Genug, damit alle satt sind

Gedanken zur Landwirtschaft in China am Radweltreisetag 219
Seit dem 11. August (Radweltreisetag 133) reisen wir nun von Nord nach Süd durch die Volksrepublik China, durch Städte und Dörfer, durch Felder und Wälder.
Wir sehen Menschen, Tiere und Maschinen beim Bearbeiten von großen und kleinen Äckern, beim Pflanzen und Ernten. Wir fotografieren Felder, Obstplantagen und Gewächshäuser auf klitzekleinen und z.T. riesigen Flächen.

In allen Orten wird Gemüse, Obst und Fleisch zum Kauf feilgeboten. Das Angebot der Küchen in den großen und kleinen Restaurants sowie in den „Nudelbuden“, wie wir sie liebevoll nennen, ist frisch und vielfältig.

Hunger ist wohl im heutigen China nur noch eine Erinnerung an früher, trifft aber auf die Gegenwart absolut nicht zu.

Aber wie funktioniert Chinas Landwirtschaft heute eigentlich?
Die Frage bewegte uns öfter und so haben wir uns endlich auch mal näher damit befaßt.

Ja klar, im „WWW“ und in Wikis etc. pp läßt sich vieles nachlesen, aber frag mal die Menschen vor Ort, wenn Dein Wortschatz nach Guten Tag, Danke und Bitte am Ende ist.

Fangen wir also erst mal beim „WWW“ an und beginnen mit den ersten Tagen der VR. Im Kaiserreich war ja z.B. der Besitz absolut klar geregelt, denke ich. Danach wogte es hin und her und irgendwann siegte die Volksbefreiungsarmee mit dem Genossen Mao Zedong an der Spitze.
Natürlich orientierte sich die KP Chinas unter ihm auch erst mal am sozialistischen Nachbarn im Norden. Aber nicht lange.

„In einer ersten Phase nach Ausrufung der Volksrepublik wurde eine Bodenreform von 1949 bis 1952 durchgeführt, bei der fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche an etwa 120 Millionen Bauern verteilt wurde. Großgrundbesitzer wurden enteignet.

Die Abkehr vom sowjetischen Vorbild leitete Mao Zedong mit seiner Rede über die Zehn Großen Beziehungen im April 1956 ein. Er initiierte im Mai 1957 die Hundert-Blumen-Bewegung, um die Intelligenz zu mobilisieren. Als der Aufruf zu gesunder Kritik auch zu Kritik an der Partei und einzelnen Parteiführern führte, reagierte die Partei mit der Kampagne gegen Rechtsabweichler, in deren Rahmen 400 Kritiker hingerichtet und eine halbe Million Menschen in Arbeitslager verschleppt wurden. Die Abwendung von der Sowjetunion wurde im Jahre 1958 endgültig, als der Große Sprung nach vorn verkündet wurde. Im Rahmen dieser Kampagne wurde fast die gesamte Landbevölkerung in 26 000 Volkskommunen zusammengefasst und nach militärischen Prinzipien organisiert. Sie sollten Landwirtschaft und Schwerindustrie als „Produktionsschlacht“ gleichzeitig vorantreiben. Planungsfehler, Chaos und Naturkatastrophen führten jedoch dazu, dass in den drei bitteren Jahren von 1960 bis 1962 etwa 30 Millionen Menschen verhungerten. Liu Shaoqi übernahm von 1963 bis 1964 die Aufgabe, die Wirtschaft zu konsolidieren.
Im Jahre 1968 begann die Aufs-Land-Bewegung, mit der 15 Millionen junge Städter zur Arbeit in der Landwirtschaft abkommandiert wurden. Staatspräsident Liu Shaoqi sowie zahlreiche andere hohe Parteifunktionäre wurden als Revisionisten kritisiert und ihrer Ämter enthoben.

Nach Gründung der Volksrepublik China blieb für etwa 20 Jahre die Urbanisierung künstlich auf einem sehr niedrigen Stand eingefroren, was in der Welt einmalig ist. Nach Ende der Kulturrevolution im Jahre 1978 lebten 17,9 % der Einwohner Chinas bzw. 170 Millionen Menschen in Städten. In einer Phase der Wiederbelebung der Städte von 1978 bis 1995 wuchs die Stadtbevölkerung auf 30,5 % der Gesamtbevölkerung. Darauf folgte eine Phase des schnellen Wachstums der Städte, so dass im Jahre 2013 etwa 730 Millionen Menschen bzw. 53,7 % der Bevölkerung des Landes in Städten lebten. Die Auslöser hierfür waren die Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft, die Menschen in Tätigkeiten mit niedriger Produktivität freisetzte, und die Industrialisierung, die Menschen zu Tätigkeiten mit höherer Produktivität anzog. Somit war die Urbanisierung ein wichtiger Faktor zum Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahrzehnten. Bis 2020 wird ein Wachstum der Urbanisierung auf insgesamt 60 Prozent erwartet.

Trotz des schnellen Wachstums der urbanen Gebiete ist es in China gelungen, die Bildung von Slums und Infrastrukturüberlastung wie in anderen Entwicklungsländern zu vermeiden. Trotzdem ist auch China von den negativen Begleiterscheinungen einer schnellen Urbanisierung, wie Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen, Umweltverschmutzung und inadäquater Entschädigung bei der Enteignung von landwirtschaftlichen Flächen, betroffen. Problematisch ist die ungleiche Behandlung von internen Migranten, die vom Land in die Stadt ziehen, insbesondere die der 260 Millionen Wanderarbeiter in den großen und mittleren Städten. Das im Jahre 1958 eingeführte Hukou-System benachteiligt Menschen, die in Dörfern registriert sind, beim Zugang zu städtischen Dienstleistungen wie Gesundheitsvorsorge und Bildung; das System wird nur langsam reformiert.

Ende 2016 lebten noch 3,14 Prozent der ländlichen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, wovon etwa 43,4 Millionen der rund 1,4 Milliarden Einwohner Chinas betroffen sind. Laut einer Regierungserklärung soll es in China bis 2020 keine Armut mehr geben. Ab 2004 ergriff die chinesische Regierung massive Maßnahmen, um die Armut auf dem Lande gezielt zu bekämpfen. Der Etat für die Landwirtschaft sowie die Tariflöhne für Bauern wurden erhöht, der Aufbau neuer sozialistischer Dörfer angeordnet und Subventionen für Unternehmer bei der Schaffung von Arbeitsplätzen durch Ansiedlung von Industrie und Gewerbe in ländlichen Gebieten gewährt. Seit 2012 wird versucht, das Wirtschaftswachstum auf die Basis der Inlandsnachfrage zu stellen, um einerseits weitere Arbeitsplätze zu schaffen, anderseits um von Exporten und Investitionen unabhängiger zu werden.

Seit das Ausmaß und die Folgen der Umweltschäden nicht mehr zu übersehen sind, steht das Thema Umweltschutz bei der chinesischen Regierung ganz oben auf der Agenda. Ziel ist es, die wirtschaftliche Entwicklung umweltverträglich zu gestalten. Dass dies keine einfache Aufgabe ist, wird unter anderem vom WWF anerkannt: China hat fast ein Fünftel der Weltbevölkerung zu ernähren – und das mit vergleichsweise knappen Ressourcen. Das Land verfügt nur über neun Prozent der weltweit landwirtschaftlich nutzbaren Fläche, und nur über sechs Prozent der globalen Süßwasservorräte.

