Vom Frühstücksformular zur Radler-WG

Von Pskov nach Solzy 137 km, schönes Wetter und leichter Rückenwind

Sieben Uhr Frühstück und 8 Uhr losfahren – war der Plan zur Bewältigung der heutigen 137-km-Etappe. Doch das Frühstücksbuffet öffnet erst ab 8 Uhr. „Wir können ein individuelles Frühstück für 7 Uhr zusammenstellen“- so lautete das Angebot der serviceorientierten Empfangschefin. Als  dann aber gestern Abend jedem einzeln ein umfangreiches Formular zum detaillierten Erfassen seines individuellen Frühstückswunsches vorgelegt wurde waren wir uns schnell einig den Start doch etwas nach hinten zu verschieben.

Gut gefrühstückt erreichten wir wenige Kilometer hinter Pskov praktisch eine Fahrradstraße, auf der es über eine Strecke von knapp 80 km keinen Autoverkehr gab. In Dörfern die wir querten arbeitete man noch mit Kurbelbrunnen und wir wurden vor mehr Storchenpaaren als menschlichen Bewohnern beäugt. Manche Straßenabschnitte hatten einen perfekten Asphaltbelag, sehr viel mehr aber seit bestimmt 30 Jahren keinen Besuch einer Teerwalze mehr gehabt, wieder andere hatten diese Bekanntschaft noch nie gemacht.

Die letzten 45 km auf einer neuen Hauptstraße konnten wir mit Rückenwind schnell bewältigen, so dass alle kurz nach 18 Uhr – gut gelaunt und entspannt ob des geringen Verkehrs und der schönen Landschaft – in Solzy ankamen.

„Ein Restaurant oder eine Kneipe gibt es Solzy nicht!“ verkündete die ältere Dame, die uns aus einem Kabuff im Eingangsbereich unseres heutigen eher einfachen Übernachtungssetablissements in Empfang nahm. Aber darauf waren wir vorbereitet. Viktor hatte kurz vorher kaltes Bier für den traditionellen Ankommensumtrunk besorgt.

Auch die Essensfrage hatten wir schon im Blick und in der Kochnische ließ sich was machen. Wenig später saßen wir alle fünf bei bester Stimmung wie in alten WG-Zeiten auf Sesseln vor unseren Pelmeni in Smetana-Soße mit Salat und Brot bei einem kühlen Bier.


Kreml, Kommandantenstimme und KPRF

Ruhetag in Pskov

Heute haben wir uns einen Tag Ruhe und Kultur gegönnt. Um 11 Uhr hat uns Natalia für eine historische Stadtführung in Empfang genommen. Doch als sie gerade begann sich vor dem Hotel über den Baustil der gegenüber liegenden Kirche warm zu reden, tat es einen satten Knall. Stefan hatte die automatische Glastür unseres Hotels übersehen. Den nun folgenden Ausführungen über die neue Hanse und die Funktion der vielen Kirchen als frühe Form von Geldinstitut, konnte er nur sehr benommen folgen. Doch dank des vom Hotelpagen eilig herbei gebrachten Eisbeutels hat er sich schnell wieder erholt.

Nach reichlich weiteren architektonischen Details und Episoden gelangten wir in den Kreml, die wieder aufgebaute, befestigte Burganlage der Stadt.  Die ist, wie wir hier erfuhren, mindestens ebenso alt wie Isborsk. Natalia war allerdings nicht mehr so gut zu verstehen, da nebenan eine russische Kindergruppe gerade mit Holzschwertern in mittelalterlicher Kampftechnik trainiert wurde. Der Tonfall des Trainers erinnerten unseren Fahrer Viktor an seine Militärzeit in den späten 80er Jahren. „Der hat eine echte Kommandantenstimme“ , flüsterte er mir am Rande zu.

Kurze Zeit später verabschiedeten wir uns von der jungen Pskoverin, die ihre Stadt mit so großer  Begeisterung vorgestellt hatte und jeder ging seiner Wege in den „freien Nachmittag.“ Stefan hatte sich schon etwas vorher zum  1. Mai-Umzug aufgemacht, der von der KPRF, einer der beiden kommunistischen Parteien in Russland, organisiert war. Hier dominierten deutlich jene, die ihr Arbeitsleben noch komplett  in der Sowjetunion verbracht haben. Karin und Peter bevorzugten die jüngere Generation und gingen zu einem Stadtteilfest für Familien.


