Airag auf dem Weg nach Ulanbaataar

119. Reisetag, vom Jurtencamp bei Bornuur bis Ulanbaataar, 115 km

Nach einem angenehmen Start erwartete uns ein feucht-kalter Reisetag mit einigen Strapazen. Da uns ein kleiner Pass bevorstand, stärkten wir uns vormittags mit einem Schluck fermentierter Stutenmilch. „Airag“, auch bekannt unter ihrem mongolischen Namen „Kumis“, schmeckt intensiv, leicht alkoholisch und hinterlässt den Geschmack von einem starken Parmesan auf der Zunge. Es scheint aber kein Ladenhüter zu sein, denn die Hälfte aller Jurten bietet aufgrund der beachtlichen Nachfrage am Straßenrand große PET-Flaschen mit der weißen Flüssigkeit feil.

Bis zur Mittagspause waren wir nass bis auf die Knochen und vesperten in einer Jurte, in der wir uns am Ofen wärmen konnten. Der Großteil der Gruppe ließ sich jedoch von Regen und Kälte nicht entmutigen und stellte sich der langen und zähen Einfahrt nach Ulanbaataar. Hatte uns die die Landschaft bis dahin noch an Schottland erinnert, zeichnete sich am Horizont langsam der 1,4 Millionen Einwohner-Moloch mit seinen Nebenerscheinungen ab. Wir näherten uns der Stadt von Westen. Kilometer um Kilometer wechselten sich Industriegebiete und Plattenbauten ab. Nach der Ankunft hießen wir schließlich mit einem gemeinsamen Abendessen unseren Neuzugang willkommen.


Radreise-Auszeit in der Geheimen Mongolischen Geschichte

Bilderbuch vom 118. Reisetag am Ruhetag im Jurtencamp „Mongolian Secret History“ an einem bewölkten und nieselnassen 18-20°C-Sommertag

„Den heutigen Tag verbringen wir in der näheren Umgebung.“, steht im Reiseprogramm. Diese Umgebung ist ca. 120 km von Darkhan entfernt und liegt 7 km abseits der Autostraße Richtung Ulaanbaatar.
Ja, wir sind seit 2 Tagen in der Mongolei (amtlich Монгол Улс/Mongol Uls; /mongɣol ulus, wörtlich: Mongolischer Staat) unterwegs.
Das Land ist immerhin viereinhalbmal so groß wie Deutschland, aber mit rund 3 Millionen Einwohnern der am dünnsten besiedelte Staat der Welt mit weniger als 2 Einwohnern pro km² . [Mehr darüber u.a. auf https://de.wikipedia.org/wiki/Mongolei]

Links und rechts der Straße tauchen nah und fern regelmäßig weiße Punkte auf, die dann aus der Nähe zum traditionellen Zelt der Nomaden in West- und Zentralasien werden, zur Jurte (Yurt bedeutet z.B. auf türkisch „Heim“)
Die Mongolen nennen die Jurte „Ger“ (гэр, s.u.a. auch unter https://de.wikipedia.org/wiki/Jurte). Der Eingang zeigt immer nach Süden. Das hat zum Einen mit dem Schutz vor Nordwinden und zum Anderen mit der Orientierung zu tun. Die Nomaden können so auf der Wanderschaft jederzeit ohne Kompass die Himmelsrichtungen bestimmen.