[https://de.wikipedia.org/wiki/Volksrepublik_China]

Lesenswert hierzu ist auch dieser Artikel aus dem Jahre 2009 von China Radio International über
„Die Erfolge der landwirtschaftlichen Entwicklung seit Gründung der VR China

Die Ernährung der Bevölkerung war oft ein großes Problem in China. Long Yongtu wurde 1943 in der zentralchinesischen Stadt Changsha geboren. Heute ist er Generalsekretär des Boaoer Asien-Forums. Long Yongtu erzählt uns, die meisten Chinesen in seinem Alter hätten sicher an Hunger gelitten:

„Unsere Generation litt häufig an Hunger. Das war für uns eine schwierige Zeit. Damals war das Nahrungsmittelangebot nicht ausreichend. Deshalb kochten und aßen wir meist Kürbis. Bis heute fühle ich mich noch unwohl, wenn ich den Geschmack von Kürbis rieche.“

Die chinesische Regierung erhöht seit Jahren die Subventionen für die Landwirtschaft. Die bereitgestellten Gelder fließen hauptsächlich in den Getreideanbau und in den Kauf von landwirtschaftlichen Geräten. 2007 betrugen die Subventionen aus dem staatlichen Haushalt für die Landwirtschaft mehr als 60 Milliarden Yuan RMB. Gleichzeitig wurde auch die weitere Unterstützung der Landwirtschaft in großem Maße verstärkt. So wurden beispielsweise die Ankaufspreise für Getreide weiter erhöht. Gleichzeitig wurden die Reserven an Getreide, Speiseöl und Schweinefleisch ausgebaut. Die Getreideanbaugebiete wurden zusätzlich unterstützt. Ziel ist es, ein Einkommenswachstum der Landwirte gewährleisten zu können. Zudem hat die chinesische Regierung weitere Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung und der wirtschaftlichen Entwicklung in ländlichen Gebieten ergriffen. Dazu zählen unter anderem die tatkräftige Unterstützung von Unternehmen auf dem Land und ein erhöhter Einsatz zur Förderung der Beschäftigung von ländlichen Wanderarbeitern in Städten. Vor acht Jahren begann die chinesische Regierung zudem, die Landwirtschafssteuer allmählich zu reduzieren, bis sie schließlich im Jahr 2006 komplett erlassen wurde. Eine historische Maßnahme, wurde die Landwirtschaftssteuer schließlich mehr als 2.600 Jahre lang erhoben! Seitdem wird die chinesische Bauernschaft jährlich um mehr als 130 Milliarden Yuan RMB entlastet.

Gleichzeitig wurde das vorhandene Modell zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft entsprechend der aktuellen Situation angepasst. So wurde auch die moderne Landwirtschaft verstärkt gefördert. Die Modernisierung der landwirtschaftlichen Maschinen und die Einsparung von landwirtschaftlichen Ressourcen werden tatkräftig unterstützt. Mehr als 60 Prozent der Ackerflächen in China werden aktuell maschinell genutzt. Dabei werden in einigen Regionen auch fortschrittliche Bewässerungsmethoden wie etwa das Wassersprengen und die Rieselbewässerung angewandt.

Angaben zufolge soll bis zum Jahr 2020 das Nettoeinkommen der Landwirte gegenüber 2008 verdoppelt werden. Gleichzeitig soll das Konsumniveau in den ländlichen Gebieten auf ein höheres Niveau gebracht werden. Dadurch soll das Vorkommen von extremer Armut im Großen und Ganzen beseitig werden. Die chinesische Regierung und die chinesische Bevölkerung bemühen sich gemeinsam darum, diese Ziele zu erreichen.
[http://german.cri.cn/1927/2009/05/27/1s115268.htm]

„Jemand hat einmal die Frage gestellt: „Wer ernährt die Chinesen?“ Darauf antworten die chinesischen Führer und Agrarexperten: „Die Chinesen ernähren sich selbst.“ Chinas Landwirtschaft erfährt seit Beginn der Reformen auf dem Land im Jahr 1978 eine schnelle Entwicklung. Die wesentlichen Reformmaßnahmen waren folgende:

— Ein vertragsgebundenes Verantwortlichkeitssystem auf der Basis der Haushalte wurde eingeführt. Die Bauern bekamen wieder das Bodennutzungsrecht und entschieden selbst, was sie anbauen und wie sie mit ihren Produkten umgehen wollen.

— Das System des zentralisierten und zugewiesenen Aufkaufs wurde abgeschafft, die Preise für die meisten landwirtschaftlichen und nebengewerblichen Produkte wurden freigegeben.

— Zahlreiche restriktive politische Richtlinien wurden aufgehoben. Die Bauern können diversifiziert wirtschaften und Unternehmen gründen, was ihre Initiative zur Produktion stimulieren soll. Durch die Reform wurden die Produktivkräfte auf dem Land freigesetzt und gefördert, ein schnelles Wachstum der Landwirtschaft, insbesondere der Getreideproduktion, ermöglicht und die Landwirtschaftsstruktur verbessert. Infolgedessen hat die Landwirtschaft Chinas Erfolge erzielt. Zurzeit nimmt China bei der Produktion von Getreide, Baumwolle, Ölpflanzen, Obst, Fleisch, Geflügel und Eiern, Fischerei- und Algenprodukten sowie Gemüse weltweit den ersten Platz ein.

Mit der Entwicklung der Agrarproduktion stieg auch die verfügbare Menge der Erzeugnisse pro Kopf der Bevölkerung. Im Jahr 2005 entfielen auf jede Person 371 kg Getreide, 47,2 kg Schweine-, Rind- und Hammelfleisch, 21,1 kg Milch und 39,2 kg Fischerei- und Algenprodukte, was über dem internationalen Durchschnitt liegt.
[http://german.china.org.cn/china/china2006/txt/2007-01/19/content_7681356.htm]

Wer immer noch mehr dazu nachlesen will, liest z.B. hier
„China modernisiert Landwirtschaft durch Reformen und Innovation“ (03. 02. 2015, [http://german.china.org.cn/china/2015-02/03/content_34720986.htm] )
und hier weiter
https://www.eu-china.net/uploads/tx_news/Landwirtschaft_in_China_-_Zwischen_Selbstversorgung_und_Weltmarktintegration.pdf)

Soweit wissenswertes im großen groben Überblick.

Während der kleinen Autorundfahrt durch die Reisterrassen am 23.10. nutzten wir die Gelegenheit, Xiao Lei zur Situation zu fragen, kommt er doch auch aus einer Familie, die Landwirtschaft betreibt und er hat dort selbst beim Reisanbau hart mitgearbeitet.
Dank Isabelle hatten wir da mal kein „Sprachproblem“.

Was hab ich dabei gelernt?

Land besitzt in China nur der Staat.
Das Land wir von der Regierung für 30 Jahre an die Bauern verpachtet. Danach kann der Vertrag erneuert werden oder auch nicht.
In bestimmten Regionen ist sogar die Pachtzahlung ausgesetzt und es gibt Zuschüsse für die Bauern, um die weitere Abwanderung in die Städte zu verhindern.
Die Größe der zugewiesenen Felder ist i.d.R. abhängig von der verfügbaren Fläche um das Dorf und von der Anzahl der Bauern.
Jeder Bauer bewirtschaftet normalerweise nur sein eigenes Land.
Auch „Besitz“ großer und mehrerer Felder ist möglich einschl. der Beschäftigung von weiteren Landarbeitern/innen.
Auf den Reisterrassen ist nur eine einzige Ernte pro Jahr möglich. Die Hauptarbeitsmonate sind die von April (säen, pflanzen, …) bis Oktober (Ernte).
Die Arbeit ist körperlich sehr schwer und anstrengend. Xiao Lei erinnerte sich lebhaft, daß sie früher auch Ochsen und Wasserbüffel einspannten.
Jetzt, seit vermehrt Pestizide und Kunstdünger im Einsatz sind, sind auch die Erträge deutlich höher.
Auf den Reisfeldern werden gleichzeitig auch Fische (insbesondere Aale) und Enten gehalten. „Die Enten fressen die Würmer usw. und düngen das Wasser, was auch den Fischen nutzt.“ Übrigens, die Fische müssen so groß sein, daß sie nicht von den Enten gefressen werden können. 😉
Die Ernte darf komplett selbst verbraucht, aber auch teilweise verkauft werden. Es gibt keine Pflichtabgaben (mehr).

Ja, und dann begleiten uns ja auch noch Xiao Luo (ihr Mann Xiao Ding hatte zuerst ab der Einreise den kleinen Bus gefahren) und ihr Schulfreund Xiao Luo (der jetzt das Lenkrad in der Hand hat und oft halsbrechrisch auf dem Autodach herumturnt, wenn Fahrräder dort transportiert werden müssen), die ebenfalls aus einem kleinen Landwirtschaftsbetrieb kommen. Die China-By-Bike-Begleitung ist schließlich nicht ihr Haupterwerbsjob.
Endlich fanden wir Zeit, auch die zu befragen. Hier half uns dann Volker beim Sprachmitteln.

