Übernachtung in der Tajga

94. Reisetag, 110 km von Krasnojarsk nach Olgino, +32 Hitze

Mein Kennenlernen mit den Teilnehmern der Radweltreise fand gestern in Kransnojarsk statt und heute ist meine erste Fahrt mit der Gruppe. Es ist eine neue Erfahrung für mich.

Nach dem Frühstück verlassen wir die große Stadt im Berufsverkehr. Hinter der Stadtgrenze wird es auf der Straße ruhiger, aber für mich anstrengender, da die ersten Steigungen kommen. Meine tapfere Gruppe bewältigt die Steigungen mit weniger Mühe, da sie im Gegensatz zu mir schon viele Kilometer in den Beinen haben.

Unterwegs sehen wir viele Felder mit „Ivan Tschai“ (eine lilafarbene Pflanze zum Teekochen). Wieder ist es ein heißer Tag auf dem Fahrrad. Viktor spritzt die erhitzten Radfahrer mit der Wasserflasche zur Kühlung ab. Das Mittagessen gibt es im Kafe, dort genießen wir die typischen Speisen wie Lagman, Soljanka, Borschtsch, Schaschlik.

Nach 110 km erreichen wir am späten Nachmittag unsere rustikale und einsame Unterkunft, einige Kilometer abseits der Hauptstraße. Begrüßt werden wir dort von den Eigentümern und ihren Hunden und Schafen.

Wir erhielten dort Blockhäuser zum Schlafen und Kochen. Das Waschen ist nur in der Banja möglich, die aus diesem Grund extra für uns angeheizt wurde, da es sonst kein warmes Wasser gibt. Manche nutzen die Gelegenheit zu einem Banjabesuch zur Entspannung der müden Muskeln, andere „duschten“ sich mit der Schöpfkelle aus dem Wasserbehälter.

Das Abendessen haben wir mangels Alternativen selbst zubereitet. Es gibt Tzaziki, den griechischen Kräuterquark mit gekochten Kartoffeln, eine neue Erfahrung für mich. Zum Nachtisch gibt es sibirische Erdbeeren aus den Gärten der Einheimischen, gekauft am Straßenrand.
In der Ruhe schlafen bald alle tief und fest.


Ruhetag am Schönen oder Roten steilen Abhang am Jenissej mit Sieg im Elfmeterschießen

Bilderbuch am 93. Reisetag in Krasnojarsk an einem heißen sibirischen Sommersonnentag

Schon wieder eine sibirische Stadt mit Superlativen – Krasnojarsk (Красноярск).
Mit inzwischen über 1 Million Einwohnern ist die Stadt nach Nowosibirsk und Omsk die drittgrößte Stadt Sibiriens. Sie ist die Hauptstadt der Region Krasnojarsk und manche – darunter auch unser Viktor 😉 – sagen auch, die zweite Hauptstadt Sibiriens. Von Moskau bis hierher sind es, wenn man(n) sich beim Radeln kontinuierlich östlich hält, etwa 4100 km. Das können wir bezeugen!

Krasnojarsk liegt natürlich auch an der Transsibirischen Eisenbahn (Транссибирская магистраль / Transsibirskaja magistral) und sogar noch viel länger am mächtigen Fluss Jenissej (Енисей). Dieser ist etwa 3487 km lang. Rechnet man(n) seinen rechten Quellfluss „Großer Jenissej“ auch noch dazu, dann sogar rund 4092 km. Das ist aber immer noch nicht mal die Hälfte der „eisernen“ Transsib (9288 km).
Ja, wer Beispiele für Größenordnungen sucht, der wird in Sibirien immer fündig, eher als z.B. im Vergleich zum Weltweit-Musterland Bayern. 😉

Krasnojarsk erstreckt sich über eine Fläche von 348 km², also vereinfacht quadratisch betrachtet rund 19 x 19 Kilometer. Wir waren logischerweise gestern beim Reinradeln vom Ortseingangsschild bis zum Hotel auch nochmal mehr als 10 km auf „Stadtrundfahrt“. Hey, das macht echt Spaß, weil wir dabei ganz viel zu Sehen und zum Fotografieren bekommen.
Btw – die 1.5 Millionen Münchener müssen mit schlappen 311 km² auskommen, die 6 Millionen Berliner mit ca. 892 km² (minus 60 km² Wasserfläche minus 164 km² Waldfläche), also wenig mehr als der doppelten bewohnbaren Fläche im Vergleich zu Krasnojarsk.
Die 1.9 Millionen Hamburger sind da mit 755 km² deutlich besser dran.

