Camino Loco

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Die Radhasser sind auch auf dem Camino.

Wunderbar, freue ich mich am Abend, als ich das offizielle Schild für den Radler-Camino sehe, der auf die Passstrecke hinter unserem Hotel zeigt. Nicht zurück nach St. Jean, 12 Kilometer und gut 300 Höhenmeter gespart! Gegencheck auf der neu aufgelegten Karte für Camino-Radler: Ja, das geht, ein 800 Meter langer Grasweg kurz vor der Passhöhe ist zu überbrücken und ca. drei Kilometer Feldweg an der Französisch-Spanischen-Grenze.

Und wie schön war die Auffahrt, etwas kalt und windig, je näher wir der Passhöhe kommen. Aber: Es geht ja gleich wieder bergab! Sogar unsere E-Biker entspannen sich, was die Reichweite ihrer Boliden angeht, nachdem diese am Vortag schlapp machten.

In der Euphorie poste ich dieses Video:

Kurz vor dem Pass dann die Ratlosigkeit. Keine Ausschilderung mehr für Radfahrer. Nur ein steiler Wanderweg auf dem Grat. Den teste ich aus. Versuche den Grasweg zu finden. Da ist er! Und zwischen mir und der Strecke ein hoher, hölzerner Weidezaun ohne Durchlass. Keine Chance, hier weiterzuradeln, zumal ungewiss ist, wie es weitergeht. Danke für nichts!

Dementsprechend beschissen ist die Stimmung bei allen. Die Alternativroute führt den ganzen weiten Weg zurück ins Tal, uns kommen die Fußpilger aus St. Jean entgegen. Christoph kommt mit dem Fahrzeug zurück, organisiert das Mittagspicknick, lädt die E-Biker auf und dann sind Stefanie und ich die letzten beiden, die den eigentlich geplanten Weg über den Ibañeta-Pass in Angriff nehmen.

In Roncesvalles treffen wir wieder auf die Gruppe, Rüdiger schließt sich uns an und dann saußen wir (unterbrochen durch eine Nase, und eine Stuppsnase, wie Stefanie Pässe oder Steigungen je nach Höhe nennt) nach Pamplona. Kleiner Schlenker durch die Altstadt und dann sind wir im Hotel, noch im Hellen! 99 Kilometer und 2.300 Höhenmeter, dank potemkinscher Radwege, die staatlicherseits promotet werden. Bei der nächsten Tour dann doch wieder Ibañeta-Pass.

Husarenritt

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Von manchen Touren erzählt man noch in einigen Jahren. Diese gehört dazu.

Es geht über die Ausläufer der Pyrenäen, Hügel auf, Hügel ab, von Flusstal zu Flusstal, und am Ende sind 1.800 Höhenmeter zusammengekommen. Müde rollen wir nach 115 Kilometern ins Hotel ein, und bereut haben wir höchstens die letzten drei. Aber ohne die geht es ja auch nicht!

Ein wunderschöner Tag mit leidlich gutem Wetter, tollen Aussichten, dem schönsten Picknickplatz der Tour (und die Konkurrenz ist groß!) und einem vorgezogenen Schmutzbier in St. Jean-Pied-de-Port. Die letzten 12 Kilometer bereits auf dem Camino Frances für Fahrräder, von dem noch die Rede sein wird.

Pyrenäen!

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Uns steht der Mund offen vor Glück und Faszination! Die letzten Regentage haben jede Wolke, jeden Dunst und jedes Staubkorn aus der Luft geschwemmt. Vor uns liegen, in schneebedeckter Pracht: Die Pyrenäen!

Beim Anstieg aus Lannemezan wird der eine oder die andere noch über die Streckenführung geflucht haben, spätestens beim entspannten Ritt auf dem Höhenweg wird es aber ganz still mit einzelnen Entzückungsrufen.

Es wird eine der schönsten Tagesetappen auf der Tour, unser erster richtiger Sonnentag. Und wir genießen ihn. Am Abend ist dann auch Klaus am Hotel, bringt Omar mit und holt Heike und Räder samt Rädern ab.

Willkommen Omar, tschüß und danke, dass ihr dabei wart, Heike und Rainer. Und ein besonderer Dank an Klaus, Lieblingsteilnehmer aus vergangenen Touren, der den langen Ritt auf vier Rädern auf sich genommen hat!

Die Rückkehr der Radhasser

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Ach, Frankreich. Zuweilen wurden wir verwöhnt von ausgezeichneten Radwegen mit exzellenter Beschilderung. Manchmal war es nicht so schön. Und manchmal fragt man sich schlicht und einfach, ob es nicht eine Infrastruktur GEGEN Radfahrer ist, die da unter dem Etikett „Radweg“ manchmal sogar „Fernradweg“ gebaut bzw. verbaut wurde. Immerhin, wir wissen nach dieser ersten Tour, wo wir nicht mehr entlang fahren. Der Höhepunkt war ein Quängelgitter 2.0 auf einem Abschnitt, der eher Hindernisstrecke als Radweg war.