Der kleine Familien-„Betrieb“ bewirtschaftet etwa 3 ha Land und das schon sehr lange und sehr erfolgreich. Er hat auch die Zeit der „Kulturrevolution“ ohne große Probleme überstanden.
Für das Land zahlen sie eine kleine jährliche Pacht. „Fördergeld“ vom Staat gibt es nicht und benötigen sie auch nicht.
Sie können von dem, was sie anbauen und verkaufen, gut leben.
Übrigens, in der Zeit von August bis September/Oktober ist der Arbeitsaufwand nicht sehr hoch, so daß sie gern und mit viel Engagement die CBB-Radreisen begleiten (können).
Spezialität und Hauptprodukt ist Tee, der bei ihnen insbesondere als Tee-Baum wächst. Teesträucher gibt es auch, aber weniger als Bäume. Das ist nicht so aufwendig, erzählt sie, aber der Ertrag ist auch nicht ganz so hoch und es kann nicht so oft geerntet werden, wie bei den Sträuchern.
Aus den geernteten Teeblättern wird vor allem der berühmte (und z.T. richtig teure!) Pu-Erh-Tee (chinesisch 普洱茶, Pinyin pǔ’ěr chá, english Pu’er tea) hergestellt.
Wer mehr darüber wissen will, sollte hier nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Pu-Erh-Tee oder auch https://en.wikipedia.org/wiki/Pu%27er_tea.
Sie legen Wert auf möglichst ökologische Bewirtschaftung des Landes, auch wenn hin und wieder nicht nur Naturdünger eingesetzt werden kann.

Neben Tee wird auch Gemüse angebaut und das eine oder andere Nutztier läuft ums Haus herum, aber beides meist nur zum Eigenbedarf. Der ganze „Betrieb“ besteht aus nur 3 Menschen, wobei auch die Kinder ab und zu mit zupacken. Sie tun das gern, sagt Xiao Luo und sie ist sicher, sie werden irgendwann alles von den Eltern übernehmen.
In Zeiten mit überdurchschnittlich viel Arbeit stellen sie vorübergehend Helferinnen und Helfer aus der näheren Umgebung ein, z.B. bei der Ernte. Das können dann durchaus 50-60 Leute sein!

Die gepflückten Teeblätter werden in Zusammenarbeit mit Partnern und darauf spezialisierten Betrieben durch diese weiter verarbeitet, also getrocknet, ggf. fermentiert und vor allem in die verschieden großen Formen gepreßt, verpackt und etikettiert. Wieder andere helfen dann bei der Vermarktung und der Lieferung in die Tee-Läden großer (ja, auch Peking und Shanghai!) und kleinerer Städte. So verdienen alle Beteiligten an den Produkten, deren Veredlung und Vermarktung. Chinesische sozialistische Marktwirtschaft sozusagen. 😉

Tee, muß man(n) wissen, ist in China eher nicht ein Alltagsgetränk, auch wenn alle hier mit den obligatorischen kleinen Thermoskännchen unterwegs sind. Da drin sind zwar auch Teeblätter, aber eher nicht vom allerfeinsten oder auch Hirsekörner oder spezielle Blüten u.v.a.m.
Edler Tee ist richtig teuer und wird in ganz besonderen Zeremonien zelebriert und genossen.
Wie bei gutem Wein gibt es auch beim Tee Lagerbestände mit ganz besonderer Qualität, die – je älter desto besser – sogar an Wert (gemessen in Qualität aber auch in Yuan) wachsen.

So, und nun – Chinalandwirtschaftsbilderbuch auf:

Zwischen Berg und tiefem tiefem Tal … (Satire gehört auch zu einer Radweltreise)

Hallo Blogleserinnen und -leser an den Bildschirmen im Büro und zu Hause.

Seid ihr schon mal 100 km am Stück an einem Tag geradelt? Die meisten bestimmt, oder? Oder doch nicht?
Auch schon mal einen richtig hohen Berg hinaufgeradelt? Schieben gilt nicht! Aber sicher doch. Auch über mehrere hundert Meter hoch auf einen Rutsch, zum Beispiel über einen Paß? Ja? Na also.
Auch mal gleich 3 Pässe an einem Tag hintereinander? Naja, nicht alle von euch, aber doch einige, oder?

Volker wird noch über unseren heutigen Radeltag von Menglun nach Mengla berichten.
Das war nämlich so ein „98.4km +1615m -1516m über 3 Pässe“-Tag.
Grafisch sieht das dann so aus:


Das radelt die Gruppe zwischen 8.15 Uhr und 17 Uhr rauf und runter. Ich „muggel“ da immer weit hinterher, würde unsere Hamburger Radelfreundin Locke es treffend beschreiben, aber die anderen sind da meist sehr geduldig.
Wenn ich keinen Bock auf permanentes Bergauffahren hatte, war der kleine Bus zur Stelle. So eine zusätzliche „Auszeit“ tut auch gut. 🙂
Ich hab einen riesigen Respekt und ganz viel Ehrfurcht, wie die anderen alle mit viel weniger Bus-„Pausen“ die Berge hinaufstrampeln.
Chapeau! Reinold muß ich hier unbedingt explizit erwähnen, der Tag für Tag zäh und stets mit seinem liebenswürdigen Lächeln jeden Berg bezwungen hat und das Innere des Busses nur braucht, um sich dort z.B. einen Apfel zu holen!

Hier eine kurze Zusammenfassung der Tagestouren seit Ybin (3. Oktober) bis Jinghong (31. Oktober):

Yibin-Suijiang: 92.8km, +982m, -776m
Suijiang-Guixi: 74km, +504m, -519m
Guixi-Leibo: 76.7km, +1592m, -675m
Leibo-Zhaojue: 125.9km, +2139m, -1281m (s.a Blog „Träck-Fehler …“ )
Zhaojue-Xichang: 101.5km, +1411m, -1876m
Xichang-Puge: 81.1km, +1297m, -1415m
Puge-Qiaojia: 84.5km, +919m, -1502m
Qiaojia-Dongchuan: 111km, +1511m, -1198m, im Minibus aber auf demselben Trail aufgezeichnet
Dongchuan-Hongtudi: 47.8km, +1575m, -263m, im Minibus aber auf demselben Trail aufgezeichnet
Huangtudi-Xundian: 89.8km, +1275m, -1919m, im Minibus aber auf demselben Trail aufgezeichnet
Xundian-Shilin: 121.8km, +1416m, -1495m, im Minibus aber auf demselben Trail aufgezeichnet
Shilin-Huaning: 113.5km, +1251m, -1401m, ca. 35 km im Minibus aber auf demselben Trail aufgezeichnet
Huaning-Jianshui: 111.8km, +1063m, -1382m
Jianshui-Yuanyang: 78.7km, +808m, -1826m
Yuanyang-Titian: 38.6km, +1576m, -84m
Titian – Lvchun: 98.4km, +1767m, -1862m (alle im Bus, aber auf anderem Trail aufgezeichnet, Höhenmeter unten nicht mit gezählt)
Lvchun-Daheishan: 102.5km, +957m, -2069m
Daheishan-Jiangcheng: 62.9km, +1476m, -841m
Jiangcheng-Kangping: 62.5km, +983m, -1113m
Kangping-Chabolanyuan: 82.7km, +1868m, -1186m
Chabolanyuan-Sanchahe: 109.7km, +1165m, -2034m
Sanchahe-Jinghong: 44,3km, +576m, -644m

Summasummarum = 26.044 Höhenmeter (im Durchschnitt also rund 1300 pro Radeltag) an insgesamt 20 Radeltagen mit 3 Ruhetagen dazwischen.
Uff.
Der ursprünglich vorgesehene Titian-Tagesausflug (43.1km, +764m, -753m) hatte nicht ganz so stattgefunden.
Dafür gab es alternativ/zusätzlich (aber nicht mit allen) die Titian-Xinjezhen_Mittagstour: 21.8km, +354m, -342m.
Ich hab beide oben nicht mitgezählt.