2000 Kilometer ostwärts

Ein Zwischenfazit und ein Dankeschön

Vor genau einem Monat startete unsere Radweltreise in Berlin, bei Schneeregen und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Ich habe die Tour bis kurz vor die russische Grenze begleitet, immer dem Frühling voraus, der sich zwar mit heftigen Winden bemerkbar machte, zuweilen ein wenig Grün ausschickte, aber gefühlt immer einen Schritt hinter uns blieb.

Inzwischen ist die Radgruppe gut und erstaunlich problemlos in Russland eingereist und hat nun noch 87 Tage russische Weite vor sich. Den Staffelstab hat nun biss-Aktivreisen übernommen. Für die Strecke ab Berlin bis nach Russland waren wir, China By Bike zuständig. Als Ideengeber und Initiator machen wir auch die Globalorganisation der Tour. Falls ihr inzwischen, geschätze Leserinnnen und Leser dieses Blog, auf den Geschmack gekommen seid: Wendet euch vertrauensvoll an uns, auf vielen Teiletappen der Weltreise sind noch Plätze frei! (Ab Xi’an bis Bali wird es aber schon knapp!)

Vielleicht interessiert euch ja auch eine unserer anderen Touren:

CHINA BY BIKE

Eine wichtige Entscheidung hatten wir vor der Reise zu treffen: Wagen wir bei der Wahl der Räder den großen Sprung nach vorne, sprich Highend-Ausrüstung mit Minimalverschleiß und hoher Pannensicherheit? Oder doch lieber die möglichst einfache Ausstattung, die zwar häufiger kaputt geht und öfter gewechselt werden muss, aber noch im Kompetenz- und Ersatzteilbereich eines sibirischen Radschraubers liegt?

Wir haben uns für die erste Variante entschieden und hörten dann mit einer gewissen Nervosität auf mögliche Fahrgeräusche, Auffälligkeiten und ungewöhnliches Verhalten. Als dann in Polen bei Peter und mir ein lautes Knacken an der vorderen Kurbel auftauchte, befürchteten wir schon das Schlimmste. Warum hatten wir nur auf die neue Technik vertraut? Wie spannt man einen Riemen? Wie wechselt man ihn? Alles ein Dutzend mal im Tutorial gesehen, aber eben noch nie selbst gemacht.

Bis Peter dann im Vorbeifahren launisch und eher scherzhaft fragte: „Könnten es auch die Pedalen sein?“ Was bei mir ein Déjà-vu auslöste, denn genau den Fall hatte ich auf einer früheren Tour schon einmal gehabt. Kurz vor dem Tretlagerwechsel hatte ich in einer plötzlichen Eingebung die Pedalen neu geschmiert. Und das Knacken war verschwunden.

Genau so haben wir es dann auch gemacht und fahren seitdem knackfrei und, umso erstaunlicher, seit über 2.000 Kilometern absolut pannen- und wartungsfrei. Nur ab und zu kommt ein wenig Silikonspray auf den Riemen, wenn er mal etwas quietscht.

Fazit: Wir sind mit fantastischem Equipment unterwegs, und daher hier schon einmal ein erster Dank an Tour Terrain, Rohloff, Gates, Magura und Mainstream MSX für die Unterstützung!

Die Liste unserer Partner findet ihr hier:

PARTNER

Für mich geht es nächste Woche auf Erkundung für die Chinaetappe der Radweltreise nach Yibin. Mehr oder weniger dem Yangzi-Oberlauf folgend fahre ich mit kleiner Reisegruppe in Richtung Kunming. Wer gerne virtuell mit dabei sein möchte – den Blog dazu gibt es ab dem 11.05.2018 täglich unter www.china-by-bike.de/blog

Während die Gruppe nun ihren langen Weg zum Baikalsee angeht, hier die bildliche Zusammenfassung der letzten vier Wochen:

Von der ältesten Festung Russlands über die Errungenschaften der Sowjetunion zum Luxus des modernen Russlands

37 km von Starij Isborsk nach Pskov, ein sonniger Tag

Zum Frühstück wurden wir in unserem Stammlokal von der gleichen Dame erwartet, die uns gestern nach unserem üppigen Mahl verabschiedete. Wir alle haben automatisch den gleichen Platz wieder eingenommen, den wir keine 10 Stunden vorher verlassen hatten.