Seinen Namen verdankt Krasnojarsk einem Kosakenverband unter Andrej Dubenski (kannte ich bisher auch nicht), der hier 1628 (nur noch 10 Jahre bis zum 400. Geburtstag!) eine hölzerne Palisadenfestung (острог / Ostrog) gründete und diese als „Krasny Jar“ (Красный Яр = Schöner oder Roter steiler Abhang bezeichnete, abgeleitet von einer früheren turksprachigen Bezeichnung des Ortes). Die Festung sollte damals übrigens das 300 km entfernte und heute unbedeutende Jenissejsk vor den Angriffen der Kirgisen zu schützen. Die Geschichte weiß, ob’s was genützt hat.

Das 4-Sterne-Hotel „Oktober“ (гостиница Октябрьская), in dem wir „residieren“, steht am Prospekt Mira. Das ist hier die Haupteinkaufsstraße. Sie wurde schon fünfmal umbenannt, weiß Wikipedia: „Zuerst hieß sie Große Straße, dann Woskressenskaja-Straße – nach dem Namen der ersten steinernen dreistöckigen Woskressenskaja-Kirche, die auf der Strelka in der Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg war sie die Sowjetische Straße, später hatte sie den Namen Stalin-Prospekt und heute heißt sie Prospekt Mira („Allee des Friedens“)“.
Hoffentlich noch ganz lange.
Gestern Abend lärmten bis weit weit nach Mitternacht auf dem Prospekt unzählige Autocorsos und feierten den Sieg der сбо́рная (= Sbornaja, Fußballnationalmannschaft) über Spanien bei der FIFA-WM 2018. Viktor hat das Elfmeterschießen, stark wie er ist, ohne bleibende Gesundheitsschäden überstanden. Gut für ihn und uns.

Bei unserem inzwischen obligatorischen Stadtrundgang begleitete uns heute Anna bei prall-heißer Sonne durch ihre Stadt. Sie ist Lehrerin für Englisch und Deutsch. Start ist natürlich an der Kapelle Paraskewa-Pjatniza (Часовня Параскевы Пятницы) auf dem Hügel Karaulnaja (= „Wachhügel“). Gut, daß Viktor uns mit dem Bus dort hinauffährt. Das wäre sonst ein heftig langer „Spaziergang“ geworden. Wieder unten in der Stadt, laufen wir von einem schattigen Plätzchen zum nächsten, Anna vermittelt uns viel interessantes und macht uns auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam, die wir alleine niemals entdeckt hätten oder die einfach zu weit entfernt, aber dennoch sichtbar sind. So z.B. das berühmte Naturschutzgebiet „Stolby“ (Столбы / „Säulen“. Der Name kommt von den dort bis zu 100 Meter hohen Felssäulen aus Granit, ähnlich denen im Elbsandstein-„Gebirge“.) am gegenüberliegenden Flußufer und die auch auf der anderen Seite des Jenissej stehende kleine Kapelle, die an die hierhin Verbannten der letzten Jahrhunderte erinnern soll. Das kleine Pferdchen am Ufer, das an die Landung der Kosaken unter Andrej Dubenski erinnert. Das Haus des hier sehr verehrten russischen Malers Wassili Iwanowitsch Surikow (Василий Иванович Суриков, * 24. Januar 1848 in Krasnojarsk; † 19. März 1916 in Moskau), in dem heute ein Museum über sein Schaffen informiert. Oder die Figur des nie angepaßten Künstlers A. Posdejew, an dem immer mal wieder jemand versucht, den Regenschirm abzusägen (wegen des Buntmetalls) und nicht zuletzt die historische Apotheke No.1.
Drei Wahrzeichen der Stadt sind übrigens auch auf dem 10-Rubel-Schein – der schon seit 2009 durch Münzen ersetzt wird, aber immer noch im Umlauf ist – abgebildet: die Kapelle Paraskewa-Pjatniza, die Kommunale Brücke über den Jenissej und – auf der Rückseite – das Kraftwerk am Krasnojarsker Stausee (konnten wir leider nicht besuchen).