In solche Jurten (in die weißen auf den Fotos unten) sind wir gestern abend auf 1240 Meter Höhe nach einem aufreibend hügeligen Radeltag bei Wind und Gewitterregen eingezogen und entspannen heute in traumhafter Landschaft. Zum Camp gehört ein großes Blockhaus mit Restaurant und gemütlichen Sitzecken zum Lesen, „Statistik“ nacharbeiten, Blog schreiben oder einfach „gar nichts machen“.
Die Küche des Retaurants ist exzellent, die Speisekarte dick und die Portionen sind echt mongolisch: Riesenportionen, vor allem mit Fleisch. Wer es lieber vegetarisch mag wird aber auch gut versorgt.
Eine Eiswaffel „Plombir w stankantschike“ (Мороженое «ПЛОМБИР» в стаканчике) kostet hier 1300 Tögrög (oder Tugrik / төгрөг, 1 €uro wird z.Zt. in 2864,46 ₮ getauscht).
Auf den Tischen ist selbstverständlich das originellste Spiel der Mongolen präsent: „Schagai“ (ein Knochenspiel). Es wird normalerweise mit Schafsknöcheln gespielt und unsere nette Betreuerin Byambaa (Byambasuren Batnasan von www.mongolei-reise.de) animiert uns immer wieder, mitzuspielen.

„Mongolian Secret History“ – Bilderbuch auf:

Durch die grün-violetten Täler Selenges

117. Reisetag, von Darkhan bis zum Jurtencamp bei Bornuur, 119 km

Aus der Stadt hinaus fuhren wir zunächst gemütlich neben der Eisenbahn entlang, bevor wir nach der ersten Pause gleich drei Gegner gestellt bekamen: Es regnete in unregelmäßigen Abständen, wir hatten eine kontinuierliche Steigung zu bewerkstelligen und der Gegenwind ließ uns nur unter großer Anstrengung nach Süden voran. Die letzten 20 Kilometer vor der Mittagspause waren hingegen ein reines Fahrvergnügen mit langen und malerischen Abfahrten im Trockenen.

Nach dem Mittagessen zogen rechter Hand von violetten Blumen überzogene Hänge vorbei und wir durchquerten den Ort Bayangol. Bei einer Pause stärkten wir uns mit reifen Nektarinen und genossen die Sonne, die sich nach langem Hin und Her doch wieder blicken ließ. Als jedoch nur noch 15 Kilometer zu fahren gewesen wären, zwang uns ein düsteres Gewitter dazu, auf einem kleinen Pass zu pausieren. Wir sondierten abwartend das Wettertreiben im Tal. Ein Teil der Gruppe fuhr mit dem Begleitfahrzeug vor, um die warmen Duschen im Jurtencamp bei Bornuur zu genießen. Ein anderer Teil fuhr zumindest ins Tal hinab und einer biss sich gar im Fahrradsattel durch das letzte Stück Schotterweg von der Straße weg.

Junge Pferde, runde Jurten (manche weiß, manche rostrot) sowie ein großes Holzhaus mit den Vorzügen der Zivilisation erwarteten uns. Nachdem wir wieder vollzählig waren und Quartier bezogen hatten, nahmen wir dort gemeinsam das Abendessen ein. Stünden die Jurten nicht am Abhang in Richtung der Hauptstraße in ein paar Kilometern Entfernung, könnte man meinen, wir wären in einem mongolisch angehauchten Landgasthof auf der Schwäbischen Alb gelandet. Sogar ein paar Flecken Wald ziehen sich hinter unserer Bleibe über die grünen Steppenhügel.


Durch die trockenen Winde nach Darkhan

116. Reisetag, vom Jurtencamp bei Sükhbaatar bis Darkhan, 121 km

Nach rund 65 Kilometern und reichlich Gegenwind fand in einer kleinem Landstraßenrestaurant die Staffelübergabe statt. Das Team, das sich über die letzten Monate in Russland bewährt hatte, kehrte nach Norden zurück und wir strampelten weiter nach Süden. Der mongolische Verkehr stellte sich im Vergleich zum russischen als weniger halsbrecherisch dar. In unregelmäßigen Abständen zogen vor allem gebrauchte Toyatas (trotz Rechtsverkehr mit dem Steuer rechts) mit winkenden Familien, meist ausreichend Abstand haltend, an unserer Gruppe vorbei.