Beim Verabschieden aus der Lokalität wurden wir als treue Stammkunden prompt gebeten im Eingangsbereich des Restaurants die Decke mit einem Edding zu signieren. Anschließend haben wir die älteste russischen Festung besichtigt.

Wenn man es genau nimmt ist von der seinerzeit aus Holz gebauten Befestigung nichts mehr übrig, und auch der jetzige Bau aus dem 13. Jahrhundert nur noch eine Ruine. Auch gibt es mehrere Orte, die dies von sich behaupten.

Stefan hat sich entschlossen den Schlenker Richtung Pskover See, ein Fortsatz des Peipussees, alleine zu machen. Wir anderen haben den direkten Weg nach Pskov gewählt.

Eigentlich nur gut 30 km und in 1,5 Stunden gut zu machen. Aber dann hat uns Alexander mit seinem historischen Moskwitch und einer riesigen Sowjetflagge abgefangen. Da konnten wir nicht vorbei fahren, sondern haben sein kleines privates Museum der sowjetischen Automobile und Alltagsgegenstände bewundert. Mit ein paar Brocken Deutsch – ein Überbleibsel seiner Militärzeit in der DDR – konnte er Karin zu ihre Heimatstadt Hamburg schmeicheln. Dort hatte er seine Tochter besucht und war vor allem vom Fischmarkt beeindruckt.

Nach einer Durchquerung von Pskow erreichten wir unser direkt im Zentrum oberhalb des Flusses Viliki gelegenes 5 Sterne Hotel mit SPA Bereich- eine der besten Adressen am Platze. Seit 14:00 Uhr wurden wir hier von den adretten Hoteldamen der Rezeption erwartet.

Beim abendlichen Spaziergang durch das historische Zentrum auf der Suche nach dem besten Restaurant präsentierte sich Pskov von seiner besten Seite mit strahlend blauen Himmel.


Unsere Reiseleiter – Sascha Hechler

Auf nach Russland!

Nun ist der Staffelstab der Reiseleitung  an mich übergeben worden. Volker hat die Gruppe bereits heute früh verlassen und ist zurück nach Deutschland gereist. Zeitgleich habe ich mich aus Berlin mit dem Flugzeug nach Tallin aufgemacht und mich mit mehreren Bussen bis in die tiefe estnische Provinz nach Räpina durchgeschlagen.

Ab der russischen Grenze haben wir von biss Aktivreisen die Organisation der Tour übernommen und stellen auch die Reiseleiter bei der knapp dreimonatigen Reise durch das größte Land der Erde. biss Aktivreisen organisiert seit über 30 Jahren Rad-, Wander- und Reitreisen in kleinen Gruppen in Osteuropa und dem nördlichen Asien. Eines unserer Kernländer ist hierbei Russland, wo wir vor allem  Reisen am Baikalsee und auf Kamtschatka anbieten. Eine Tour wie diese haben wir so allerdings auch noch nicht gemacht.

Ich bin einer der Inhaber von biss Aktivreisen und werde knapp drei Wochen mit der Gruppe über Moskau bis Nischnij Nowgorod radeln. Dort wird mein Kollege Oliver Schmidt, der seit vielen Jahren unsere Reisen auf Kamtschatka führt, weiter fahren.