Inzwischen scheint noch ein viertes hinzuzukommen, der „zweifelnde Bär“ aus Papierseiten im Glaskasten des in Russland sehr bekannten Künstlers Wassili Slonow, der außerhalb Sibiriens mit seinen karikaturhaft-ironisch-kritischen Arbeiten insbesondere von deutschen Medien als „Kreml-Kritiker“ wahrgenommen wird. Fragt mal eure Lieblingssuchmaschine.
Von Anna erfahren wir auch viel über das Wirken und den Einfluß früherer Kaufmannsfamilien, deren schöne Häuser noch heute das Bild der Straßen prägen. Vielen herzlichen Dank, Anna.

Krasnojarsk pflegt Städtepartnerschaften mit 15 internationalen Städten und hat hat seit 2009 auch eine mit Unterschleißheim in Bayern.

Unter den berühmten Töchtern und Söhnen der Stadt, vom Komponisten Wladimir Rebikow (1866–1920) bis Eiskunstläuferin Xenia Krassilnikowa ist auch die seit nun seit vielen Jahren schon deutsche Schlagersängerin Helene Fischer (falls ihr von ihr gehört haben solltet).
Ich hatte spontan einen „Radlergruß am 1. Juli aus Krasnojarsk nach Nürnberg an Helene Fischer“ geschickt (am 1.7. war Konzert im Stadion Nürnberg) und nach einem elektronischen Autogramm gefragt. Antwort des Künstlermanagements: „… diese Möglichkeit gibt es leider nicht. HELENE FISCHER ist zusätzlich auf Tour und kommt erst danach zur Beantwortung der kistenweise Post und Autogrammwünsche. Daher langt es, wenn Sie nach Ihrer Rückkehr einen kurzen Textwunsch und einen frankierten und adressierten Rückumschlag an folgende Adresse senden: …“ Na gut, dann eben nicht. In einem halben Jahr sind – für mich jedenfalls – bestimmt andere Dinge wichtiger.

Bilderbuch auf:

Vergnügungsfahrt zum Abschied

92. Reisetag, 47 km von Dorf Sukhaja nach Krasnojarsk

Ganz unerwartet kam mein letzter Reisetag mit der Gruppe und Hermes oder Hl. Nikolaus (oder wer auch immer für alle Reisende zuständig ist) hat mir nur eine kurze Strecke geschenkt. War mir auch recht. ))

Anstatt die heißbegehrte P 255 zu nehmen wählten wir diesmal etwas längere Route auf einer Landstrasse durch den Flughafen Emeljanovo und kleinere Dörfer.

Es ging durch eine hübsche Hügellandschaft nicht ohne ein Paar verdammte Aufstiege, wo du völlig verschwitzt oben ankommst. Aber dann ging’s endlich runter ins Jenisejtal!

Kurzer Stopp war an einem Teich, wo unser Viktor zu fischen versuchte. Und weiter durch den sonnigen Vormittag an die Stadtgrenze. Gut, dass es Sonntag war! So eine leichte Einfahrt in eine Großstadt war anscheinend auch von unserem Schutzpatronen spendiert… Selbst die Friedensallee war fast leer!

Um den besonderen Gunst uns gegenüber noch deutlicher zu machen, waren wir in einem Viersternehotel untergebracht.

Nach dem wir freien Nachmittag genossen hatten, ging unsere Mannschaft in ein usbekisch eingerichtetes Lokal, wo ich die Reiseleitung an Inna offiziell übergab und somit meine erste knapp 1600kilometerlange Fahrradreise beendete.

Gute Fahrt und viel Rückenwind tapfere Radler! Toi toi toi!