Trotz der Wolken und des kühlenden Windes ließen sich die hohen Temperaturen bei jedem Schluck aus den aufgewärmten Wasserflaschen erahnen. In drei Zügen schafften wir schließlich die verbliebenen knapp 55 Kilometer bis zum Ziel; vorbei an saftig grünen Hügeln, den Himmel spiegelnden Gewässern, berittenen Hirten und „Obo“ (den für die Mongolei und Tibet typischen kultischen Steinhaufen).

In der erst 1961 durch sowjetische Hilfe gegründeten Stadt Darkhan wartete auf uns eine zwangsläufig erfrischende Dusche auf uns. Denn die zentralisierte Warmwasserverorgung in der Stadt — immerhin eines der wichtigsten urbanen Zentren des Landes — wird leider im Juli gewartet und war nicht funktionstüchtig.


Gedanken eines Mitradlers im Rückblick auf …chosen und frühere Wege (Landwirtschaft am Radreise-Weg)

Seit dem 29. April waren wir auf den Straßen durch die Russische Föderation und kleine autonome Republiken dieses riesigen Landes unterwegs. Damals in Staroje Isborsk, kurz vor Pskow waren wir fast bei Reisekilometer 2000. Heute sind wir ungefähr beim Kilometer 9300.
Etwa ein Vierteljahr erleben wir nun, wie es neben den Straßen grünt und blüht.
Wir haben gesehen, wie die Felder nach dem Winter gepflügt, besät und bepflanzt wurden, wir haben beobachtet, wie die Halme wuchsen und sahen wogende Felder in riesigen Dimensionen. Die Ernte werden wir hier aber nicht mehr mitbekommen. Erst recht jetzt im Steppengebiet kurz vor der Mongolei, denn hier sehen wir vor allem große und kleine Viehherden.

Zeit also, sich rückblickend über die Landwirtschaft Russlands Gedanken zu machen.

In der Sowjetunion gab es ja insbesondere 2 landwirtschaftliche Organisationsformen, im deutschen gern Kolchosen und (seltener) Sowchosen genannt.

Der Kolchos (колхоз = коллективное хозяйство / Kollektivwirtschaft), war ein landwirtschaftlicher Großbetrieb, der genossenschaftlich organisiert war und dessen Bewirtschaftung durch das „sozialistische Kollektiv“ der Mitglieder erfolgte.
Die ersten Kolchosen entstanden nach der Oktoberrevolution 1917 auf freiwilliger Basis, ab etwa 1929 wurden es Zwangskollektive der bäuerlichen Einzelwirtschaften. Juristisch standen sie unter kollektiver Selbstverwaltung.
Die Mitglieder eines Kolchos waren formal auch gemeinsame Eigentümer der Produktionsmittel, nicht aber des Bodens, der dem Staat gehörte. Es dominierte eine starke staatliche Einflussnahme durch die i.d.R. von der Kommunistischen Partei eingesetzte Kolchosleitung. Den Kolchosen wurde jeweils ein Produktionssoll auferlegt, das sie zu staatlich festgesetzten Preisen abzuliefern hatten.

Der Gegenpart zum kollektiven Landwirtschaftsbetrieb (Kolchos) war der staatliche Landwirtschaftsbetrieb (Sowchos). Ein Sowchos (совхоз, советское хозяйство / Sowjetwirtschaft) war ebenfalls ein landwirtschaftlicher Großbetrieb.

Im Gegensatz zu den kollektiv bewirtschafteten Kolchosen war ein Sowchos im Staatsbesitz mit angestellten Lohnarbeitern. Ursprünglich wurden sie seit 1919 aus staatlichen und privaten landwirtschaftlichen Gütern gebildet, um den Bauern die Vorzüge der gemeinschaftlichen Wirtschaft zu demonstrieren. Später waren sie meist spezialisierte Betriebe, die Saatgut und Zuchtvieh an die Kolchosen lieferten. Häufig wurden Sowchosen auch in naturräumlich benachteiligten Gebieten errichtet, in denen das Ernterisiko recht hoch war. Die Beschäftigten erhielten in der Regel feste monatliche Löhne. Ab Mitte 1950 nahm die Zahl der Beschäftigten erheblich zu. In den 1970er Jahren produzierten die Sowchosen knapp fünfzig Prozent der agrarischen Gesamtproduktion der UdSSR.

