Australien 15+1: Autos (2)

Hat es eine Ladefläche und Allradantrieb? Nein? Dann ist es auch kein richtiges Auto. Falls doch, braucht man zwei: ein altes und ein neues. So lässt sich die australische Einstellung zum fahrbaren Untersatz zusammenfassen.

Eine der wichtigeren Lektionen, die man als Kind eingebläut bekommt, ist, nicht bei fremden Leuten ins Auto zu steigen. Im Nachhinein ein sehr weiser Rat, denn als vagabundierende Arbeitskraft hatte ich in Australien öfter das Vergnügen, bei Unbekannten ins Auto steigen zu dürfen. Das ermöglichte die interessantesten Abenteuer der Reise. Und erwies sich oft genug als nervenaufreibend.

Das Auto eines Australiers verrät ungemein viel über seinen Lebensstil. Gepflegte Neuwagen versprechen ein Heim mit Stil und Komfort, selbst mitten im Busch. Rollen einem während der Fahrt verrottende Früchte entgegen oder setzt man sich aus Versehen auf ein rostiges Messer, so kann man sich auf einen eher holprigen Monat der Gastfreundschaft einstellen.

Diese Erkenntnis betrifft zumindest den Erstwagen. Denn so ziemlich jeder Australier scheint einen Zweitwagen zu besitzen, den er nur für bestimmte Aufträge, etwa auf dem eigenen Grundstück, einsetzt. Der Zustand dieser Zweitwagen legt nahe, dass so mancher Schrotthändler schon verhungert sein muss. Dass der Unterbau komplett verrostet ist oder die Bremsen nicht mehr funktionieren, gehört fast schon zum Standard. Besonders vertrauenserweckend ist das nicht, insbesondere dann, wenn man a) auf ein Krokodilgehege zurollt oder b) am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt.

Dass es so selten zu verheerenden Unfällen kommt, ist vermutlich nur darauf zurückzuführen, dass es überhaupt so wenig Verkehr gibt. Ansonsten wären funktionierende Bremsen immerhin unverzichtbar.

Genau solche Spritztouren sind daher für den Großteil an Unfällen verantwortlich – und damit wesentlich gefährlicher als alle Schlangen im Land zusammen.

Auszug aus: Australien 151 – Porträt der großen Freiheit in 151 Momentaufnahmen, Markus Lesweng, Conbook Verlag

Auf nach Kanguruh!

Tag 362 der Radweltreise. Es wird ländlich sittlich. Und der Wind kommt endlich von hinten!

Zuweilen hat man es als Radreiseveranstalter ja eher schwierig. In China sind wir ja mehr als heimisch, da gehen uns die Ortsnamen nur so von den Lippen. In Südostasien verhaspelt man sich schon einmal an den Ortsnamen. In Australien verzweifelt man an Orthografie und Aussprache.

Karoonda heißt unser Tagesziel, das ich mir einfach nicht merken kann (und ungelogen, ich musste es eben wieder einmal nachschlagen). Sind das nun alte Namen, Ortbezeichnungen, die noch von Aboriginals stammen, oder sind die krummen Namen einfach auf die Rechtschreibschwächen der ersten Siedler zurückzuführen?

Intern lief unser Zielort also als „Kanguruh“!

Wie auch immer, wir fahren heute bis zum Arsch der Heide, was aber recht angenehm mit einer Fährfahrt über den Murray beginnt, mit einem guten Frühstück in Tailem Bend weitergeht und dann auch nicht unbedingt schlechter wird. Kein Highlight entlang der Route, aber auch kein Stress. Wir sind im Landesinneren angekommen, da ist es ländlich-sittlich, einfach, urig, gut.

Unsere Unterkunft sind die einfachen Zimmer hinter dem lokalen Pub, und aus dem könnte Heinz Strunk einen neuen Roman schaffen. Was da an Alkoholleichen über dem Tresen hängt, ist beschreibenswert. Wir gesellen uns nur auf halben Weg zu den Leichen, schließlich gilt es morgen ja 110 Kilometer zu bewältigen. Immer noch durch den Arsch der Heide.

P.S. Pferdehinterlassenschaften haben wir dann doch nicht gekauft, trägt auf und stinkt!

