wenigen Metern war allerdings der Weg wegen Rekonstruktionsarbeiten vorübergehend nicht begehbar. In der anderen Richtung ging es deutlich weiter, aber aus der war ich ja schon unterhalb auf der Suche nach einem Aufgang gekommen. Nun ja, dachte ich, wo lange Zeit kein Weg nach oben führt, dürfte auch lange keiner nach unten zu finden sein … Also hab ich die einzige mir nun vertraute Treppe gleich wieder zum Abgang genutzt.

Ein Extra-Dankeschön an die freundliche Frau in der Filiale der „China Post“ muß ich hier unbedingt noch loswerden! Mir war dort beim Briefmarkenkauf mein Personalausweis (auf dem der Barcode für das Freiticket klebte) aus der Tasche gefallen. Sie hatte ihn gefunden, griffbereit aufbewahrt und freute sich, ihn mir zurückgeben zu können. Na, und ich erst! 🙂 Danke auch an Andreas für die Unterstützung beim Kommunizieren.

Historisches Banker- und Handelsstadtkontrastbilderbuch auf:


„Tendenziell bergab“ und fitness-seitig bergauf

Tendenzielles im Rückblick auf drei kürzlich geradelte Tage …

Der Eine oder die Andere notiert sich abends statistisches zum Tage, mehr oder weniger detailliert und akribisch.
Mein „Mini GPS“ ist damit recht sparsam, was mir auch völlig reicht.
Nun brachte mich aber Andreas‘ Blogbeitrag „Tendenziell bergab“ vom 20. August darauf, mal wieder genauer darauf zu schauen, insbesondere weil es tagelang gefühlt fast nur noch aufwärts ging und man(n) kaum einen Pedaltritt auslassen konnte ohne nach 10 Metern stehenzubleiben.

Was sagen also die aufgezeichneten Zahlen vom 21. bis zum 24. August der vorigen Woche dazu?

Yingxian – Taihuai / Wutaishan am Dienstag, 21. August 2018

Unterwegs: 11:13:49
Radelzeit : 08:15:40
Distanz: 109.49 km
Anstieg: 2,284 m
Abstieg: 1,687 m
Max Höhe: 2,516 m
Min Höhe: 1,005 m
Verbrauchte Kalorien: 3,233 kcal

Wutaishan – „Hot Spring im Dorf Temple Ping An / Liangjia Zai“ am Donnerstag, 23. August 2018

Unterwegs: 09:56:17
Radelzeit: 06:25:47
Distanz: 117.39 km
Anstieg: 1,200 m
Abstieg: 2,380 m
Max Höhe: 1,608 m
Min Höhe: 420 m
Verbrauchte Kalorien: 3,456 kcal

„Hot Spring im Dorf Temple Ping An / Liangjia Zai“ – Yuxian am Freitag, 24. August 2018

Unterwegs: 06:15:26
Radelzeit: 04:04:51
Distanz: 68.28 km
Anstieg: 898 m
Abstieg: 363 m
Max Höhe: 980 m
Min Höhe: 429 m
Verbrauchte Kalorien: 1,989 kcal

Summiert euch, was euch interessant erscheint. Als Beispiel sei hier hervorgehoben:

An den 3 Tagen zusammen fast 19 h auf dem Fahrrad gesessen, zwischen 430 und 2.500 Metern insgesamt 4.400 m aufwärts gestrampelt und 4.500 m abwärts „gerollt“ – stimmt also doch: Es ging „tendenziell bergab“. 😉
Dabei haben wir auch fast 8.700 kcal „verbrannt“, die wir mittags und abends „beim Chinesen“ mit leckeren lokalen Spezialitäten versucht haben, wieder auszugleichen.