In der DDR entsprachen den Kolchosen die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs), bei denen jedoch auch der Boden Privateigentum war, aber genossenschaftlich genutzt wurde. Die Volkseigenen Güter (VEG) waren hier den Sowchosen vergleichbare Landwirtschaftsbetriebe.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion brachen viele Sowchosen und Kolchose zusammen oder wurden aufgelöst, weil sie wirtschaftlich unrentabel waren und weil die junge Bevölkerung in die Städte floh. Zurück blieben Kulturruinen und Landbrachen von großem Ausmaß.

Wir erinnern uns an riesige bestens bestellte Felder, die unmöglich von Einzelbauern oder kleinen Landwirtschaftsbetrieben „beackert“ werden können. Es gibt also weiterhin große Agrarbetriebe auf jetzt verschiedenen Eigentumsgrundlagen, sogar als Aktiengesellschaften. Wir beobachteten größere und kleinere Tierherden, aber auch individuelle Tierhaltung in den Dörfern und kleinen Städten.

Am Wegesrand sahen wir viele große und kleinere Betriebe, aber auch z.T. stark in die Jahre gekommene Zeitzeugen aus Beton der zurückliegenden Jahrzehnte, zum Einen offenbar nicht mehr genutzte Gebäude und irgendwie passend dazu die Stelen zur Erinnerung an die ehemaligen Kolchosen „Weg Lenins“ / „Weg Ilitschs“ hinter Kalatschinsk und Tulun bzw. „Tschapajew“ (auch hinter Tulun), „Weg des Kommunismus“ hinter Nischneudinsk (Innas Geburtsstadt) sowie an den Sowchos „Lekarstwenuij“ hinter Novosibirsk und zuletzt „Erdem“ („Tugend“ oder „Anstand“) kurz vor Kjachta. Siehe Fotos unten.
Mußten / müssen diese Wege nun repariert, renoviert oder / und durch neue ersetzt werden?

Wir konnten leider keine ausführlicheren Gespräche zur heutigen Situation führen, deshalb nachfolgend wenigstens ein Zitat aus
https://de.wikipedia.org/wiki/Russland#Landwirtschaft_und_Rohstoffwirtschaft