Die Bildchen mit den Tagesprofilen sagen mehr als alle Worte (hoffe ich).
Profilnotizbuch auf:


Ich gebe zu, mich haben diese Anforderungen überrascht, u.a. weil ich mich vorher nicht umfassend auf dem Weltatlas über die „Geografie“ informiert hatte. Tja, Volkers Hinweis, daß wir ja über die Ausläufer des Himalaya radeln, stimmt.
Meinereiner hatte sich zu sehr auf die Reiseinfos des Veranstalters verlassen.
Da steht zum Beispiel sowas: (http://around-the-world.bike/reiseverlauf/transasien-teiletappe-xian-singapur#Details)
„…
Allgemeine Informationen
Konditionelle Anforderung
Unsere Tagesetappen von durchschnittlich 80 bis 160 Kilometern sind für jeden Radler, der über ein wenig Tourenerfahrung verfügt, zu schaffen. Wichtig für uns ist, nicht in Rekordzeit das Tagesziel zu erreichen, sondern miteinander zu reisen, und es wird für uns kein Problem sein, auf nicht ganz so starke Fahrer und Fahrerinnen Rücksicht zu nehmen. Wir wollen die Städte und Landschaften erfahren und uns mit der Geschichte und Gegenwart so verschiedenartiger Regionen auseinandersetzen.“

Oder im allgemeinen Teil (http://china-by-bike.de/reiseland/infos.php#kondi)
„…
Konditionelle Anforderungen
Unsere Radtouren sind für Leute geeignet, die über eine mittlere bis gute körperliche Kondition verfügen. Das Streckenprofil verlangt keine sportlichen Höchstleistungen, ist aber für gänzlich untrainierte Radfahrer weniger geeignet. Zu Ihrer Orientierung sind die Touren in drei Kategorien eingeteilt, abhängig von durchschnittlicher Länge und Geländeprofil der Etappen; die Tagesausflüge gelten dabei nicht als Etappen. Die Einteilung erfolgte aus den Aufzeichnungen mittels GPS.
– Geruhsames Radeln auf großteils ebenen Strecken. Streckenlänge im Schnitt unter 40 km und unter 400 Höhenmetern pro Tag.
– Etappen sind länger und es sind Steigungen zu überwinden. Streckenlänge im Schnitt um 60 km und unter 800 Höhenmetern pro Tag.
– Anspruchsvolles Radeln mit längeren Anstiegen. Streckenlänge im Schnitt um 80 km und um 1.000 Höhenmeter pro Tag.“

Nun gut. Evtl. fehlt da ein vierter Anstrich. 😉

Nach dem Lesen der Tagesübersicht oben, sagt selbst, ist das noch eine Radreise oder doch eher eine Radsportveranstaltung?
Hand hoch, wer jetzt nach der Ministatistik sagt, daß er oder sie auch gern diese Etappen gebucht hätte, wenn er/sie diese Zusatzinfo vorher gehabt hätte.
Hand hoch, wer der Meinung ist, nun erst recht nicht!
Blog-Kommentare dazu jederzeit willkommen. 😉

Vielleicht sollten wir uns auch mit ganz anderen Maßstäben messen?!

Es gibt da z.B. eine „Liste der höchstgelegenen Bergwertungen der Tour de France:
„Die Liste der höchstgelegenen Bergwertungen der Tour de France stellt alle 27 Bergwertungen dar, die ab 2.000 Meter über dem Meeresspiegel abgenommen werden und Teil einer Tour de France-Etappe waren. …“
Lest mal nach. Viel Vergnügen.
[https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_h%C3%B6chstgelegenen_Bergwertungen_der_Tour_de_France]

Unter https://www.radsport-news.com/sport/tour_de_france_2018.htm ist u.a. über die Tour de France 2018 zu lesen
„… Ein Spektakel verspricht auch die 17. Etappe von Bagnieres-du-Luchon nach Pla d´Adet, die auf ihren nur 65 Kilometern nicht weniger als 38 Kilometer bergauf führt.“

Ein Spektakel, so so. Unsere Bergetappe zu den Reisterrassen hinauf (Yuanyang-Titian) war auch 38.6km lang und hatte immerhin 1576m Höhenmeter.
Vive la Radweltreise.

Weil es so schön war, hier noch ein paar Fotos von Bergen und tiefen tiefen Tälern:

Eine ruhiges und nettes grünes Städtchen

Bilderbuch am 210. Radweltreisetag in Jiangcheng, sonnig und ein wenig bewölkt mit Gewitterregen am Nachmittag – ideales Ruhetagswetter

Kein Tempel, keine „Scenic Area“, die Bücher und Broschüren im Hotelzimmer scheinen alle auf die nähere Umgebung des Orte zu verweisen – wenn man(n) es lesen könnte – ein ideales Städtchen für einen Ruhetag. Einfach mal nix tun und sich vom Tag vor sich hin treiben zu lassen. Zum Beispiel beim Schlendern „ums Hotel herum“. Kann ja auch ein größerer „Kreis“ sein, siehe Track unter dem Bilderbuch.

Natürlich hab ich wieder versucht herauszufinden, wo wir sind und was es hier interessantes gibt. Viel war nicht zu finden.
In Hotelnähe weist ein Schild nach PU ER, d.h. da sind wir also nicht und in der Großgemeinde Kangping (lt. Wiki-Info) auch noch nicht, denn da radeln wir morgen erst hin …
Also stütz ich mich auf die wenigen „regionalen“ Infos.
„Jiangcheng (Pu’er)
Der Autonome Kreis Jiangcheng der Hani und Yi ist ein autonomer Kreis in der bezirksfreien Stadt Pu’er im Südwesten der chinesischen Provinz Yunnan. Er hat eine Fläche von 3.476 Quadratkilometern und zählt ca. 90.000 Einwohner (2004). Sein Hauptort ist die Großgemeinde Menglie.
[https://de.wikipedia.org/wiki/Jiangcheng_(Pu%E2%80%99er]
Weiß jemand mehr oder schaut mal kurz auf der regionalen Website (http://www.jiangcheng.gov.cn/) nach?
Im Gang nahe meinem Hotelzimmer hängt ein Foto der Stadt, das ich zusammen mit einem Plan vom Zimmerschreibtisch raubkopiert habe.

Kommt einfach mit ins dicke Bilderbuch vom Stadtbummel. Schade nur, daß ich keine Tonaufnahmen gemacht habe. Mal keine überlaute Straßenszene, sogar sehr selten Hup-„Traffic“. Nette entspannte Menschen aller Altersgruppen und kontaktfreudige junge Leute, die sogar mutig ihre englisch-Kenntnisse ausprobieren, also mehr als das stereotype „Hello“ beim Erblicken von Langnasen. Ach wie schade – schon wieder und immer noch – daß wir so gar keine Chance haben, miteinander zu sprechen und mehr über einander zu erfahren. 🙁
Die Begegnungen bleiben trotzdem alle in sehr guter Erinnerung.
Die Stadt, wie immer sie auch konkrekt direkt vor Ort hier heißt, ist einen Bummel wert und versinkt in einem wundervollen grünen Blätter-Meer, das abends auch noch effektvoll ins nächtliche Licht gesetzt wird.

Jiangcheng-Bilderbuch auf:



Mehr Ruhe, Reis und etwas zu viel Chili

Eine faszinierende Landschaft: Die Honghe Hani Reisterassen

Von Peter:

Bilderbuch am 206. Radweltreisetag in Titian bei den Reisterrassen der Hani, mal sonnig, dann stark bewölkt bis dauerregnerisch

Hallo ihr Blogleserinnen und -Leser im WWW.
Drei erholsame Tage nach 19.319 Höhenmetern an 15 Radeltagen mit nur 2 Ruhetagen dazwischen seit Ybin mitten in den Reisterrassen der Hani haben uns gut getan.
Dicke Wolken waren um uns, zeitweilig auch ein paar Stunden Sonnenschein und zuletzt viel Regen.
Wir haben die Zeit genutzt und uns im Weltkulturerbeobjekt „Honghe Hani Reisterrassen“ umgesehen.
Beim Rundgang am Hang des Hotels sowie bei einer kleinen Fahrradtour und einer Autotour mit Xiao Lei ist das nachfolgende Bilderbuch entstanden.

Wie üblich, zuerst wissenswertes mit den Optionen, noch mehr nachlesen zu können.

Die Honghe Hani Reisterrassen wurden vor 5 Jahren von der UNESCO in die Liste der Weltkulturerbeobjekte aufgenommen.
Die UNESCO schreibt dazu u.a.:
Cultural Landscape of Honghe Hani Rice Terraces

The Cultural Landscape of Honghe Hani Rice Terraces, China covers 16,603-hectares in Southern Yunnan. It is marked by spectacular terraces that cascade down the slopes of the towering Ailao Mountains to the banks of the Hong River. Over the past 1,300 years, the Hani people have developed a complex system of channels to bring water from the forested mountaintops to the terraces. They have also created an integrated farming system that involves buffalos, cattle, ducks, fish and eel and supports the production of red rice, the area’s primary crop. The inhabitants worship the sun, moon, mountains, rivers, forests and other natural phenomena including fire. They live in 82 villages situated between the mountaintop forests and the terraces. The villages feature traditional thatched “mushroom” houses. The resilient land management system of the rice terraces demonstrates extraordinary harmony between people and their environment, both visually and ecologically, based on exceptional and long-standing social and religious structures.