Wenn ihr also z.B. gerade über Fitness- und/oder Gewichtsreduktionsprogramme nachdenken solltet – ich empfehle Radreisen!
Die besorgten Nachrichten aus westlicher Ferne bzgl. meines flatterndes T-Shirts oder des vorübergehend kleiner ausfallenden „Spätburgundermuskels“ sind aber sicher nicht so ernst zu nehmen. Dennoch, ich hab in den zurückliegenden 5 Monaten ca. 11 Kilo „verloren“ und kann euch hiermit versichern: Radwandern hilft! Man(n) muß nur Geduld aufbringen. Pro 1000 geradelte Kilometer purzelt 1 Kilo. So schnell geht das!
Wieviel wolltet ihr eigentlich schon längst wieder loswerden?
„Macht mit, machts nach, machts besser“, hätten Adi und Angelika in der beliebten kindersportlichen Fernsehsendung jetzt gerufen – falls sich jemand an diese noch erinnern kann.
Wir haben auch grad abnehmenden Mond – Alle Zeichen stehen also günstig! 😉

Hinter Xian bei der nächsten großen Teiletappe“Transasien“ bis Singapur sollen ja noch mehrere weitere Hügel und Pässe warten.
Packen wir sie an.

Kilometerschruppen

Tag 147 der Weltreise: 86 km von Jinzhong nach Pingyao auf flacher Strecke bei sonnigem Wetter.

Gestern hatte ich von der Kohle berichtet, heute geht’s wieder um Kohle. Diesmal aber tatsächlich um den ehemaligen Reichtum der Stadt Pingyao. Hier war ab dem 14. Jahrhundert zu Zeiten der Ming- und Qing-Dynastie das Finanzzentrum Chinas angesiedelt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden hier die ersten Privatbanken Chinas gegründet und die Bankiersfamilien Pingyaos waren unermesslich reich. Das ist lange vorbei. Seit Shanghai Anfang des 20. Jahrhunderts in der chinesischen Finanzwelt den Ton angab versank Pingyao in einen Dornröschenschlaf und wurde erst in den 90er Jahren durch den Tourismus und die Aufnahme ins UNESCO Weltkulturerbe 1997 wiedererweckt.

Aber erstmal wieder zurück auf Anfang. Unsere Etappe beschränkte sich heute mehr oder weniger auf das Überbrücken von Kilometern. Etwas mehr als die erste Hälfte der Tour fuhren wir auf einer großangelegten vierspurigen Landstraße. Eine Abwechslung beim Radeln bot ein Straßenmarkt, der sich am Straßenrand entlang zog. Kurze Zeit später kehrten wir in ein Nudelrestaurant an der Strecke ein und oh Wunder, erregten wieder jede Menge Aufsehen. Ohne Fotoshooting läuft ja inzwischen kaum ein Essen mehr ab. Auch unterwegs auf dem Rad kommt es manchmal zu den spannendsten Fotoshootings. Karin wurde zum Beispiel von einem Fahrzeug ausgebremst und eine Frau sprang heraus, nur um ein Selfie mit ihr zu machen.

Nachdem wir auf eine etwas kleinere und ruhigere Nebenstraße abgebogen waren kamen wir noch durch den Ort Qixian, der eine kleine aber völlig intakte Altstadt hat. Rund vierzig Kilometer weiter erreichten wir dann Pingyao. Kaum ist man im Altstadtbereich von Pingyao, umfängt einen der Trubel. An Radfahren war nicht mehr zu denken, wir mussten die Räder durch die Menschenmassen schieben. Heute ist Sonntag der wichtigste Familientag. Alle gehen shoppen oder machen Ausflüge. Ich hoffe morgen, wenn wir unsere Besichtigungsrunde machen, ist nicht mehr ganz so viel Trubel.

Eine Oase der Ruhe hingegen ist unser Hotel, eine ehemalige alte Familienresidenz mit mehreren kleinen Höfen. Wir wohnen im hinteren Hof und daher dringt der Lärm der Straßen nicht bis hier her. Zum Wohlfühlen trägt natürlich auch der klassische chinesische Stil der gesamten Hotelanlage bei. Man kann sich ein bisschen wie ein Mitglied einer der feudalen Familien des 19. Jahrhunderts fühlen.


Jede Menge Kohle

Am 147. Tag der Weltreise fuhren wir 99 km über Berg und Tal bei sonnigem Wetter.