„Die Landwirtschaft ist nach wie vor eine wichtige Branche der russischen Wirtschaft. Einst die Kornkammer Europas, erlitt die russische Landwirtschaft in den 1990er-Jahren einen drastischen Einbruch der Agrarproduktion, schon in den 1980er-Jahren war Russland noch der weltweit bedeutendste Weizenimporteur. Der Produktionswert der russischen Landwirtschaft lag 2009 wieder bei umgerechnet 38 Milliarden Euro. Im Jahr 2016 unterstrich Präsident Putin den Willen, eine Agrar-Exportnation zu sein. Von der Rekordernte von 75 Millionen Tonnen Weizen im Jahr 2016 könnten knapp 7 Millionen Tonnen (ähnlich wie 2015) exportiert werden. Für den Transport ist die staatliche Agrar-Transportbehörde Rusagrotrans zuständig. Der Wert der exportierten Landwirtschaftsgüter lag 2016 bei 17 Milliarden Dollar.
Die Bedingungen für die Landwirtschaft sind vor allem im europäischen Teil Russlands sowie in Südrussland gut, das russische Schwarzerdegebiet ist das größte der Welt. Die landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt 219 Millionen Hektar, das sind 13 Prozent der Landfläche Russlands. Davon sind 122 Millionen Hektar Ackerfläche, was neun Prozent des weltweiten Ackerlandes entspricht. Mehr als 80 Prozent der Saatflächen liegen an der Wolga, im Nordkaukasus, am Ural und in Westsibirien innerhalb des sogenannten Agrardreiecks. Der Ackerbau macht 36 Prozent der landwirtschaftlichen Bruttoerzeugung Russlands aus, die Tierzucht über 60 Prozent.
Die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse in Russland sind Getreide, Zuckerrüben, Sonnenblumen, Kartoffeln und Flachs. Die Binnenfischerei liefert mit dem Stör den begehrten russischen Kaviar. In der Transformationsphase zwischen 1990 und 1997 gingen die Schweine- und Geflügelbestände fast um die Hälfte zurück. Russland importierte seitdem einen Teil seiner Nahrungsmittel. Es war schon zuvor, aber insbesondere seit seinen Gegen-Sanktionen gegen den Westen nach der Sezession/Annexion der Krim im Jahr 2014 das Ziel der russischen Regierung, die Fähigkeit zur Eigenversorgung zu steigern und die Importabhängigkeit zu reduzieren.
Der Bestand an Rindern beträgt 12,1 Millionen Tiere, an Schweinen 7 Mio. sowie an Schafen und Ziegen 4,6 Mio. Rinderzucht wird vorwiegend im Wolgagebiet, in Westsibirien und dem europäischen Zentrum betrieben, Schweinezucht findet sich ebenfalls im Wolgagebiet, aber auch in Nordkaukasien und im zentralen Schwarzerdegebiet. Schafzucht weist Schwerpunkte in den Regionen Ostsibirien, Nordkaukasiens und dem Wolgagebiet auf.“

Die „Versorgungslage“ mit landwirtschaftlichen Produkten war, soweit wir es in „Magazins“, „Supermarkets“ usw. sowie in Stolowajas, Kafes und Restaurants erlebt haben, immer gut. In unserem Begleitbus lagen neben Äpfeln und Birnen sogar fast immer auch Bananen für unsere Zwischenstopps bereit.

Landwirtschaftsgalerie auf:

Sommerhitze in Kjachta

114. Reisetag, von Gussinoosersk bis Kjachta, 124 km bei 28°C

Morgens nach dem Frühstück fuhren wir weiter zur russisch-mongolischen Grenze. Die ersten 51 km waren sehr angenehm – frisch und nicht zu sehr bergauf. Nach einem Anstieg von nur 2 km ging es dann wieder bergab. Unterwegs haben wir 4 Stupas gesehen (in dieser Region liegt der Geburtsort von vier Hauptlamas in Russland), dann ein buddhistisches Kloster und ein paar Kilometer weiter ein orthodoxes Kloster. Danach wollten plötzlich viele, viele Schafe und Ziegen die Autobahn überqueren. Für die Einheimischen ist das eine ganz normale Situation 🙂

Die Landschaft hat sich später total geändert – es gab keinen Wald mehr, sondern nur noch Hügel und Steppe. Dann kam wieder ein Nadelwald mit Pinien (pinus daurica) und wir dachten, dass dies ein schöner Ort sei, um ein Picknick zu organisieren. Viktor und ich haben einen Platz auf der Spitze eines Hügels gefunden. Nach dem Picknick ging es drei Kilometer den Berg hinunter, gerade nach dem Essen eine herrliche Abfahrt! Aber danach kam die Hitze, über 28 Grad – eine echte Herausforderung.

Acht Kilometer vor unserem Hotel stand eine Passkontrolle. Dort darf man keine Fotos machen, aber die Beamten waren sehr nett gewesen und auch ein bisschen erstaunt, dass einige von der Gruppe schon von Berlin mit dem Fahrrad gekommen sind.

Dann radelten wir noch 8 km in Richtung des Hotels. Als wir in die Stadt ankamen, wollte ich zum ersten Mal GPS benutzen, um den Weg zu finden. Das war keine gute Idee, wir haben eine Runde gemacht; es war unmöglich, mit diesem GPS auf der Straße zu fahren. Aber wir haben schöne Fotos von der höchsten Stelle der Stadt gemacht, und ebenso ein sehenswertes Monument entdeckt.

