Schlussakkord

Tag 396 der Radweltreise. Ankunft in Sydney.

Die Radweltreise ist an ihrem vorläufigen Ziel angekommen: Sydney. 396 Tage, mehr als 32.000 Kilometer.
Da darf man schon einmal sprachlos sein und die Bilder sprechen lassen!

Australien 15+1: Tischmanieren (14)

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»Bon appetit«, »Guten Appetit« – die meisten Länder beginnen ihre gemeinsamen Mahlzeiten mit einem Mindestmaß an Etikette, und seien die Teller noch so klein. Aber: andere Länder, andere Sitten.

Dem Englischen fehlt ein starkes Pendant zum »Guten Hunger!«, den man sich vor der Mahlzeit wünscht. Ein »Enjoy your meal!« würde den Zweck zwar erfüllen, doch die Sitten zu Tisch sehen es nicht vor. Vielmehr lautet die Maxime: Wer zuletzt fertig ist, verliert.

Bei vielen Familien läuft das gemeinsame Essen nach einem losen Muster ab, in dem sich einmal mehr der australische Pragmatismus spiegelt. Irgendwann schallt der Ruf »Supper’s ready!« durch die Botanik. Ohne große Würdigung des Kochs bedient sich daraufhin jeder aus Schüsseln oder direkt aus den Töpfen und beginnt die Mahlzeit. Besucher aus Europa irritiert das, wenn sie gewohnt sind, das Essen erst dann zu beginnen, wenn alle ihre Teller voll haben.

In einigen Fällen geht es auch noch einen Hauch rustikaler zu. Anstelle der Ermahnung, still zu sitzen und gründlich zu kauen, erfreuen sich Eltern daran, ihre Kinder im Schnellessen gegeneinander antreten zu lassen. Und es kann auch schon vorkommen, dass sich jemand mit bloßen Händen aus der gemeinsamen Salatschüssel bedient. Anderswo hatte ich Gras im Salat. Oder Dreck – schließlich sei so ein bisschen Sand im Essen gesund …

Aber herzlich bleibt es in jedem Fall!

Auszug aus: Australien 151 – Porträt der großen Freiheit in 151 Momentaufnahmen, Markus Lesweng, Conbook Verlag

Von Stränden und Stahlwerken

Tag 395 der Radweltreise. 78 km von Nowra nach Wollongong. Es zieht sich.

Die heutige Etappe wird nicht als die schönste der Radweltreise eingehen. Gut, zwischendrin haben wir immer mal wieder schöne Abschnitte, am Meer entlang, fast ohne Autoverkehr. Dann wieder bleibt uns keine Wahl, als die notorische A1 zu fahren, die zwar, obwohl vier- bis sechsspurig, immerhin einen Radstreifen hat. Nur da, wo es gefährlich wird, in engen Kurven, war kein Platz und kein Geld für eine Radspur mehr da. Verstehe einer die Straßenplaner! Die letzten Kilometer finden dann in ständiger Sichtweite des hiesigen Stahlwerkes statt. Schön ist anders!

So schwanken wir heute zwischen „Ach ist das schön!“ und „Scheiße, da müssen wir durch!“. Wäre aber auch vermessen, von Berlin nach Sydney einen gut ausgebauten Radfernweg vorzufinden.

Obwohl: Als Utopie finde ich den Gedanken äußerst reizvoll!


Hügelhüpfen

Tag 394 der Radweltreise. 38 km von Huskisson nach Nowra. Grüne Hügel und wechselhaftes Wetter

Morgens gemütliches Frühstück, dann Strandspaziergang. Noch einen Expresso/Flat White/Cappuccino.

Kurz nach Mittag steigen wir dann auf die Räder, etwas widerwillig nach der gestrigen harten Etappe. Aber es sind ja nur 38 Kilometer angesagt! Die gehen zwar an einigen Stellen deftig in die Höhe, entschädigen aber auch mit Ausblicken auf die saftig-grünen, fast surreal farbigen Hügel New South Wales.

Ein wenig Schotter, ein wenig mehr Verkehr, und dann sind wir in unserem schuckeligen Hexenhäuschen, das wir ganz allein für uns haben.

Schmutzbier im eigenen Garten, Abendessen in einer „Steam Punk“-Kneipe, die leider weder Dampf noch Punk hat, von der angepunkten, aber seltsam servilen Bedienung einmal abgesehen.


Der lange Weg nach unten

Tag 393 der Radweltreise. 124 km von Braidwood nach Huskisson. Tendenziell bergab bei steigenden Temperaturen

Der gestrige Ruhetag hat seinen Namen verdient. Wir sind wieder radbereit, auch wenn die heutige Etappen dem einen oder der anderen Sorgenfalten auf die Stirn schreibt. 129 Kilometer und 1.100 Höhenmeter bergauf sind angesagt, dazu ein paar nicht-asphaltierte Stellen und ein paar Steigungen jenseits der 15 Prozent.