Description is available under license CC-BY-SA IGO 3.0
[http://whc.unesco.org/en/list/1111]

„Am 22. Juni 2013 beschloss das Welterbekomitee der UNESCO bei der 37. Welterbekonferenz in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh, die Honghe-Hani-Reisterrassen in der südchinesischen Provinz Yunnan als Weltkulturerbe anzuerkennen. Wortlaut: „Das Volk der Hani hat aus dem dichten Wald ein außergewöhnlich komplexes System bewässerter Reisterrassen geformt“.

In Yunnan sind die Reisterrassen bereits seit 2003 als Schutzzonen im Nationalpark der „Drei parallel verlaufenden Flüsse“ auf der Welterbeliste.

Die sich in der südchinesischen Provinz Yunnan befindenden Honghe-Hani-Reisterrassen haben eine Geschichte von mehr als 1300 Jahren. Bis heute bauen die Einwohner noch auf den Terrassen Reis an.

Die Reisterrassen verteilen sich am ganzen südlichen Ufer des Hong He, beispielsweise in den Kreisen Yuanyang, Lüchun und Jinping des Autonomen Bezirks Honghe der Hani und Yi. Besonders sind die Reisterrassen in Yuanyang mit einer Fläche von 12.6 Tausend ha (ca. 126 Quadratkilometer, Berlin: 883 Quadratkilometer) der berühmteste Teil. Weil Yuanyang eine reiche Quelle, feuchte Luft und wechselhaften Nebel hat, bildet hier immer eine lebendige Landschaft.

Vor 2000 Jahren siedelten die Vorfahren der Hani nach Honghe in Yunnan um und legten dort die erste Reisterrasse auf einem Berghang an. Danach wurden Schritt für Schritt Wasserkanäle gebaut. Durch das Kanalsystem nutzen die Menschen das natürliche Regenwasser der Hochgebirgen zur Bewässerung.

Außerdem züchten sie in den Reisterrassen Fische. Die Reisterrassen bieten den Fischen genug Wasser und Nahrung, beispielsweise Wasserpflanzen oder Insekten. Gleichzeitig erhält der Wasserreis natürlichen Dünger von den Fischen.

Generationen der Hani-Nationalität arbeiten auf den Reisterrassen und streben immer nach einer Balance zwischen Natur und Menschen.

Die Yuanyang-Reisterrassen befindet sich im Kreis Yuanyang, wo man überall steile Bergkette und Hochgebirge sieht. Die Reisterrassen werden auf den ca. 2000 Metern hohen Berghängen, bei 15 – 75 Grad Steigung, mit Stützmauern angelegt.

Die Yuanyang-Reisterrassen bestehen aus drei Hauptlandschaftszone (Duoyishu Reisterrassen, Laohuzui-Reisterrassen, Bada-Reisterrassen) und ein paar Reisterrassen im Kleinformat.
[https://de.wikipedia.org/wiki/Hani-Reisterrassen]

Von Isabelle:

Erwacht vom Plätschern und Scheppern des starken Regens war eigentlich schon morgens klar, dass auch dieser Tag ein nasser werden würde. Dementsprechend wurde selbst unsere kleine, auf den späten Vormittag gelegte „Privattour“ für Peter und Hans, die am ersten Tag nicht mitkommen konnten, in der Hoffnung auf nachlassenden Wolkenguss um zwei Stunden verschoben. Der Himmel aber blieb uns ungnädig und so entschieden wir uns dafür, Xiao Leis Angebot, den kleinen Trip im Auto zu fahren, dankend anzunehmen und ließen uns im kalten Nass brummend übers Huppelpflaster fahren. (Man erinnere sich: Dasselbe Huppelpflaster, das Ingemarie und co. auf dem Fahrrad bis in die Haarwurzeln durchdrang! „Je weiter wir kommen, umso weniger bereue ich, diese Strecke nicht mit dem Fahrrad gefahren zu sein“, kommentierte Peter ganz passend.)

Einer jedoch scheute weder Regen, noch Huppel, rutschigen Boden oder sonstige Gefahren: Reinold machte sich heute trotz aller Widrigkeiten zu einem Spaziergang bis in die untersten Hänge der Reisterrassen auf. Ihn trafen wir auf der Hälfte unseres Weges. Mitnehmen lassen wollte er sich aber nicht; er genoss es, sich nach all den Radkilometern auch einmal einfach nur die Beine zu vertreten.

Für Peter, Hans, Xiao Lei und mich gab es wenig später eine kleine Reisnudelsuppe, die in mühsamer Einzelarbeit (und bewunderungswürdiger Ineffizienz) angefertigt würde und uns eine gute Stunde im feuchtkalten Nudelshop kostete. Lecker schmeckte sie aber! Mit einer weiteren kleinen „Daizou“- (Take Away-) Schüssel ungewohnt durchgekochter Kartoffeln machten wir uns wieder auf den Heimweg.

Später dann machten wir uns mit Transporthilfe eines örtlichen Minibusfahrers auf den Weg in den nächstgelegenen Ort, wo ich ein für einige etwas schmerzhaftes (da ziemlich chililastiges) Essen bestellt hatte. Meiner Meinung nach köstlich, aber ab Morgen dann wieder etwas mund- und verdauungsfreundlicher! Unser interessantes Gericht heute wohl das Innere des Bananenbaumstammes. Morgen geht es dann wohl auskuriert auf den Weg nach Lüchun. Hoffentlich regenfrei!

3-Tage-Reisterrassen-Bilderbuch auf:


Kurze statistische Anmerkung zum ersten Viertel

Huaning-Jianshui war der 200. Radweltreisetag!
Das erste Viertel ist damit (schon) geschafft.

Wenn mein Gedächtnis sich nicht irrt, waren seit dem Start am 1. April insgesamt 27 Radlerinnen mehr als 1 Radeltag dabei. Zur Zeit sind es 11.
Am ersten Tag durch und um Berlin waren mehr als 30 im „Peloton“.
Begleitet wurden wir von 11 Reiseleiter/innen, die sich hoffentlich schon wieder gut von uns erholt haben oder bald erholen können. 😉

Hey – einen herzlichen Zwischenglückwunsch an das CBB-Team und danke danke danke … für die Idee, die Umsetzung und den alltäglichen Einsatz, alle guten Geister in den Begleitfahrzeugen in den jeweiligen Ländern ausdrücklich eingeschlossen.

Bitte schaut doch mal in diesem „Bierbuch der Rekorde“ 😉 nach, ob es so ein Projekt bereits gab. Falls nicht, sollten wir’s vielleicht anmelden …

Auf geht’s – damit ab morgen das nächste Viertel unter die Räder kommt.

Ein ganz besonderer Waldspaziergang

Bilderbuch am 198. Radweltreisetag in Shilin an einem sommerlichsonnigen Montag im Steinwald

Katharina hatte den Steinwald schon angekündigt, heute wollen wir ihn endlich sehen.
Er wuchs ganz in der Nähe des Hotels „Holiday Inn BoSheng Shi“, in dem wir mit angenehmem Komfort eine sehr ruhige Nacht hatten und uns auf noch eine freuen können. 🙂
Nach dem späten Frühstück (denkt euch nur – neben dem obligatorischen Sojamilchspender stand einer mit richtigem Kaffee und sogar richtigen Tee gab es!) wandern wir los.
500 m schräg gegenüber in der LVANG LU (= Grüne Straße, beschriftet in der Sprache der Yi sowie in chinesisch, erfahre ich von Isabelle) sei der Eingang zur „Stone Forest Scenic Area“, so die Auskunft der Insiderinnen an der Hotelrezeption. Im Prinzip ja, aber hinter dem Zaun und das Tor daneben, erklärt ein aufmerksamer Mann in Uniform, dürfen wir nicht passieren.
Wir müssen nämlich erst zum Haupteingang und Tickets erwerben. Der wiederum ist 3,2 km von hier entfernt, mitten in der Stadt … 🙁
Die Rettung naht alle 15 Minuten auf 4 Rädern: Der Linienbus für 2 Yuan pro Langnase. Keine 10 Minuten Fahrzeit.
Am Ticketschalter lernen wir dann ein für uns in China neues Preismodell kennen: 130 Yuan für ein „Full Price Ticket“, 65 für das „Half Price Ticket“ (ab 65) und > 70 freier Eintritt plus 25 für das „Sightseing Vehicle Ticket“ für jede(n).
Nach dem Sicherheits- und Ticket-Check besteigen wir zusammen eins der „Battery Cars“ und fahren – richtig! – genau dorthin, wo wir vor knapp 1 Stunde in den Linienbus gestiegen waren, nun aber auf der anderen Seite des Zaunes. Ätsch.