Bevor wir im Hotel angekommen sind, hat Viktor noch 8 Flaschen Bier für uns besorgt. Nach so einem heißen Tag war das etwas wirklich Gutes. Das Abendbrot haben wir in eine “Jurte” bestellt. Und dazu haben wir einheimisches Bier probiert, das “Der Schamane” hieß. Normalerweise bekommt man in diesem Restaurant kein Bier, sodass wir es schon vorher kaufen mussten.

Morgen werden wir die russisch-mongolische Grenze überqueren. Heute war somit der letzte Tag und das letzte Stück mit dem Fahrrad in Russland.


Unsere Reiseleiter – Simon Preker

Mein Name ist Simon Preker und ich werde die Radweltreisenden von der Mongolei nach Süden in die VR China bis Datong begleiten. Geboren und aufgewachsen bin ich in Freiburg und ich werde dieses Jahr 32 Jahre alt. Meine Lieblingstiere sind Katzen, Bären, Schildkröten und Ameisen.

Seit 2014 fahre ich für China by Bike und vor Kurzem habe ich mein Studium der Sinologie in Hamburg beendet. Während meines Studiums habe ich mehrere Jahre in China und Japan studiert, geforscht, gearbeitet und gelebt. In den letzten Jahren wurde aber vor allem Taiwan–wie das geschulte Auge auf dem Bild vielleicht erkennen kann–zu einer weiteren Heimat für mich. Die VR China und Japan habe ich von dort aus jedoch immer wieder zu verschiedenen Anlässen besucht.

In Sachen Kondition und räumliche Weite freue ich mich auf die Herausforderungen und die bestimmt überwältigen Eindrücke, die auf uns als Gruppe warten werden. Vor vielen Jahren habe ich die Innere Mongolei, die Teil des Staatsgebietes der VR China ist, besucht. Unser Startpunkt, die s.g. Äußere Mongolei, ist für mich jedoch Neuland. Den Norden Chinas und die Provinz Shanxi, wo ich die Gruppe wieder verlassen werde, kenne ich hingegen gleichermaßen von meiner ersten Chinareise. Ich bin sehr gespannt, was sich dort getan hat!

 

Das buddhistische Kloster Iwolginsker Datzan und Gartenmarkt in Orongoj

113. Reisetag, von Ulan-Ude bis Gussinoosersk, 124 km bei 15° bis 27°C

Morgens nach dem Frühstück im Hotel “Ulan-Ude” sind wir wieder weitergefahren. Nach 36 km Fahrt haben wir eines der Hauptklöster des Buddhismus in Russland erreicht – Iwolginsker Datzan (es wurde 1946 errichtet). Dort haben wir einen Rundgang gemacht und einige Tempel besucht (Tempel heißt auf Russisch “Dugan”, und buddistische Stupa heißt hier “Suburgan”). Dieses Kloster ist eigentlich eine Universität (mit nur drei Fächern: Astrologie, Medizin und Kunst) und stellt gleichzeitig das Zentrum des Buddhismus in Russland dar. Hier befinden sich die heiligen Gebeine des Hambo-Lama Itigelow. Er hat sich für den Lamaismus geopfert und ein Wunder vollbracht: Hambo-Lama Itigelow lag 70 Jahre unter der Erde; als er in den 90er Jahren ausgegraben wurde, hatte er noch flüssiges Blut und bewegliche Gelenke. Aber die heiligen Gebeine haben wir nicht gesehen – es ist nur acht Mal im Jahr möglich.