Jede Menge Kohle. Überall. Gemeint ist leider nicht der Renminbi, sondern richtige Kohle. Sie wird hier überall abgebaut und auf LKWs abtransportiert. Sie hängt hier in der Luft, der Kohlestaub setzt sich auf alles ab. Die Kohle ist quasi überall. Viele Pflanzen sehen gespenstig schwarz aus, wir nach einer Weile Radfahren auch.

Der erste Teil unserer Etappe ist wieder stark frequentiert mit Kohlelastern. Erst als wir lange später auf eine andere Straße abbiegen wird es ruhiger. Nur noch vereinzelt LKWs. In einem kleinen Ort kehren wir ein und essen Nudelsuppe oder gebratene Nudeln. Das ideale Radler-Mittagessen. Natürlich sind wir auch in diesem Restaurant wieder die Attraktion. Ein alter Mann, der wegen der vielen fehlenden Zähne kaum zu verstehen ist, redet immer lauter weil er denkt, dass wir ihn nichtverstehen weil wir etwas schwerhörig sind. Half aber leider nicht.

Die Restlichen 30 km bestehen aus zwei weiteren Anstiegen und einer relativ langen Abfahrt. Das sind immer meine Lieblingsabschnitte. Ein paar Kilometer vor dem Ziel schlachteten wir noch eine Melone, gespendet von Gerhard oder Karin, jeder von ihnen hatte eine Melone gekauft und eine davon aßen wir. Sehr erfrischend nach einer langen staubigen Etappe! Die letzten Kilometer führten uns dann durch die Vorstadt bis ins Zentrum, wo unser Hotel liegt. Zu Abend gab es heute Feuertopf, damit wir schon mal wissen was uns in Chongqing erwartet.


Wie von einem anderen Stern

146. Reisetag. 71 km überwiegend bergauf, bei anfangs schönem Wetter und gegen Ende leichter Regen.

Im Hotel war heute morgen großes Spektakel. Ein Fernsehsender bereitete den Dreh einer Show vor. Jede Menge Komparsen und Tanzgruppen tummelten sich vor dem Hotel. Für unser tägliches Gruppenfoto schleppte Martin gleich zwei verkleidete Komparsen ab damit sie unser Gruppenfoto ein wenig aufpeppen.

Als wir dann losfuhren, reihten wir uns in die Kolonne der Kohle LKWs ein, die sich am Hotel vorbeischoben. Die ersten 20 km waren nicht einfach, denn die vielen LKWs wirbelten jede Menge Staub auf und die Straße war in einem bemitleidenswerten Zustand. Wir bemitleideten uns auch ein wenig. Nach ca. 20 km kam dann die ersehnte Abzweigung auf eine schöne und einsame Landstraße. Die war nicht nur besser in Schuss, man konnte auch die motorisierten Fahrzeuge an einer Hand ablesen. Erst als wir wieder eine größere Ortschaft erreicht hatten und zu Mittag gegessen hatten, nahm der Verkehr wieder spürbar zu. Leider hatte sich in der Zeit in der wir unsere Nudeln schlürften der Himmel zugezogen und es begann zu tröpfeln. Wir hörten sogar Donnergrollen in der Ferne. Einige Zeit flohen wir vor dem Regen, aber dann holte er uns schließlich doch ein. Oder wir ihn, da waren wir uns nicht ganz einig. Einige Kilometer vor unserem Ziel hörte der Regen dann aber wieder auf und wir waren wieder trocken als wir im Hotel ankamen.

Auf der Suche nach einem Restaurant schlenderten wir am Abend durch die Stadt in der Nähe des Hotels. Es ist erstaunlich, wie viel Aufmerksamkeit wir hier in der Gegend auf uns ziehen. Die Leute bleiben ständig stehen um uns anzustarren als seien wir von einem anderen Stern, machen mehr oder weniger heimlich Fotos von uns oder von sich mit uns…. Und sobald sie merken da spricht ja einer Chinesisch, ist es vorbei mit der Schüchternheit. Dann bestürmen sie einen mit allerlei Fragen und wollen natürlich noch mehr Fotos machen. Viele Autofahrer fahren plötzlich im Schritttempo neben uns her und machen aus dem Fenster Fotos von uns. Es ist schon lustig immer wieder so im Mittelpunkt zu stehen aber nicht, dass wir noch Starallüren bekommen.