Das stellt sich alles halb so wild heraus. Zweimal können wir abkürzen, die Straße ist zwar an einigen Stellen im Bau, aber deutlich mehr asphaltiert als gedacht. Und der Wind meint es auch relativ gut mit uns. Zudem kommen heute auch Emus zu unserer Tierbeobachtungsliste hinzu.

Alles in allem ein guter Tag, auch wenn wir recht müde in Huskisson einrollen.

Zur Belohnung gibt es zum Abendessen Steak vom heißen Stein zum Selbergrillen.

Lecker!

Australien 15+1: Schilder (13)

Selbst wer keinen Führerschein besitzt und noch nie in Australien gewesen ist, wird mit den berühmten Verkehrsschildern vertraut sein, die vor den teils kuriosen Gefahren warnen, die Verkehrsteilnehmer auf australischen Wegen – und abseits davon – erwarten.

Ein »Vorsicht, Känguru!« erwarten die meisten. Auch »Vorsicht, Kühe!« ist für den europäischen Fahrer noch nachvollziehbar. Aber spätestens wenn vor Wombats, Pinguinen, Kasuaren, Emus, Koalas oder Kamelen gewarnt wird, ist klar, dass man sich in einer anderen Welt befindet.

Hilfreich und ebenso wichtig sind die Hinweise auf die nächsten Raststätten. Oftmals liegen deutlich über 100 km vor der nächsten Möglichkeit zu tanken, zu essen, zu trinken. Und so manch naiver Reisender überschätzt die eigene Leistungsfähigkeit – oder die des Autos – und weiß dann wenigstens, wie lange er per Anhalter fahren muss, um zum nächsten roadhouse zu gelangen. Doch so mancher Hinweis bezieht sich nicht aufs Autofahren, sondern aufs Parken. Viele Tiere, wie etwa Bandicoots oder Pinguine, verstecken sich liebend gerne unter geparkten Autos.

Nicht nur auf der Straße wird gewarnt, was das Zeug hält: Auch auf arglose Strandgänger wartet eine Auswahl an kuriosen Schildern, deren Warnungen man ernst nehmen sollte, wenn man seinen Rückflug auch antreten möchte. Dazu gehören die Warnungen vor Krokodilen, Quallen und starken Strömungen.

Bei allen Motiven liegt aber irgendwie der Verdacht nahe, dass der verantwortliche Grafiker einen Heidenspaß gehabt haben muss, alle denkbaren Gefahren und Überraschungen angemessen zu illustrieren.

Auszug aus: Australien 151 – Porträt der großen Freiheit in 151 Momentaufnahmen, Markus Lesweng, Conbook Verlag

High Noon – Ruhetag in Braidwood

Tag 392 der Radweltreise. Ruhetag in Braidwood.

Erste offiziell historische Stadt in New South Wales! Eine der wenigen noch erhaltenen originalen Stadtstrukturen in Australien!

Dienstags meistens geschlossen. Man könnte ein Remake von High Noon hier drehen. Mit dem Schönheitsfehler, dass es keinen Bahnhof mehr gibt.

Für einen Ruhetag aber ideal. Wir pflegen unsere müden Knochen und das eine oder andere mürbe Fahrradmaterial. Zumindest mein Gates Carbon Riemen war seit Berlin nicht mehr so sauber. 32.000 mit einem Riemen und das spezielle Ritzel noch so scharf, dass ich mir prompt den Finger daran aufgeschnitten habe. Danach noch Dusche mit Riemen und seitdem quietscht nichts mehr. Faszinierend!

Am Abend dann gemeinsames Pizzaessen mangels Alternative, aber ziemlich gut. Ehrfurcht vor der morgigen Etappe: 129 km und mehr als 1.100 Höhemeter bergauf (auch 1.800 bergab, aber die zählen nicht!). Die letzte wirkliche Herausforderung auf der Tour.

Wir sind gespannt!

Auf dem Dach der Tour

Tag 391 der Radweltreise. 109 km vom Warren Farmstay nach Braidwood. Königsetappe mit viel Feldweg und Gegenwind

Gut, das richtige Dach der Tour war in China, auf über 3.000 Metern Höhe.

Aber für Australien haben wir heute das entsprechende Dach der Tour erreicht: Immerhin 1.260 Meter. Dazu noch mehr als 100 Kilometer, davon fast 50 km auf Feldwegen. Weniger als 10 Autos zählten wir auf den ersten zwei Dritteln der Etappe. Dafür aber ein halbes Dutzend frisch überfahrener Wombats und ebenso viele Kanguruhs. Und denken uns unseren Teil: Wer selbst für ein Gruppe Radfahrer nicht bremst, macht das nie und nimmer für ein paar Tiere, die es in Australien sowieso en masse gibt. Kenne ich aus meiner oberpfälzer Heimat: Umso dümmer die Bauern, desto dicker die Autos.