Nach dem Klosterbesuch fuhren wir weiter. Der nächste Stopp war ein Gartenmarkt in der Nähe der Siedlung Orongoj. Dort haben wir Honigmelonen und Wassermelonen vom Gewächshaus gekauft und drei Kilometer weiter einen kurzen Halt für eine Mittagspause eingelegt. In Orongoj kocht man die berühmten “Orongoj buuza (posy)”, diese Art von Teigtaschen ist zweimal größer als normale Teigtaschen 🙂 Drei von uns haben das bestellt. Es war sehr lecker.

Fürs Mittagessen hat Viktor frisch gesalzene Gurken gekauft. Es war wirklich eine gute Idee. Nach dem Essen wollten wir nicht so viel fahren. Aber 46 km warteten auf uns. Gegen Abend sind wir dann beim Gästehaus angekommen und haben unsere Fahrräder in einem ganz kleinen Zimmer geparkt. Danach gab es Abendessen und eine Wassermelone. Morgen wird unser letzter Tag in Russland. Wird es heiß wie heute oder regnet es? Das werden wir morgen genau wissen. Dann – bis morgen!


Wasserwandern in Ulaan-Ùde, der Hauptstadt Burjatiens

Bilderbuch vom Ruhetag am 112. Reisetag in Ulan-Ude, bedeckt und regnerisch bei 18-20°C

Ein letztes städtisches Highlight auf russischem Boden erleben wir noch, genauer gesagt, auf burjatischem.
Hier in Ulan-Ude (Улан-Удэ; burjatisch Улаан-Үдэ, Ulaan-Ùde), der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Burjatien leben mehr als 400.000 Menschen. Die russisch-orthodoxe und die buddhistische Religion harmonieren friedlich miteinander.
Ulan-Ude ist das kulturelle, politische und wirtschaftliche Zentrum der Region.

Gegründet im Jahre 1666 wechselte der Ort mindestens viermal den Namen: Udinskoje simowje (Siedlung Udinskoje / Уди́нское) bis 1680, Udinski ostrog (1680–1690), Udinsk (1690–1735), Werchneudinsk bzw. Werchne-Udinsk (Верхнеуди́нск, 1735–1934) und seit dem 27. Juli 1934 nun Ulan-Ude (burjatisch für Rote Uda). Das Stadtrecht hat sie seit 1775.
Übriges, auch das Untere Udinsk (Nishneudinsk), die Geburtsstadt Innas, hatten wir besucht! Nachzulesen hier im Blog unter „Fahrt durch meine Heimatstadt mit besonderem Gefühl“ von Inna Popowa (7. Juli).

Von 1923 bis 1992 war Werchneudinsk / Ulan-Ude Hauptstadt der Burjatischen ASSR innerhalb der RSFSR, heute ist sie Hauptstadt der autonomen Republik Burjatien innerhalb Russlands.
Von hier sind es rund 4.400 km Luftlinie bis Moskau und auch schon wieder 150 km bis zum Baikalsee …
In der Stadt mündet der Fluß Uda in die Selenga.

In Ulan-Ude gibt es mehrere Universitäten und Hochschulen.

Am Verkehrsknotenpunkt Ulan-Ude treffen sich die Transsibirische und dier Transmongolische Eisenbahn.
Die Fernstraße P-258, über die wir hierher radelten, führt noch weiter bis ins ferne Tschita und hier beginnt auch „die Fernstraße föderaler Bedeutung“ A340, die die Republik Burjatien über 245 Kilometer mit der Grenze zur Mongolei bei Kjachta verbindet. Genau dahin radeln wir ab morgen weiter.

Olga begleitet uns beim Rundgang durch das Stadtzentrum und wir erfahren viel interessantes über Burjatien. Beschriftungen an „offiziellen Gebäuden“ sind immer zweisprachig burjatisch und russisch.
Wie gefällt euch das Profilfoto unserer Gruppe am größten Lenin-Kopf der Welt aus Granit? Er ist allein 5 Meter hoch, das gesamte Monument 7,20 m! Übrigens, das Karl-Marx-Monument („dor Nischl“) in Chemnitz, dem früheren Karl-Marx-Stadt, ist nur 60 cm „kleiner“ und damit immerhin die zweitgrößte Porträtbüste der Welt.