Ich freue mich drauf!
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In Russland erwarten uns Überraschungen

60 km von Räpina nach Isborsk, weiter als geplant

Heute war eigentlich nur eine kleine Tour geplant – Gut 40 KM Räpina nach Pechory. Aber das liegt nicht mehr im eher verschlafenen Estland, sondern 3 Kilometer hinter der EU-Außengrenze.  Jeder der schon länger in diesen Ländern, die sich hinter dieser Grenze befinden, gereist ist, hat seine Geschichten erlebt und von noch schauerliche Erlebnissen gehört. Normalerweise ist ein Grenzübertritt ja kein Problem, aber wir haben das gesamte Gepäck, inclusive einem Reservefahrrad und mehreren Ersatzteilkisten irgendwie ohne Auto nach Russland zu bringen. Neben der logistischen Trage- und Schiebearbeit, sorgte mich vor allen der russische Zoll, der sich für die teure Ware aus dem Westen interessieren könnte. Die aktuellen politischen Spannungen zwischen EU und Russland verbessern die Situation da auch nicht, waren wir uns alle einig.

Diese Aufgabe haben wir aber dank eines äußerst hilfsbereiten, namenlos gebliebenen, russischen Grenzgängers und ein paar freundlicher Smalltalks mit den gelangweilten Grenz- und Zollpersonal gelöst. Die gute russische Seele scheint es noch zu geben!

Als uns dann noch Viktor mit seinem frisch ausgebauten Mercedes-Bus hinter der Grenze mit Keksen, Schokolade und Tee empfangen hat, war die Anspannung vollkommen abgefallen. Nur noch ins Hotel ein Bier und alles hat / hätte wie am Schnürchen geklappt. Ein perfekter Tag…

Im Hotel angekommen wurde aber unsere Reservierung nicht gefunden und das Hotel war voll. Richtige Aktivität hinter dem Tresen entwickelte sicher aber erst, als ich die Reservierungsmail vorzeigen konnte. Mehr als ein freies Bett konnte aber trotzdem nicht gefunden werden. Eine Stunde und 50 Anrufe später, die die Concierge und Viktor mit allen die im näheren Umgebung führten, irgendwas mit Hotel oder privater Zimmervermietung zu haben könnten oder jemanden kennen, der was wissen könnte, hatten wir schließlich ein Quartier 20 km weiter.

So haben wir uns nochmal aufs Rad geschwungen und sind in Isborsk, mitten auf dem Land im Gasthaus eines Museumsdorfs rund um eine Festung aus dem 13. Jahrhundert gelandet. Den Abend haben wir mit einem guten Essen im entsprechenden Ambiente ausklingen lassen.


Abschied, Grenzannäherung, Begrüßung

63 km von Tartu nach Räpina, bewölkt, sonnig, heftige Platzregenschauer mit Graupel

Wir müssen heute nicht sehr früh los, denn bis Räpina ist es nicht weit, verglichen mit anderen Tagen.
Bleibt also noch Zeit für einen kurzen Abstecher in Tartus Altstadt. Nett, liebevoll restauriert und gepflegt, sehenswert. Nach einer Stunde hat man(n) den Eindruck, fast alles gesehen zu haben.

Kurz nach 11 Uhr verabschieden wir uns von Tartu und von Volker, dem Initiator und Cheforganisator dieser einmaligen Tour.
Ich schreib es nochmal, auch wenn ich es schon mehrmals gesagt habe: Die Idee wurde zur materiellen Gewalt und beginnt, die Massen zu ergreifen, hätte K.M. dazu angemerkt und ich schließ mich ihm an.
Danke Volker für die Beharrlichkeit und Energie, diese Tour auf die Reise zu schicken und sie Tag für Tag fast 2000 km für und mit uns zu begleiten.

Wir radeln wie empfohlen die „45“ bis Räpina durch und hätte nicht 8 km vorm Hotel die dunkelschwarze Wolke über uns schlagartig alle Schleusen geöffnet, wären wir um 16 Uhr schon am Ziel gewesen. Ein Buswartehäuschen und Allus (hoffentlich schreib ich den Namen richtig) unser guter Geist am Lenkrad des Busses helfen uns, die 20 Minuten radelunfreundliche Wetterlage trocken abzuwarten.

Irgendwo unterwegs müßten – sollten – könnten wir die 2000 km – Marke überquert haben. Unsere Messungen stimmen da leider nicht ganz überein. Ich bin z.B. laut meinem „Mini GPS“ erst bei Total Distance = 1,932.26 km. Naja, ist ja auch knapp dran.