Roadkill nennt man das in der englischsprachigen Welt. Immer wieder traurig. Und ziemlich vermeidbar. Es sei denn, man muss einen Feldweg mit 100 km/h entlangbrausen. (s.o.)

Nach 60 Kilometern ist dann das Schlimmste vorbei, denken wir uns. Verspeisen die Reste der gestrigen Lammkeule, freuen uns auf die Abfahrt. Noch ein paar Kilometer Piste, dann aber nur noch tendenziell bergab!

Nun, es ist etwas zäh, weil der Wind von vorne kommt und die Gegensteigungen zwar nur jeweils ein gutes Dutzend Höhenmeter ausmachen, aber ziemlich nerven!

Wie auch immer, wir rollen rechtzeitig vor Sonnenuntergang – inzwischen mit 17:30 Uhr recht früh – in Braidwood ein und freuen uns auf den Ruhetag.


Unsere kleine Farm

Tag 390 der Radweltreise. 40 km von Cooma zum Warren Farmstay

40 km, das klingt nach gemütlichem Radeln. Dementsprechend lassen wir uns Zeit. Gönnen uns ein ausgiebiges Frühstück. Kaufen im erstaunlich quirrligen Cooma Vorräte für die nächsten Tage. Genießen die Sonne.

Und haben dann doch ein gutes Stück Arbeit! Immerhin fast 1.000 Höhenmeter verstecken sich auf den 41 Kilometern. Nichts Spektakuläres, aber eben ein ewiges Auf-und-Ab. Landschaftlich durchaus gewinnend. Aber nur in Teilen vergnügungssteuerpflichtig!

Umso überraschend der „Farmstay“, von mir in aller Vorsicht als „etwas einfach“ angekündigt.

Zur Begrüßung gibt es erst einmal eine gemischte Käse-Wurst-Platte, die für mehr als 10 Personen gereicht hätte. Die gönnen wir uns zusammen mit dem Schmutzbier, während die Sonne langsam hinter den grünen Hügeln verschwindet.

Dann wird der Kamin angefeuert und das Abendessen kredenzt: Lammkeule aus eigener Zucht, Salat, Kartoffelauflauf, Bohnen und als Nachtisch Griespudding mit Eis und Sahne.

Dann noch die Milchstraße, eiskalt am Abend und dennoch ziemlich spektakulär.

„Gute Nacht, Elly!“

„Gute Nacht, Michael!“

„Gute Nacht, Andrew!“

„Gute Nacht, Volker!“

„Gute Nacht, HaJü!“

„Gute Nacht, Jutta!“

„Gute Nacht, Manfred!“

„Gute Nacht, alle!“, sagte Wendy, unsere Gastgeberin


Australien 15+1: Mitbewohner (12)

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Nicht nur als Wild- und Nutztiere haben Kängurus den Kontinent erobert: Auch als Haustiere erfreuen sie sich größter Beliebtheit.

Kängurus sind dabei keine Haustiere im eigentlichen Sinne, die man im Geschäft einkauft und mit denen man Stöckchenfangen spielen kann. Vielmehr sorgen wildlife carer nach einer speziellen Ausbildung für verletzte und verwaiste Tiere.

Diese Ausbildung ist auch für das ganz normale Fußvolk erschwinglich, sodass sich regelrechte Kommunen entwickelt haben, die sich um die Tiere kümmern. Das ist auch nötig, denn gerade verwaiste Kleintiere sind ausgesprochen pflegeaufwendig. Alle paar Stunden – auch nachts – müssen sie gefüttert und vor den Gefahren der großen weiten Welt beschützt werden. Auch das ist alles andere als einfach, denn Kängurus sind empfindliche Tiere. Morgens hüpfen sie noch fröhlich durchs Gras, abends sehen sie ihm schon von unten beim Wachsen zu – kein Einzelfall.

Das Zusammenleben mit Kängurus ist entzückend. Offiziell heißt es, man solle den Tieren keine Zuneigung entgegenbringen, um sie nicht zu vermenschlichen. »Bullshit«, lautete der einhellige Kommentar aller wildlife carer, mit denen ich gesprochen habe. Viele der Jungtiere sind ohnehin sehr zutraulich. Mögen sie einen Menschen, werden sie versuchen, mit großer Ernsthaftigkeit zu putzen oder sich mit ihm durch Klicklaute zu unterhalten.

Roos sind keine lauten oder aufdringlichen Tiere, und wenn man doch mal seine Ruhe braucht, kann man sie in einen Beutel packen, in dem sie sich für die nächsten Stunden pudelwohl fühlen. Bonus einer kleinen Armee aus Kängurus im Hinterhof: Man braucht keinen Rasenmäher mehr (und auch keinen Dünger).

Auszug aus: Australien 151 – Porträt der großen Freiheit in 151 Momentaufnahmen, Markus Lesweng, Conbook Verlag