North by Northwest

Tag 360 der Radweltreise, von Goolwa nach Wellington East. Wind wie immer beim Radfahren

Bisher hat sich der Wind ja nicht von der besten Seite gezeigt. Die heutige Richtungsänderung verspricht Besserung – der Wind hat aber andere Ideen.

Bevor wir uns aber auf die Räder schwingen, genießen wir erst einmal unser Frühstück. Wenn ihr mal in Goolwa seid – zugegeben, eher unwahrscheinlich – dann genießt das Frühstück im Motel Goolwa. Da lässt sich auch Gegenwind ertragen!

Nun – es geht wieder mal gegen den Wind. Dafür aber ausgesucht schön. Der direkte Weg wären gerade einmal 60 km. Wir – besser gesagt ich, wähle den etwas längeren Weg über die Nebenstraßen, teilweise am Murray River entlang, der hier als See ausufert, mit kleinen Ortschaften, die in Mecklenburg-Vorpommern stehen könnten. Das Wetter ist uns gnädig, der Wind nicht, aber alles in allem geht es gut voran.

Bis wir an der Fähre in Wellington East ankommen, unser schickes Courthouse beziehen und nur einen Zettel vorfinden: Wir haben keine Zimmer, sind nicht da und haben euch grundlegend verarscht! Stand da nicht so, fühlte sich aber so an.

Wie auch immer: Die Unterkunft im Welly Pub, drei Bungalows mit jeweils 2 Zimmern und Küchenzeile mit Blick über den Murray waren mehr als guter Ersatz. Und der Pub fuhr so manches Gericht auf, das wir so gut und günstig bisher noch nicht hatten. Darüber hinaus gab es unser geliebtes Coopers Pale Ale auch noch, sogar vom Faß, da waren das Schmutzbier und die Abendversorgung gesichert! Coopers, das ist die einzige verbliebene unabhängige Familienbrauerei in South Australia, und das schmeckt man!

Den Abend beschließen wir mit den frisch aufgefüllten Weinvorräten der Blaisdale Winery, die wir im Vorüberfahren auch noch besucht haben.

Ein ziemlich runder Tag!

No Through Road

Tag 359 der Radweltreise, 85 km von McLaren Vale nach Goolwa, lustiger Radausflug mit Bierprobe

„Eier, wir brauchen Eier!“, hat Oliver Kahn einst gefordert.

Nun, uns fehlten heute die Eier.

Bevor bei unseren Leserinnen und Lesern nun die Phantasie durch geht: Es fehlten tatsächlich drei Eier für unser Frühstück in der „Cottage Bakery“. Dabei waren wir schon früh unterwegs, kurz nach 8, und da wäre doch eigentlich noch ein wenig Luft nach oben für das Frühstückscafé, selbst wenn eine Horde deutscher Radler und ein naturalisierter Brite das Café stürmen.

Also keine Eier für Sabine, Heinz und mich. Aber ganz viel Speck! Und lecker. Aber eben keine Eier!

Auf jeden Fall kommen wir viel zu spät los, bummeln dann auch noch ein wenig, auch weil die Strecke, wie gestern erst einmal auf einer ehemaligen Eisenbahntrasse, viel zu schön ist, um zu hetzen.

Dann steht die erste Bergwertung an: Der Willunga Hill.
Radsportfreunden bekannt als legendäre Bergankunft der Tour „Down Under“, die, wie wir auf der Tafel auf der Passhöhe erfahren, die letzten fünf Jahre von Richie Porte gewonnen wurde, ihr wisst schon, dem Aussie, der die Tour de France theoretisch gewinnen könnte, wenn er sich nicht immer wieder spektakulär in den Graben schmeißen würde. Immerhin, André Greipel hat die Tour „Down under“ auch mal gewonnen, damals allerdings ohne den Willunga Hill, der zwar kein Alpe d`Huez ist, aber dennoch ein schöner erster richtiger Anstieg auf der Tour, den Manfred mit der Kraft von vier Wochen Indonesien souverän als Erster absolviert.

Wo Höchstleistung, da auch Doping: Wir gönnen uns eine Mittags-Bierprobe in der Smiling Samoyed Brewery. Dazu gab es kalte Platte, warmen Hund, der als Logo-Vorbild Narrenfreiheit hatte und uns zwischen den Beinen entlang schmeichelte und ein paar Kangurus in der Ferne, die am nahegelegenen Stausee grasten (grasen Kangurus?)