Taiga

91. Reisetag, 133 km von Atschinsk nach Dorf Sukhaja

Nach dem guten Frühstück in Aurora Hotel waren wir bereit für die Abfahrt Richtung Krasnojarsk. Die Stadt Atschinsk lag durch das nächtliche Gewitter frischgewaschen in Sonnenlicht immer noch verschlafen. Es war ja Samstag.

Die Strecke, die wir vor uns hatten schien einfach zu sein: nur die Schnellstraße P 255 entlang, das Ziel liegt nur 130 km entfernt.

Es stellte sich bald heraus, dass die Hügel langsam höher wurden, die Schwüle blieb auch und der Rückenwind von gestern sich anders überlegte. Tja! Man musste trotzdem weiter. Verglichen mit dem Surfen von gestern war das heute etwas mühsam.

Man muss aber sagen, dass die Landschaft doch interessant und abwechslungsreich war. Da tauchten immer mehr Nadelbäume, Birkenzweigeverkäufer (die man für russische Sauna benutzt) und auch manche Wildtiere leider nur ausgestopft (eine Art sibirischen Gartenzwerge, die einfach auf dem Straßenrand verkauft werden). Es waren ein Paar kleinere Flüsse, die mit ihrer Frische lockten und es nicht schufen uns vom Weg abzubringen.

Das Hotel an der P 255, wo wir abends doch ankamen hieß BerlogaHome, was Bärenlager-Home  bedeuten sollte.  Auf Waldhütte gemacht war es aber sehr komfortabel. In manchen Zimmern gab es sogar eigene Saunas, was natürlich auch später ausgenutzt wurde. Es gab gleich eine Runde Ankunftsbier, Dusche und gutes Essen und die Vorfreude auf die morgige Kurzfahrt bis Krasnojarsk.


Segelradler

90. Reisetag, 144 km von Tjaschinsk nach Atschinsk

Dass Erholen gut tut weiß man ja. Aber dass es SO gut tut habe ich erst heute mitbekommen. Oder war es das gestrige Fasten? Wie auch immer… So flott und spaßig wie heute war das Radfahren für mich noch nie!

Die ersten 30-40 km waren durch verdeckte Sonne und eine angenehme Brise recht erfrischend. Die Landschaft spielte heute auch mit: es wurde flacher als in den letzten drei Tagen und die Anzahl der Abschnitte, wo es bergab ging, war deutlich höher als denen, wo man sich beraufschwitzen musste. Wie das wohl möglich war, bleibt ein sibirisches Geheimnis…

Später gesellte sich noch der Rückenwind dazu, sodass eine lange und mühsame Tagestour doch zu einem Sprintmarathon wurde))) Durchschnittlich 23-24 km/h, oft über 30 km/h, und das stundenlang!

Selbst die berühmte sibirische Hitze war gut zu ertragen. Erst als wir an die Stadt näher glitten, hatte man mehr davon.

Unser heutige Hotel Aurora hat sich zwischen den alten Plattenbauten versteckt, war aber trotzdem leicht zu finden. Und zum Schluss entdeckten wir noch einen guten Pizzaladen, wo es ausnahmsweise eine sehr schelle Bedienung und gediegenes Essen gab.

So sollte es eigentlich jeden Tag weitergehen. Da waren wir uns schon einig.


Erholungsfahrt

89. Reisetag, 62 km von Mariinsk nach Tjaschinsk

Endlich war das heute eine humane Strecke nach all den Torturen der letzten Tage. Wobei die schwüle Hitze wollte nicht nachlassen. Immer noch die 30 Grad im Schatten! Wo ist der seit Tagen versprochene Regen?

Zwei kurze Pausen und wir kamen schon ohne etwas Bemerkenswertes in Tjaschinsk an. Nettes Städtchen an der Grenze mit der Krasnojarsker Region. Das kleine Hotel oberhalb einer Bank war eine gute Überraschung was Komfort anging.

Gott sei Dank gab es im Dorf keine Cafes! Und die einzige Kantine war kaum zu beachten. D.h. keine vergeudete 3-4 Stunden diesmal ;))) Dafür aber ruhiger Abend mit frühem ins Bett gehen…

Tag der Rekorde

Tag 88, Kemerowo – Mariinsk, 172,5 km


Schon früh verließen wir unser schickes Hotel „Time“ nach einem reichhaltigen Frühstück unweit des Flussufers des Toms, um uns auf einen Tag mit ungewisser Entfernung zu machen. Die Aussagen zur Tagesstrecke schwankten zwischen 140 km und 170 km.