Für die Blog-Leser- und -innen ostseits der Elbe: Erkennt ihr eine Ladenkette von früher wieder?

Abends im Hotel treffen wir Sascha, der nun unser Guide sein wird und als ersten „Höhepunkt“ morgen mit uns den Grenzübergang von der Embargo-EU nach Russland organisieren muß.

Sollte auch ab morgen die Internetverfügbarkeit so gut und problemlos sein wie in den vorangegangenen 4 Wochen, dann berichten wir hier wie gewohnt „live“ und tagesaktuell.
Lassen wir uns also überraschen oder „posmotrim“. 😉

Hier noch bunte Bilder vom Tag:


Gümnaasium

93 km von Valga nach Tartu, Sonne, Regen, Rückenwind

Estland ist reich. Zumindest reich an Buchstaben. Vor allem Umlaute kommen gerne in der Dopplung. Aber auch Konsonanten kann es nie zu viele geben.

Estland ist aber auch reich an Radwegen. Gut – nicht immer sind diese in einem guten Zustand, aber der gute Wille, und das ist der Wille, der über das „wir versuchen, die Radfahrer von der Fahrbahn zu verbannen, damit sie die Autos nicht stören“ hinausgeht.

Im Gegensatz zu gestern, eine Etappe, die unter die Kategorie „Auf einer Weltreise muss man auch mal Kilometer schrubben“ fällt, meiden wir heute fast vollständig die stark befahrenen Straßen und rollen recht flüssig über gut asphaltierte Nebenstraßen. Mit parallel dazu verlaufenden Eurovelo-Strecken.

Nordkap? Athen? Eurovelo 11?

Nein, wir bleiben bei unserem Ziel Berlin, einmal rum!

Viel passiert nicht am heutigen Tag, der mein letzter Radtag mit der Gruppe sein wird. Morgen Abend übernimmt Sascha.

Hallo Sascha! Er wird sich die Tage sicherlich auch im Blog vorstellen und begleitet die Gruppe die ersten drei Woche in Russland.

Morgen werden es zudem 2.000 Kilometer sein, die die Gruppe seit Berlin zurückgelegt hat.

Chapeau!

Ich werde euch vermissen!

Und hier kommen die Bilder:


96000 Meter A3 (E264) nach Estland

115 km von Sigulda nach Valka(LV)/Valga(EST), Wolken, Regentropfen, Sonne, z.T. kräftiger Rückenwind

Der Radeltag beginnt gewohnt kühl mit vielen Wolken und der Option, betröppelt zu werden.
Die ersten 14 km rollt es nebenstraßenbeschaulich und anfangs steil bergab ins Tal des Flusses Gauja.
Wir radeln nach Stefans mehrfacher Empfehlung den Nebenweg zur Gutman-Höhle, der größten Höhle des Baltikums und nehmen dafür sogar alle einen sog. „Drecksweg“ in Kauf, den Mifa-Rad und Stefan sonst eigentlich gar nicht mögen.
Karin freut sich dafür, hier noch mehr über die Legende der Rose von Turaida zu erfahren.
Zurück auf der Straße strampeln wir über eine 11%-Rampe aus dem Tal wieder nach oben vorbai am Ort Tureida in die normale Reisewelt.

Dann die Frage ans Navi: Wo bitte geht es hier nach Estland? – Nach 20 Metern rechts auf die A3 abbiegen und dieser 96 km folgen bis Valga.
(Im wesentlichen immer gerade aus, aber kleine Kurven bitte nicht ignorieren.)

OK.

Ich mag ja eigentlich die A3 überhaupt nicht, insbesondere das stets verstopfte Stück zwischen dem Frankfurter Kreuz und der Raststätte Weißkirchen. Aber es gibt heute wirklich keine akzeptable Alternative und außerdem pustet ein erstklassiger Rückenwind!

Die A3 ist hier in Lettland übrigens nur einspurig in jede Richtung, d.h. die Brummis müssen sich die Fahrbahn mit uns teilen. Wir sind da sehr tolerant und die meisten Brummi-, SUV- und sonstigen Rennpiloten zum Glück auch.
Eine unfaßbare Besonderheit hat die A3 hier in Lettland aber: Es gab nicht eine Baustelle!