Die Gruppe ist danach gespalten: Michael steht auf das lokale Kolsch (sic!), Sabine, Elly, Heinz und Manfred auf das Pale Ale, ich auf IPA, und Helmut kann dem lokalen Leitungswasser durchaus interessante Geschmacksnuancen abgewinnen. Auf jeden Fall wandern erst einmal 48 Flaschen verschiedener Sorten in das Begleitfahrzeug. Was man hat, das hat man!

Mit erstaunlich frischen Beinen ging es dann über mehrere Hügel ans Meer und dann einen ziemlich spektakulären Radweg von Victoria Harbor nach Goolwa.

„Weißt Du, was hier die häufigste Straße ist?“, fragt mich Sabine?

„Was?“, frage ich.

„No through road!“, antworten wir unisono. Stichstraßen, die nirgendwohin führen, außer in kleine Viertel mit meist leerstehenden Ferienwohnungen. Aber nett, dass das am Anfang der Straße steht, und nicht am Ende!

Damit wäre nun auch der Blogtitel erklärt!

Schmutzbier aus den Vorräten, sehr appetitliches Abendessen im Whistlestop Café (keine grünen Tomaten und auch kein Menschenfleisch!), dann fällt die Gruppe müde ins Bett.

Nur der Chronist ist noch wach und sagt nun auch „Gute Nacht!“.

 

Australien 15+1: Dropbears (1)

Dass die australische Fauna so manche Überraschung bereithält, dürfte weithin bekannt sein. Doch viele Besucher aus fernen Ländern haben keine Vorstellung davon, worauf sie sich wirklich einlassen. Ein Beispiel dafür sind die gefürchteten dropbears.

Zwar sehen dropbears den ikonischen Koalas ausgesprochen ähnlich, doch der Schein trügt. Der Experte vermag einen dropbear leicht an den spitzeren Ohren zu identifizieren, doch der Laie wird mit der Unterscheidung seine Schwierigkeiten haben – zumal sich die Tiere gerne in den luftigen Höhen der Eukalyptusbäume versteckt halten. Doch genau das macht sie so gefährlich: Nicht nur handelt es sich bei den dropbears im Gegensatz zu den knuffigen Koalas um echte Bären, zudem sind sie als Fleischfresser auch auf den Geschmack argloser Touristen gekommen.

Üblicherweise wird sich der dropbear aus dem Geäst auf seine ahnungslosen Opfer stürzen, denen keine Zeit bleibt, den Angriff abzuwehren. Obwohl solche Unfälle wesentlich häufiger auftreten als etwa die Angriffe von Haifischen auf Surfer, gelingt es den australischen Behörden erstaunlich gut, den Deckmantel des Schweigens über diese Zwischenfälle zu breiten – undenkbar groß wäre der Imageschaden für das Land.

So oder so ähnlich werden australische Gastgeber Neuankömmlinge im Lande über die zu erwartenden Risiken aufklären. Es ist die australische Art, jemanden willkommen zu heißen: Pulling your leg ist ihre Bezeichnung, »durch den Kakao ziehen« wäre eine angemessene Übersetzung. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt: Dropbears sind als legendäre Kreaturen recht verbreitet; manche erzählen lieber von gigantischen meatflies (überdimensionierten Fliegen, die das Fleisch vom Grill klauen) oder dem mythischen bunyip. Natürlich besteht in einem Land wie Australien das ständige Risiko, dass solcher Humor von der Realität eingeholt wird. Ein Beispiel dafür wäre die bellende Spinne. Doch fürs Erste sollte man als Reisender diese Begrüßung als kleinen Test verstehen, mit dem die Australier prüfen möchten, ob man aus dem richtigen Holz geschnitzt ist. Erst wenn man einem dieser Späße zum Opfer gefallen ist, ist man auch wirklich angekommen.

Auszug aus: Australien 151 – Porträt der großen Freiheit in 151 Momentaufnahmen, Markus Lesweng, Conbook Verlag

600 ml im Jahr

Tag 358 der Radweltreise, 68 km von Adelaide nach McLaren Vale, alle vier Jahreszeiten

Nun, Sabine und ich haben wieder zugeschlagen. Der Regen pfeift uns bei der Abfahrt ins Gesicht, während Ian, unser Fahrer und Begleiter für die nächsten 10 Tage, vor Freude fast aus dem Häuschen ist.