Zuerst galt es jedoch den Tom (ein großer Nebenfluss in Rheinbreite des Obs und bei uns völlig unbekannt) zu überqueren und das Hochufer zu erklimmen, das uns schon die ersten Hinweise auf die Topographie des Tages gab. Unweit von dort wird aus dem bekannten Kusnezker Becken Steinkohle im Tagebau gefördert, entsprechend viel Staub liegt in der Luft und auch bald auf unserer Haut und Kleidung.

Auch dieses Gebiet haben wir bald hinter uns gelassen und wir erreichen erstmals die Taiga. Nadelbäume (Tannen, Fichten, Kiefern) mischen sich mit Birken, das Unterholz ist hoch, mit unterschiedlichen Gräsern, Büschen, Stauden, darunter auch zahlreich mit dem Riesenbärenklau (Herkulesstaude) bewachsen. Wege in das üppige Grün gibt es praktisch nicht, eindringen sollte man sicher nur mit Vollschutz und Machete.

Die Straße windet sich in Kurven nach links und rechts und zu unserer wachsenden Freude auch nach oben und unten. Eine Abwechslung für das Auge und den Radler nach der Ödnis in der Ebene des Tieflandes. Irgendwie erinnert mich die Landschaft streckenweise an den bayerischen Wald, nur wie alles in Sibirien, größer und weiter.

Nach rund 100 km haben wir eine Hochebene erreicht, auf der auch wieder Landwirtschaft betrieben wird. Der Schatten der Bäume wurde ersetzt durch die Sonne, die mit voller Wucht vom wolkenlosen Himmel strahlt, schnell klettert das Thermometer weit über 30° C. Der Asphalt der Straße leidet und klebt beim Überfahren. Überholt ein LKW, hört es sich an als ob die Straße nass ist. Der Wind bringt keine Kühlung, sondern bläst eher von vorne.

Ein spätes Mittagessen gibt es in einer der Fernfahrergaststätten, die hier immer seltener und spartanischer werden. Bald fordern die Strecke und die Wärme ihren Tribut, nach und nach füllt sich Viktors Bus mit Rädern und Radlern und der Wasservorrat schwindet.
Ein besonderer Reiz ergibt sich wenige Kilometer vor dem Ziel in Mariinsk, eine geschlossene Bahnschranke blockiert die Weiterfahrt des Busses für knapp 50 Minuten, so dass die Durchradler (Stefan, Peter, der einen persönlichen Entfernungsrekord zurückgelegt hat – Gratulation! und Gerhard) zeitgleich mit dem Bus im Hotel ankommen. Fußgänger und Radler haben an Bahnübergängen Sonderrechte und können jederzeit die Gleise queren, wenn nicht gerade der Zug vorbei donnert.

Da abends um 20 Uhr die Gärten, die zu jedem Haus in Sibirien gehören, gewässert werden, gibt es kein Wasser bzw. keinen ausreichenden Wasserdruck um den Dreckschweiß des Tages abzuwaschen, so gibt es im Wortsinn: „Schmutzbier“ und die Dusche später.

Am Ende zeigt der nicht geeichte Tacho eine Gesamtstrecke von 172,50 km mit 1317 Höhenmetern, die bisher längste Etappe der Radweltreise bei Tagestemperaturen von jenseits von 30°. Ein Beweis, dass es in Sibirien im Sommer richtig heiß werden kann.

Um so weite Strecken zu radeln, hilft nur irgendwann: „Hirn ausschalten, Augen zu und durch“, die Glücksgefühle werden dann später frei.


Uferpromenadentag

87. Reisetag, 99 km von Jurga nach Kemerovo

Halb in Tanz geschlafen aßen wir gemeinsam unser Frühstück in dem selben hochgeschätzten Nachtclub. )))

Und bei schönem Wetter ging es los Richtung Kemerovo entlang des Tom Flusses mal näher mal weiter ins Innere. Kein Vergleich zu P 255! Wunderschöne Landschaften, entspanntes Verkehr, ruhige Dörfer.