Nach weiteren 500 m zu Fuß und einem nochmaligen Ticket-Check sind wir endlich in der riesigen Scenic Area und beginnen unseren Waldspaziergang in kleinen Grüppchen oder ganz individuell.
Meinereiner schafft in 4 Stunden (ca. 14 km und nur 155 Höhenmeter 😉 ) große Teile des „Minor-“ und des „Major Stone Forest“, der „Bushao Mountain Scenic Area“ sowie der „Liziyuanqing Scenic Area“ und ich tappe zwischendurch den Weg und die Treppen durch große und kleine Spalten im dichten Steinwaldgestrüpp entlang, auf den der Weiser Richtung „Antique Cliffy Painting“ zeigt (siehe extra-Bilderbuch dazu).

Der Autonome Kreis Shilin der Yi (chinesisch 石林彝族自治县) liegt ca. 120 km südöstlich von Kunming, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Yunnan. Administrativ ist Shilin ein Teil der bezirksfreien Stadt Kunming.
Shilin hat ca. 256.000 Einwohner. Etwa 35 % der Einwohner sind Angehörige ethnischer Minderheiten Chinas, hauptsächlich der Yi-Nationalität.

Shílín (石林, zu deutsch „Steinwald“) ist eine eindrucksvolle Karstlandschaft, die sicher nicht nur die Fachleute der Geodäsie beeindruckt und begeistert. Die bis zu 30 Meter hohen Skulpturen wurden im Lauf der Zeit aus dem Stein herausgespült.

Der Steinwald gehört zusammen mit anderen südchinesischen Karstlandschaften seit 2007 zum Welterbe der UNESCO. Die begründet dies mit zwei Kriterien: Erstens hätten die Karstlandschaften Chinas herausragende ästhetische Qualitäten mit zu großen Teilen intakter Vegetation aufzuweisen und zweitens würden die Karstlandschaften die komplexe evolutionäre erdgeschichtliche Entwicklung der Gegend von vor über 270 Millionen Jahren bezeugen.
[https://de.wikipedia.org/wiki/Shilin_%28Kunming%29, https://en.wikipedia.org/wiki/Stone_Forest]

„Der Steinwald Shilin … stellt die wohl herausragendste Attraktion Yunnans dar. Man vermutet, daß diese Kalksteinformationen vor mehr als 280 Millionen Jahren entstanden sind. Das Gebiet umfaßt heute etwa 26.000 ha, wo sich zahllose Felsen in bis zu 30m Höhe türmen. Das Herz des Areals bildet ein ca. 100 ha großer Bereich, in dem man die Anhäufung der bizarrsten Felsen bewundern kann. Künstliche Pfade führen die Touristen durch ein gigantisches, steinernes Labyrinth.“
[http://www.chinas-weltkulturerbe.de/unesco-weltnaturerbe/park-steinwald-shilin/index.html]

„Als eines der Weltnaturwunder, bietet der Steinwald natürliche Karstgesteinformationen, die einem Wald ähneln. Manche sehen elegant aus, andere sind schroff, aber alle Felsen haben eine ausgeprägte Charakteristik die sie lebensecht erscheinen lässt.
Die Großen Felsen ragen aus dem Grund wie Stalagmiten oder sogar wie Bäume empor und lassen so die Illusion eines Waldes aus Stein entstehen. Jedes Jahr um den 24. und 25. Tag des sechsten Monats nach dem Mondkalender, zelebrieren die Menschen der Yi Volksgruppe ein Fackel-Festival bei dem traditionelle Yi Volkstänze und Ringkampfwettbewerbe ausgetragen werden.“
[https://www.chinarundreisen.com/china-info/top-china-liste/die-10-schoensten-geologischen-parks-in-china.htm]

Wer noch mehr über den Steinwald lesen und lernen will, guckt hier weiter:
http://german.china.org.cn/environment/archive/karst/2007-05/28/content_8311694.htm
http://www.yunnan-china.de/sehenswuerdigkeiten-kunming.html

… und allen, die die Zeit finden für „A Virtual Field Trip to the Stone Forest, Kunming, Republic of China“ sei dies empfohlen:
http://www.uh.edu/~jbutler/kunming/stoneforestkunming.html

Steinwaldbilderbuch auf (da sind übrigens auch Bäume aus richtigen Holz drin!):

Extra-„Antique Cliffy Painting“-Bilderbuch, für alle, die sich nicht vor’m Steinwaldgestrüpp fürchten:


… 12000 13000 14000 15000

Dritte kleine statistische Anmerkung am Ruhetag, heute am 191. Reisetag in Xichang

Kurze Fortschreibung des Eintrags vom 19. August, nach weiteren 50 Reisetagen, also am 191.
Ich stütze mich weiter auf meine Track-Aufzeichnungen des „Mini GPS“.

Wir sind jetzt aktuell bei Reisekilometer 15079. Darin sind auch die 198 Bus-km vom Transfer zum und vom Hustain-Nationalpark in der Mongolei sowie der Transfer zur „Geisterstadt“ (Fengdu, China) und zurück enthalten.

Karin B. blieb bis Xi’an (Reisekilometer 12784) dabei. Stefan fährt seit Chongqing (Reisekilometer 14372) auf eigenen Solowegen Richtung Vietnam weiter. Ich habe bis heute 14417 Radel-km geschafft, die 662 „Buskilometer“ (schlappe 4,3% – pfff …) rausgerechnet.
Von den „Seit-1. April-Berlin-Durchradlern“ Karin B., Stefan und mir bin ich nun seit Chongqing der letzte „Zeitzeuge“, der hier vom Start berichten kann. Gerhard hat mit 12109 auch eine neue Marke überollt. Am 12. Mai bei seinem Start in Moskau stand der Gesamtreisekilometerzähler bei 2970.

In Chongqing, bei Reisekilometer 14273 verließen uns fünf Weltradelmitreisende und zwei kamen neu dazu.
Karin K. war seit dem 29. Juli ab Ulaanbaatar (Km 9783) dabei, also insgesamt 4490 km. Sven stieg bei Km 8597 ab 14. Juli in Irkutsk ein und war 5676 km dabei. Karin L. & Martin R. radelten seit Nowosibirsk (Km 6643), also 7630 km mit.

Alle die seit Xi’an dabei sind haben jetzt auch schon 2295 km hinter sich, die Chongqing-Starter mehr als 800 km. Unsere zeitweilig seit Ybin (km14616) mitradelnden haben aktuell noch viel mehr vor als hinter sich.

In den zurückliegenden Tagen hatten wir ein exorbitantes Wachstum an Höhenmetern.
Dazu führe ich leider keine Gesamtstatistik, aber ihr könnt ja mal die Zahlen an Hand der Track-Infos in den Blog-Einträgen summieren.
Gerhard notiert sich seit Moskau die Werte und von da ab kommen bis heute einige Höhenmeter zusammen:
Am Tag der Einreise China: 38239 Hm
Bei Ankunft Xichang: 79368 Hm
Da ignorieren wir doch glatt die paar Huckel durchs Baltikum und bis Moskau.
Zum Vergleich: Die Mesosphäre reicht als Schicht der Atmosphäre der Erde bis zur Mesopause in 80 bis 85 km Höhe.
Da ist nun definitiv keine „Luft“ mehr nach oben auch wenn der Übergang zwischen Exosphäre und Weltraum erst so nach 500 km beginnt. Wir werden ja auch noch ein paar Tage on Tour sein … 😉
[https://de.wikipedia.org/wiki/Erdatmosph%C3%A4re]

Bei Stadtrundgängen habe ich jetzt insgesamt 223 offiziell gelatschte Kilometer addiert, die individuell durch die Etappenorte spazierten wieder nicht mitgerechnet!

Weiter gehts! Wir sind gespannt auf jeden nächsten Kilo- und Höhenmeter.

Die Theorie vom „Garmin-Träck-Fehler“, Sorgen vor den Höhenmetern und eine einmalig schöne Berg- und Tal-Landschaft

Anmerkung zu „Leibo – Zhaojue: 125.9km (+2139m, -1281m) am 189. Radweltreisetag“

Schon gestern beim Abendessen schwirrten die Streckeninfornationen der bevorstehenden „Horroretappe“ durch den Raum.
Zwischenfrage: Immer noch Radreise (laut CBB) oder doch schon eher eine Sportveranstaltung, z.B. ein Radrennen mit Bergwertung(en)?
Heute morgen vor der Abfahrt kochte die Info-Gerüchteküche immer noch.
Das wird ein hammerharter Radeltag über 125 Kilometer und mit heftig viel Höhenmetern. Aber wieviel genau und ab wann es richtg hinauf geht … Ein GPX-Track und sooo viele Fragen und noch mehr Mutmaßungen.