Wir kommen teilweise mit 25-30 km/h voran! Auf abschüssiger Straße mit 30-40 Sachen!!
Dennoch bleibt angesichts der in der Perspektive am Horizont nur 1 cm breiten Piste unendlich viel Zeit über irgendwas nachzudenken oder die Natur zu beobachten.

Nachdenken: Viele A3-Abschnitte wurden mit finanzieller Unterstützung der EU saniert. Hoffentlich haben auch die (noch) in Lettland lebenden und (hoffentlich) Arbeit habenden Menschen bald was davon. Seit der Unabhängigkeit sind Hunderttausende, vor allem junge Leute ausgewandert …

Beobachten: Lange lange Waldstücke, vor allem mit Birken. Kleine weit auseinanderliegende Bauernhöfe, aber jeder mit eigener Bushaltestelle. Phantastische Wolkenmassive und -Bewegungen von tiefdunkel bis strahlendweiß.

Zuletzt freundlicher Sonnenschein zum Empfang am Grenzübergang.

 

Wir haben Estland erreicht, relaxen und schlemmen am Abend im netten Hotel Metsis.

Landausflug mit Überraschungen

96 km bei Rückenwind und Aprilwetter von Riga nach Sigulda

Die Erwartungen waren hoch: Nachdem wir schon vor drei Tagen nahezu autofrei nach Riga geradelt waren, die Stadtrundfahrt mit dem Rad auch deutlich angenehmer war als in Vilnius (was aber auch daran lag, dass Aija, unsere Führerin in Riga, deutlich sensibler durch die Stadt fuhr als ihr Kollege Frank in Vilnius!), sollte die Ausfahrt aus Riga doch eigentlich genauso angenehm gestaltet sein, oder?

Jein.

Das Bemühen ist deutlich, und so fahren wir tatsächlich auf relativ guten Radwegen, einer davon sogar baulich getrennt auf der ehemaligen Fahrbahn (auf dem dann aber prompt ein SUV parkt, wie auch immer er dahin gekommen ist – wir unterstellen kriminelle Absicht…).

Nach knapp 10 Kilometern fahren wir sogar auf Höhe des Zoos in ein Parkgelände, das ideale Bedingungen für Fußgänger und Radfahrer bietet – wäre da nicht eine baulich bedingte Sperrung des Radwegs und die Abwesenheit einer beschilderten Umleitung. Aber auch diese Hürde meistern wir Dank modernster Navigationstechnik: Nase in den Wind und zuweilen auf dem GPS. Mensch und Maschine, die perfekte Einheit! Radfahrer eben! 😉

Einen Schlenker durch den Hafen, ein paar Kilometer auf einer Europastraße, dann wieder malerische Datschenviertel, viel Wald, ein wenig Ostsee.

Und dann, wie eine Fata Morgana: Ein Fahrradmuseum. Vater und Sohn sammeln seit Jahrzehnten, das Erbe der einst glorreichen lettischen Fahrradindustrie und noch so manches mehr.

Nach einem leckeren Mittagessen in einer straßennahen Klitsche geht es am Nachmittag über EU-geförderte Straßen nach Sigulda. Dort erwartet uns die erste richtige Bergprüfung der Tour, fast hundert Höhenmeter mit bis zu 11 Prozent Steigung und dann das Hotel.

Leider erst einmal das falsche, da unsere litauische Agentur die Unterkunft geändert hat, ohne es mir mitzuteilen. Also einmal quer durch Sigulda, in die Außenbezirke, dann in die Pampa. Anruf beim Fahrer, umdrehen, wieder zurück, sechs Kilometer Zusatzstrecke.

Oder wie Stefan trocken bemerkt: Gesamttourtechnisch keinen Kilometer Umweg. Schließlich bleibt die Summe der geplanten Touren heute und morgen gleich.

Konkret heißt das: Schmutzbier im Hotel Pils. Und auch wenn das zu einem launischen Wortspiel einlädt: Pils heißt Schloss. Bezieht sich aber leider auf eine Sehenswürdigkeit in der Nähe und nicht auf unser Hotel.

Passt aber trotzdem!