Bei der Ausfahrt von Jurga fuhren wir an einem Militärcamp vorbei. Die schienen nicht so sehr durch die Invasion von NATO-Fahrradtruppen beeindruckt zu sein, deshalb rollten wir weiter gen Osten.

Dadurch dass die Landschaft so schön hügelig wurde, hat sich auch das Fahrgefühl wesentlich geändert. Es gab zwar immer noch flache Stellen, aber es kamen noch mehr und mehr An- und Abstiege. Wobei die letzteren meine immer mehr wachsende Zuneigung gewannen.

Das Ankommen in eine Industriestadt ist immer ein besonderes Vergnügen. In Kemerovo war das noch dadurch verstärkt, dass das Industriegebiet rasant in eine lebendige und interessante Großstadt  überging.

Aufgefrischt gingen wir abends auf die schicke Uferpromenade mit vielen Spaziergängern, Fünfsterne-Hotels und dezenten Cafes in den Nebenstrassen, wo wir uns niederließen und den Tag lecker abschließen.


Ein Marathon

86. Reisetag, 160 km von Korpysak nach Jurga

Ausgeruht am Badeort Karpysak konnte man endlich etwas leisten. Der Tag war genau richtig dafür, denn die Strecke bis Jurga war um 160 km. Die ersten 8 km auf der asphaltierten Straße waren gut aber kurz. Dann kam die lustige Abfahrt einen Fahrweg runter, über die Transsibgleise und über einen Fluss. Im Dorf auf der anderen Seite haben wir Paar Kühe und Pferde getroffen. Ach ja, und ein Paar Dorfbewohner an einem Laden, die so früh am Morgen etwas Wichtiges zu besprechen hatten.

Ab dann ging es wieder auf einer entspannten Landstraße weiter. Insgesamt 43 km Aufwärmung bevor es richtig auf der P 255 zuging! Je weiter umso stressiger wurde es. Wilder LKW-Fahrer, Baustellen, Staub und die sibirische Hitze!

Und trotzdem war das gemacht! Als Belohnung konnten wir unsere Räder in einem Nachtclub nebendran abstellen und durften bis spät in die Nacht dort gefeierte Abi-Abschlussparty mithören…


Der Kohlweißlingtag

85. Reisetag, 60 km von Novosibirsk nach Korpysak

Schön! Schön war das in Novosibirsk, in der Hauptstadt Sibiriens! Und trotzdem muss man weiter. Schon ruft uns der Weg gen Osten. Und am sonnigen Sonntag trotz aller Wettervorhersagen können wir  gemütlich weiterfahren. Da die Strecke recht kurz war legten wir erst um 10Uhr los.

Ungleich der Anfahrt war die Ausfahrt ganz gemütlich, obwohl der Sonntagsverkehr nicht ganz so entspannt war wie erwartet.

Die Bewohner der Stadt haben sich speziell zu diesem Anlass was einfallen lassen! Und zwar ein 125. Jubiläumstag von Novosibirsk zu feiern. Und selbst dieser Aufwand ihrerseits konnte uns nicht überzeugen noch ein Tag dort zu verweilen…

Und so schickten sie uns hinterher das Beste, was sie hatten – die unzählige feierlich weißgekleidete Schmetterlinge!!! So etwas haben wir noch nicht erlebt!

Die Landschaft hat sich auch weiter gebessert: es kamen waldbewachsene Hügel und endlich waren auch Kieferbäume zu sehen!

Das gemütliche Hotel am Rande des Korpysakdorfes war eine gute Überraschung. Nach der kurzen Mittagspause gingen wir das sibirische Badeangebot zu testen. Ah ja, was habt ihr euch gedacht? So wie es Reiseagentur uns versprochen hatte, gab es hier auch Strandurlaubbonus. ))) Man muss ja nicht immer nach Türkei fahren…

Zauberhaft war dieser Tag. Hoffentlich werden wir seine Kraft und innere Ruhe auf die Marathonstrecke morgen mitnehmen können.