Nach etwas mehr als eineinhalb Stunden versuchen wir in einem Cafe etwas zu trocknen, was eher nicht gelingt, so durchgeweicht wie wir mittlerweile sind. Der Rückweg zum Hotel wird zu einer Art Kneipp-Kur, also Wassertreten auf allen Wegen im ablaufenden Regenwasser.
Wir nehmen trotzdem einen sehr guten Eindruck und beste Erinnerungen an Ulan-Ude mit auf die weitere Reise.

Regenbilderbuch auf:

Eine echte Herausforderung mit kleinem Gebirgspass

111. Reisetag, von Possolskoje nach Ulan-Ude, 147 km bei 20°C

Am frühen Morgen sollten wir uns von Ulyana (der Gastgeberin) verabschieden und noch ein Stück von knapp 150 km weiterfahren. Das Wetter war sehr angenehm, nicht heiß und kein Regen. Wir sollten 12 km in Richtung Possolskoje zurückkehren und dann weiter die Hauptstraße entlang fahren. Kurz vor Ende von diesem Stück haben wir ein Schild gesehen mit dem Hinweis „40% Steigung“, solche steilen Steigungen sind uns noch nie begegnet. Aber ich vermute, es sollte 4% sein.

Danach ging es die Hauptstraße entlang, wo auf einmal der Wind aufkam. Die Landschaft war ganz flach, aber bei dem starken Wind war es ziemlich anstrengend, mit dem Fahrrad zu fahren (und natürlich blies der Wind ganz schön ins Gesicht). Es wurde von der Gruppe entschieden, die Mittagspause in einer Kantine zu machen; anfangs gab es dort keinen Tisch mehr, aber wir haben uns dann einfach selbst einen besorgt. Nach dem Mittagessen fuhren wir weiter und ca. 20 km später sollten wir einen ganz kleinen Gebirgspass überwinden. Um ehrlich zu sein, für einige von unserer Gruppe war diese Strecke von knapp 150 km plus der Gebirgspass eine Herausforderung. Aber wir wollten alles schaffen. Und das hat geklappt! Bergauf ging es nur die ersten 2 km von 9 km des Gebirgspasses, ich war die Letzte. Und… wir haben eine tolle Gruppe – sie haben auf mich gewartet, mich angefeuert und Sven und Gerhard haben mir noch eine Süßigkeit geschenkt.

Auf der höchsten Stelle des Gebirgspasses haben wir einen Mann aus Novosibirsk getroffen. Er sprach sehr gut Deutsch und wollte sich sehr gerne mit uns unterhalten. Am Ende des Gesprächs hat er uns eine Visitenkarte von sich gegeben. Und wir haben ihm den Aufkleber der „Radweltreise“ geschenkt. Dann konnten wir 7 km bergab fahren.

Nach der Abfahrt gab es einen wunderschönen Ausblick. Wir wollten unbedingt ein Foto machen. Die Landschaft wurde danach wieder flach.

Um 19 Uhr sind wir dann am Hotel angekommen, haben die Zimmer bekommen und um 20 Uhr in einem buryat-mongolischen Restaurant zu Abend gegessen. Als wir zurück zum Hotel kamen, war es fast schon Nacht, wir haben einen kleinen Stopp vor einer Fontäne gemacht (es spielte ein wenig Musik und das Wasser war mit Licht gefärbt). Dann blitzte es in der Ferne und wir vermuteten, dass es später in der Nacht noch gewittern würde.

Es war ein voller, anstrengender Tag, knapp 150 km dem Wind entgegen und mit dem kleinen Aufstieg. Aber wir haben das alles geschaffen, niemand ist im Auto gesessen. Und morgen werden wir dann einen Ruhetag in der Hauptstadt der Republik Buryatien genießen – in Ulan-Ude.