„Auf den Regen haben wir vier Monate gewartet!“, frohlockt er.
Nun, wir eher weniger.

Dafür geht es zwar die ersten 17 Kilometer nass und windig, aber trotzdem wunderschön autofrei an einem kleinen Flusslauf, der tatsächlich so gut wie kein Wasser führt, in Richtung Meer, das wir nach einer Stunde – kurze Regenpause eingeschlossen – erreichen. Der Regen hört auf, dafür peitscht uns der Wind umso heftiger ins Gesicht, während wir auf der Uferpromemade in Richtung Süden radeln. Ein paar Surfer stürzen sich jubelnd in die raue See, und auch wir haben durchaus Spaß an der Tour. Die ersten Höhenmeter führen auf einem ausgezeichneten lokalen Radwanderweg nach McLaren Vale, neben Barossa das Hauptweinanbaugebiet von Adelaide.

Rotwein, vor allem Shiraz und Cabernet Sauvignon wird hier ausgebaut. Was wir leider schmerzlich in zwei Gängen Weißweinprobe durchleiden – die waren definitiv für den Ausguss.

Umso besser dann die Rotweine, die sich langsam aber eindrucksvoll steigern, ehe wir dann jeweils einen ausdrucksstarken Shiraz und Cabernet Sauvignon goutieren. Den wir dann ebenso wie den „Sparkling Shiraz“ (das, was die Leute hier an Weihnachten trinken) jeweils in doppelter Ausführung als flüssigen Proviant für die nächsten Tag mitnehmen.

Den letzten Kilometer rollt es sich dann leicht und beschwingt. Der Außenpool unserer Motelanlage reizt zwar, mehr als einen Fuß wage ich aber nicht (als einziger!). Kalt ist es heute, so um die 18 Grad am Abend…

Den Tag beschließen wir in der angesagtesten Kneipe des Ortes, „Oscar“ genannt. War ok, auch aus Ermanglung an Alternativen. Montag hat hier (fast) alles zu. Fast wie in Franken -> Blog Hongkong-London 2012

Aber eigentlich gibt es nichts zu meckern, sogar die Sonne kam zuweilen zwischen den Wolken hervor! Aber über die Regenmengen in Adelaide müssen wir noch einmal reden. Angeblich sind das 600 ml pro Quadratmeter im Jahr – das hatten wir heute lässig an einem Tag!


Stand up, get up, down under! (Arsch hoch da unten!)

Tage 356 und 357 der Radweltreise – Willkommen in Oz! Besichtigungen in Adelaide zu Fuß und mit dem Rad

Der große Umbruch ist da! Mit Peter ist der letzte Berlin-Starter von Bord gegangen und sonnt den Burgundermuskel mit Kultur und Meer. Ich bin zwar in Berlin mit losgefahren, war dann aber nach vier Wochen in Europa nur noch zwei Wochen in China und Laos mit dabei.

Elly und Manfred sind immerhin schon seit Jakarta mit dabei und geben den Staffelstab weiter. Dazu kommen Sabine und Heinz, alte Bekannte aus immerhin drei gemeinsamen Touren, Helmut, Veteran unserer ersten langen Radtour von Athen nach Peking 2008 und Michael, Neumitradler und der einzige, der es von der Statur mit den Aussies aufnehmen kann.

Elly und Manfred treffen am frühen Morgen des 23. März hier ein. Helmut und Michael dann gegen Mittag. Die Wartezeit auf die beiden fehlenden Mitradler verbringen wir genußvoll im und um den Central Market, der mich ein wenig an die Arminiusmarkthalle in Berlin Moabit erinnert, auf die ich aus meiner Wohnung blicke, nur größer, besser organisiert und ein wenig bunter. Wir gönnen uns eine große Portion Pubfood, kaufen Proviant ein, schlendern durch die Hallen. Dann ist für die meisten Freizeit angesagt, die vor allem für eine große, aber nicht allzu lange Mütze Schlaf genutzt wird.