Der Reihe nach:
Laut CBB-Track-Vorgabe für den 6.10.2018 Leibo-Zhaojue werden 124.5 Fahr-km und +5159m, -4335m ausgewiesen.

Klingt utopisch, nicht? Der Himalaya ist ja garantiert nicht in der Nähe. 😉
Warum sind da eigentlich keine Geschwindigkeitsaufzeichnungen?
Haben wir es hier etwa mit dem bislang unentdeckten oder bisher ignorierten „Garmin-Träck-Fehler“ zu tun?
Daß es bis auf über 2140 m aufwärts geht, war schon erkennbar, aber wirklich erst nach ca. 42 gefahrenen Kilometern. Hm.

Dort fand sich neben der Schule des Ortes eine nette Nudelküche zur Stärkung (Kohlehydrate!) und der Ort der Entscheidung. Wer nimmt den Bus bis auf weiteres und wer radelt einfach weiter.
Isabelle hat über den Tag berichtet. Siehe unten.

Ich hab den Track auf dem GPSMAP64s verfolgt und hatte meinen Spaß damit. Die Richtung zum Ziel Zhaojue war im Prinzip stets eineindeutig, OK. Interessanterweise verlief der Track aber längere Zeit direkt in der Mitte des Flusses links unten (tief unten!) neben der Straße. Ich geh‘ mal davon aus, daß CBB den Weg vorher erprobt hatte und wir nicht die „Testpiloten“ waren, ob man(n) da überhaupt lang fahren kann. War also damals der Trail-Tester oder die Testerin hier womöglich einige Kilometer komfortablerweise mit dem Floß abseits der Straße unterwegs? Oder – bösartige Unterstellung meinerseits – ist der Track in Berlin an PC und Maus-Pad erzeugt worden und blöderweise mitten ins Flußtal verrutscht? Dieser Track tat sich darum insbesondere in den Angaben für’s Höhenprofil extrem schwer.
In dubio pro reo (lat. „Im Zweifel für den Angeklagten“ [https://de.wikipedia.org/wiki/In_dubio_pro_reo]).
Der Trail-Tester oder die Testerin hatte mit dem Navi evtl. wirklich Satellitenempfangsprobleme und zeichnete nur ungenaue Angaben auf. In dieser Schluchtenwelt jederzeit denkbar und zeitweilig am „Navi“ sogar sichtbar, wenn die nötige Satellitenzahl minutenlang unterschritten wurde.
Die Fotobeispiele mit den Profilangaben im Garmin und der Sicht „ins Gelände“ beweisen das für mich. Der „Berg“ im Track war in Wirklichkeit der links oder rechts der Straße.



Insider kennen die endlose Diskussion über die Genauigkeitsunterschiede zwischen Barometrischer Höhenmessung und GPS-basierter Höhenmessung [mehr dazu u. a. hier https://www.bergfreunde.de/basislager/hoehenmessung-mit-gps-oder-barometer/#]

„Um jedoch eine Angabe über die aktuelle Höhe zu erhalten, benötigt der Empfänger dazu das Signal von mindestens 4 Satelliten. Die Genauigkeit dieser geodätischen Triangulation der eigenen Position hängt zudem maßgeblich von der Qualität des Signals ab. Stehen viele Satelliten zur Verfügung, so erhält man ein gutes Signal, da sich der Empfänger die besten, also stärksten Signale raussuchen kann. Empfängt man jedoch lediglich genau vier Satelliten, so kann es sein, dass die Angaben über Position und Höhe sehr stark von den tatsächlichen Werten abweichen.

Das liegt daran, dass sich das GPS-Signal physikalisch ähnlich wie Licht verhält. Wolken schwächen das Signal ab, tiefe Schluchten können den Empfänger sogar komplett isolieren. Auch ein dichter Wald kann das Signal schwächen. Ebenso kann das Signal an Wänden reflektiert werden. Derartige Einflüsse stören das Ergebnis der Positions- und Höhenbestimmung mitunter so stark, dass unterschiedliche Laufzeiten vom Signalgeber zum Empfänger entstehen. Unter Umständen führt dies zu tatsächlichen Positionsabweichungen von bis zu 100 Metern.“
Aha! Ja. Wir radelten definitiv durch gigantische, beeindruckenden Schluchten.

Zurück zur CBB-Track-Vorgabe für Leibo-Zhaojue: 124.5 Fahr-km und +5159m, -4335m
Ergebnis am Tagesende laut Track-Aufzeichnung des GPSMAP64s: Leibo – Zhaojue.gpx: 125.9km, +2139m, -1281m
Auch nicht grad wenig, oder?
Mein Mini GPS maß:
Max Elevation: 2,140 m
Min Elevation: 458 m
3,294 kcal

Die Sorgen am Mittag vor den Höhenmetern waren mit Sicherheit berechtigt und jede(r) im Bus hat sich was gutes getan, nicht diesen Trail da hinauf zu radeln. Jede(r), die/der es trotzdem tat, hatte ein einmaliges Fahrerlebnis durch eine einmalige schöne Berg- und Tal-Landschaft sowie durch hochinteressante Orte mit kurzen Begegnungnen mit den Bewohner/Innen.
Hey, wir sind im Land der Yi (s.a [https://de.wikipedia.org/wiki/Yi_(Volk)], wie bereits im Yibin-Bilderbuch empfohlen).

Fazit: Laßt euch nicht von gpx-Track-Prognosen verunsichern. Schaut lieber selbst direkt nach indem ihr dahin radelt, auch wenn’s weh tut.
Ich merk‘ es besonders in den Waden u.a. beim Treppensteigen … 😉

Kommentarlinks für GPS-Höhenmeter-Erfahrungsberichte willkommen!


Yibin

Bilderbuch am 185. Radweltreisetag in Yibin, wie gewohnt an einem sommerlichen Regentag

Yibin (chinesisch 宜宾市) ist eine bezirksfreie Stadt im Südosten der südwestchinesischen Provinz Sichuan. Das gesamte Verwaltungsgebiet von Yibin umfaßt ungefähr ein Quadrat von 150 x 150 km und in ihm wohnen ca. 4,5 Millionen Menschen. Im eigentlichen städtischen Siedlungsgebiet von Yibin leben ca. 550.000 Menschen.
Der Chang Jiang (Yangtze) hat von Yibin bis zum Meer noch ungefähr 2900 km vor sich.
Im „Worldatlas“ sieht man gut, wo wir gerade sind (https://www.worldatlas.com/as/cn/51/where-is-yibin.html)

Das Gebiet des heutigen Yibin lässt sich schon vor mehr als 2000 Jahren als ein Kreis namens Bódào (僰道县) nachweisen. Es ist nicht ganz eindeutig, ob der Kreis schon während der Qin- oder erst während der Westlichen Han-Dynastie gegründet wurde, aber gesichert ist, dass er im Jahre Jianyuan 6 des Kaisers Han Wudi, also 135 v. Chr., zur Präfektur Qiánwéi (犍为郡) gehörte. Im Jahre Datong 10 des Kaisers Liang Wudi, also 544 n. Chr. wurde auf dem Gebiet des heutigen Yibin der Verwaltungsbezirk Róngzhōu (戎州) gegründet. Zur Zeit der Nördlichen Zhou kam dann noch der Kreis Wàijiāng (外江县) hinzu, der während der Sui-Dynastie seinen alten Namen, Bódào, zurückerhielt. Im Jahre Zhenghe 4 der Nördlichen Song, also 1114, wurde Róngzhōu in Xùzhōu (叙州) und der ihm unterstehende Kreis Bódào in Yíbīn (宜宾县) umbenannt. Bis zum Ende der Qing-Dynastie hieß das Gebiet der heutigen Stadt Yibin, mit Ausnahme der Kreise Jiang’an und Pingshan, Xùzhōu.

Am 5. Oktober 1996 beschloss der Staatsrat der VR China, den Regierungsbezirk Yibin und die kreisfreie Stadt Yibin aufzulösen, auf dem Verwaltungsgebiet des ehemaligen Regierungsbezirks die neue, bezirksfreie Stadt Yibin zu errichten.