Abendessen gibt es dann in einem ausgezeichneten Meeresfrüchte-Restaurant um die Ecke. Das Essen ist fantastisch, der Fisch frisch, nur die demonstrativ aufgesetzte Höflichkeit ist mir ein wenig zu viel.

„More wine?“
„Yes!“
„Excellent!“

„More wine?“
„No!“
„Excellent!“

„Dessert?“
„You told us we have to leave at 8, this is in 5 minutes!“
„Excellent“

Höflich, diese Einheimischen!
Wie überhaupt der erste Eindruck ein fantastischer ist.

Elly und Manfred schauen sich noch Carmen als Freiluftoper an (Adelaide ist Kulturstadt, vor allem im März!), Helmut und Michael sind zwar keine Kulturbanausen, aber rechtschaffen müde und ich warte noch auf Sabine und Heinz. Bis diese dann angekommen sind und der Hopfensaft geleert ist, wird es Mitternacht.

Am folgenden Tag rollen wir mit unseren Rädern durch Adelaide, besichtigen den wunderbaren Botanischen Garten unter der sachkundigen Führung von Bodo Jensen, einem Mecklenburger, der vor mehr als 50 Jahren nach Australien ausgewandert ist, hören uns beim anschließenden Kaffee noch die eine oder andere Story von ihm an und beschließen die Besichtigung schließlich mit einem Besuch des South Australian Museum. Der Doppelcyclon im Norden Australiens schickt seine Ausläufer und sorgt für unruhiges Wetter. Wir haben mit Sabine und mir zwei Regenmacher in der Gruppe. Wird schon gutgehen, zumal meine Fähigkeit, Regen anzuziehen in den letzten Jahren stark nachgelassen hat. Man vertrocknet halt leicht im Alter!

Falls der Regen nicht doch noch auf uns niederprasselt, steht heute noch eine Abendessen in Chinatown auf dem Programm.
Morgen wird es dann ernst, die erste Etappe Down under steht an.

Soviel sei verraten: Das obligatorische Schmutzbier wird morgen wohl eine Schmutzwein sein!

Australien 15+1: Ankunft

»Australia is big!« – kaum ein Kommentar, den man bei einem Besuch in Australien häufiger hört. Reisende und Einheimische betonen die Ausmaße des Kontinents immer und immer wieder.

Zunächst wundert man sich darüber – die Information ist schließlich ziemlich trivial. Von Norden nach Süden und von Osten nach Westen sind es jeweils rund 4.000 km, und genau das wird man im Reiseführer gelesen haben – der einen einmal mehr freundlich-bestimmt darauf hinweist, dass Australien groß ist. Und dass man die Entfernungen nicht unterschätzen solle. Australien ist so großartig, wie es groß ist, was jeder merken wird, der das Land erfahren möchte – erst recht, wenn es mit dem Rad geschieht.

Doch es geht nichts darüber, diese Größe selbst zu erfahren. Nach ein paar Wochen im Lande wird man sich ein klein wenig verliebt haben und nebenbei gelernt haben: Eine zweistündige Autofahrt ist für die Einheimischen ein kurzer Trip, und selbst eine achtstündige Busfahrt scheint einen auf der Landkarte kaum voranzubringen. Nach einer Handvoll solcher Tagesreisen macht sich das Sitzfleisch bemerkbar – und es folgt die Einsicht, dass Australien anscheinend wirklich groß ist.

Von diesem Zeitpunkt an kann man natürlich nicht davon ablassen, andere Mitreisende an diesem Wissen teilhaben zu lassen. Vor allem jene, die ihre Reise übereifrig angehen und das ganze Land in einem Monat entdecken wollen. Realistischer wäre ein Zeitraum zwischen einem Jahr und einem Leben, denn: Australien ist wirklich, wirklich groß.

Und zwar so groß wie die USA. Oder wie all das, was man gemeinhin unter Europa versteht. Bloß ohne die sechsspurigen Autobahnen und Hochgeschwindigkeitszüge. Auch down under kommt man voran, meist komfortabel und pünktlich, aber man muss ein wenig Geduld mitbringen. Und das ist auch in Ordnung: Denn wer hetzt, wird die besten Sachen verpassen.

Auszug aus: Australien 151 – Porträt der großen Freiheit in 151 Momentaufnahmen, Markus Lesweng, Conbook Verlag