Yibin ist stolz auf seine Universität und die präsentiert sich sehr selbstbewußt der ganzen Welt, natürlich auch in english:
http://www.yibinu.cn/ENGLISH/Home.htm

Sehenswertes im Stadtgebiet [https://www.tripadvisor.com/Attractions-g679673-Activities-c49-Yibin_Sichuan.html]:
Auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China stehen u.a. alte Gebäude auf dem Zhenwu Shan (ein Daoistischer Tempel aus der Ming-Dynastie u. a.) sowie die Huangsan- und die Shichengshan-Felsgräber aus der Song- bis Ming-Zeit

Unser Stadtbummel durch die engen Straßen in der Umgebung des Hotels vermittelt einen Eindruck in den Alltag. Eine Straße mit Verkaufsständen mit Geflügel, kleinen Aalen und Fröschen wie hier, war uns bisher in China noch nicht begegnet.
Nun ja, der Name der Stadt weist darauf hin, daß wir uns dem Siedlungsgebiet der Yi nähern [https://de.wikipedia.org/wiki/Yi_(Volk)]. Da gibt es halt die eine oder andere Leckerei, die wir nicht gewohnt sind.

Das Yibin Museum ist nur 5 Minuten vom Hotel entfernt und kostet keinen Eintritt. Bestimmt viel wissenswertes und interessantes aus Geschichte und Gegenwart wird da präsentiert, aber leider alles wichtige nur chinesisch.
Die Fotos und Illustrationen sind trotzdem sehr informativ, z.B. über die Felsgräber, die wir nicht direkt besichtigen können.

Für alle, die auch nach 22 Uhr unseren Reiseblog lesen dürfen, unser heutiges Special: Von diesen „Visitenkarten“ bekamen wir gestern Abend eine bemerkenswert vielfältige Auswahl unter die Hotelzimmertür geschoben:

Angeblich hat keine(r) da zurückgerufen … 😉
Für die Damen der Gruppe war leider eh nix attraktiv alternatives dabei. Macholaden verflixter! Räusper.

Mir fielen dazu diese Zeilen von Robert Gernhardt wieder ein:

Faires Angebot

Komm, Lust, und leg dich, schlafe ein,
Du wirst schon wieder wach.
Bleib eine Zeitlang flach,
Dann wirst du wieder tiefer sein.

Komm, Lust, und lass dich, hetz dich nicht,
Du wirst schon wieder mehr.
Bis dahin: schlaf! Nur wer
Sich nicht berührt, verletzt sich nicht.

Bleib dunkel, träume was du magst,
Schlag Salti, fliege, trau dich raus,
Verschweig, was du vermengst.

Wir warten, bis du wieder tagst,
Und uns – versprochen, altes Haus? –
Die alten Nächte schenkst.

Bilderbuch auf:

Konfuziustempel, Goldene Woche, Dauerregen und Tourjubiläum

184. Radweltreisetag: 78 km von Fushun nach Ybin im Dauerregen mit vernachlässigbaren Regenpausen

Am 1. Oktober 1949 wurde die Volksrepublik China ausgerufen. Somit beginnt heute die dritte der Goldenen (d.h. arbeitsfreien) Wochen des Jahres in China. Zu sehen oder zu merken ist davon am Morgen eigentlich nichts.
Wir gönnen uns einen späten Start, denn wir haben mal nicht ganz so viele Kilometer vor uns. Pünktlich 10 Uhr wird aus dem bisherigen Niesel- der inzwischen alltägliche feine Dauerregen. Ich fürchte, wir gewöhnen uns langsam daran.

Maria und Hartmut nutzen heute die Sitze im Begleitfahrzeug und schauen sich stellvertretend für alle den im Reiseprogramm erwähnten „grandiosen Konfuzius-Tempel“ an. Wir hatten gestern leider keine Zeit mehr dafür und wollten am Ende des Radeltages einfach nur noch ins Trockene.

„Der Konfuzius Tempel, ein nationales Schwerpunktdenkmal, befindet sich im Stadtzentrum von Fushun und zählt zu den am besten aufbewahrten großen Konfuzius Tempeln.
Der Tempel wurde ursprünglich in dem vierten Qingli Regierungsjahr der Nördlichen Song Dynastie (1044) gebaut. Man restaurierte ihn 1840. Nun besitzt der Tempel eine Fläche von mehr als 6,000 qm. Auf der Vorderseite des Tempels ist eine rote Wand. Innen ist ein Teich, über den drei Brücken sind. Hinter dem Teich ist das Stein Träger, der Lingxing Tor heißt. Oben der Stufen ist MinglunTang namend Cha Tor. Auf beider Seiten sind die Zimmer für Kleidung und Opfergabe. Hinter dem Cha Tor ist ein Platz. Danach sieht man den Altar von Mond und Sonne. In der Mitte ist das Relief von neun Drachen. Beider Seiten gibt es Steinstufen, die zum Altar führen. Hinter dem Altar sind die Hauptgebäude von dem Tempel: die Hacheng Halle, der Pangong Palast, die Chongsheng Halle usw.
Der ganze Tempel ist im Dougong Baustil der Ming und Qing Zeiten: fliegende Dächer, schöne Bilder, fliegende Drachen, in goldener Farbe, glänzend unter der Sonne. Prächtig und altertümlich …“
[http://www.sichuanreisen.com/about-sichuan3.php?id=9349]

Danke Hartmut für die Fotos und Deine Notizen dazu:
Der Konfuzianistische Tempel zeigt keine Elemente des Buddhismus oder des Taoismus, sondern er beschränkt sich auf die Darstellung von Konfuzius selbst und an den Seiten die Gelehrten, die nach seinem Tod seine Lehre verbreitet haben und die wesentlich zur Einigung und Staatsgründung von China beitrug.

Nach dem Konfuzianismus soll der Mensch nach moralisch-ethischer Vervollkommnung streben und sich an folgend Konstanten orientieren:
* Menschlichkeit und Nächstenliebe
* Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit
* Ritueller Anstand und Sittlichkeit
* Weisheit
* Aufrichtigkeit, Verlässlichkeit
* Loyalität (Untertanentreue gegenüber dem Staat und in der Familie dem Mann)
* Kindliche Pietät (Folgsamkeit und Respekt gegenüber Eltern und Ahnen)

Wir anderen brauchen etliche Kilometer, um Fushun hinter uns zu lassen und auch danach führt die Straße ohne große Unterbrechungen fast ständig durch kleinere und größere Orte. Sattes Grün bestimmt das Bild am Straßenrand, glänzend aufpoliert durch den nun schon tagelangen Regen. Gärten, große und kleinere Felder (viel Reis!) wechseln sich ab.

In einigen Orten sitzen große Gruppen Menschen beim Essen zusammen. Da waren eine Hochzeit, eine Trauerfeier aber auch andere große Runden dabei. Ob die was mit dem Jahrestag der Gründung der Volksrepublik zu tun hatten?

Nach dem Mittagsstopp in einer Regenpause – natürlich mit einer leckeren Reis-„Tafel“ – hofften wir schon, recht früh und nicht total durchnäßt unter der warmen Dusche anzukommen, aber der Regen schaltete 3 Gänge hoch und der Weg hügelte sich auf einer kleinen nicht immer schnell befahrbaren Nebenstraße 20 km durch eine malerische Landschaft mit vielen kleinen Orten, die im Nachmittagssonnenschein bestimmt noch reizvoller ausgesehen hätte. So kamen dann letztlich doch +490m / -441m Höhenmeterchen zusammen.
Tja, „Der Weg ist das Ziel“, soll Konfuzius mal gesagt oder sogar notiert haben.

Ybin empfängt uns wie versprochen sehr quirlig und massenbewegt. In den Straßen um das „Ybin Grand Hotel“ (hm, groß ist es wirklich …) sind auch am Abend noch ganz viele Leute unterwegs. Die Shopping Mall glitzert auch echt verführerisch.

Ach ja, das Tourjubiläum. Die Radweltreise ist seit dem 1. April heute genau ein halbes Jahr unterwegs! Tusch!!
Darauf wollte ich hier bei meinem Reisekilometer 14.616 wenigstens hingewiesen haben.

Hallo und herzlich willkommen unseren neuen Mitradler/innen, die ab morgen und dann per Fahrrad ab übermorgen mit uns auf Tour sein werden.

Wir freuen uns aber erst mal auf den Ruhetag morgen. 🙂