Die Fahrt nach Cazères lässt sich noch gut an, wir radeln entspannt an der Garonne entlang, den Garonne-Radweg. Nur dass der dann irgendwann weg ist. Nach 20 Kilometern teilweise neben einer Autobahn beschließe ich bei der Kaffeepause, umzuplanen. Das beschert uns wunderschöne Landschaft, ruhige Straßen, atemberaubende Fernblicke. Leider aber auch einen Ausflug in die Botanik (als Radweg ausgeschildert, in Wahrheit aber nur ein schlammiger Singletrail, der an einem verschlossenen Tor endet (s. Überschrift) und etliche Höhenmeter, die wir aber zum Ausgleich auch wieder hinuntersaußen dürfen.

Dann bis Cazères größtenteils wunderbarer Radweg ohne Autos, ein wunderbares familiengeführtes Hotel am See mit exzelletem Abendessen begrüßt uns. Und ein Wolkenbruch, 10 Minuten vor Ankunft, der uns das Waschen von Kleidung, Rad und unser Selbst erspart.

Von der Strecke nach Lannemezan ist uns vor allen Dingen der grandiose Picknikplatz in Erinnerung geblieben. Und der Snack in einem Fahrradladen, der gleichzeitig als Café dient und die bisher beste Salami der Tour auftischte. Leckeren Espresso gab es auch. Und eine Menge Regen auf der Etappe, der den Spaß ein wenig begrenzte. Immerhin kommen wir trocken im Hotel an. Pyrenäen-Blick wünscht sich Stefanie. Hat sie bekommen!

Toulouse – oder: Wo ist der „Wahre Jakob“?

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Ein Ruhetag in Toulouse, der Vormittag dient der körperlichen Erholung oder wahlweise der Radpflege. (Es schreibt Christoph)

Am Nachmittag treffen wir uns ohne Volker (dringende Büroarbeiten) an der Kathedrale St. Etienne zu einem schönen Stadtrundgang. Alle sind individuell in die Innenstadt gelangt, vom Hotel aus sind es gut viereinhalb Kilometer. Manche per Linienbus, andere zu Fuß, so wie ich.

Pünktlich um 15 Uhr sind jedenfalls alle eingetroffen und so werfen wir zunächst einen Blick in die seltsam verbaute und dadurch kuriose Kathedrale. Ein Spaziergang führt vorbei an gut erhaltenen Gebäuden aus verschiedenen Epochen und hübsch angelegten Plätzen zur alten Pilgerkirche Saint Cernin, Frankreichs Kirche mit den meisten Reliquien aus Antike und Mittelalter. Insgesamt zählt man 175, darunter angeblich – so behaupten die Toulousaner – auch die des Heiligen Jakobus. Im 12. Jahrhundert gab es darüber natürlich einen heftigen Streit mit Santiago de Compostela, was den dortigen Erzbischof zu dem Ausspruch „Das kann doch nicht der wahre Jakob sein“ verleitete.

Weiter ging der Rundgang zur Jakobinerkirche, wie die Dominikaner in Frankreich genannt werden. Zweischiffig, getragen von kunstvoll gestalteten Säulen und begleitet von einem anmutigen Kreuzgang.

Der Ausklang fand dann beim Abendessen in einem ausgezeichneten italienischen Restaurant auf dem Kapitolsplatz statt. Apropos Platz, ein wahrer Platzregen mit Hagelschauer verzögerte den Heimweg um etwa 15 Minuten, dennoch erreichten wir rechtzeitig den Bus, der uns zurück zum Hotel brachte.

Canal du Midi

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Zwei Tage, die wir uns deutlich entspannter vorgestellt haben. Zwei lange Tage mit orkanartigem Gegenwind. 119 und 101 Kilometer.

Die Idee war eine gute: Immer am Canal du Midi entlang, entspanntes Radeln, zwar mit ordentlichem Tagespensum, aber das geht als Ausnahme ja mal, wenn es flach und windstill ist.

Sollbruchstelle 1: Immer am Kanal entlang geht nicht, weil teilweise nicht fahrbar.
Sollbruchstelle 2: Der Gegenwind (s.o.)

Wir haben es trotzdem geschafft, und es waren teilweise traumhafte Strecken, wunderbar Picknickplätze, die Christoph toll ausgesucht hat, und ja, auf den letzten 50 Kilometern sogar das, was wir uns vorgestellt haben: Perfektes Radeln am Canal du Midi.

P.S. Zeit für ein Stündchen in der morgenlichen Altstadt von Carcasonne war auch noch. (Fast) ohne Touristen, nur eine taiwansische Gruppe schlenderte durch die regennassen, leeren Gassen.

Für die nächste Auflage der Tour (Spätsommer/Herbst 2025!) werden wir diesen Abschnitt in drei Etappen aufteilen. Und vielleicht ist dann ja auch etwas mehr vom Canal-du-Midi-Radweg fertig!

Die Freuden und Ärgernisse Südfrankreichs

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Nein, man liebt sie nicht, die Radfahrer, weder die lokalen noch die überregionalen. Hat uns Frankreich bis jetzt mit meist ausgezeichneter Radinfrastruktur verwöhnt, sind hier, in Südfrankreich, die Zweiradhasser zu Hause. Nur weg mit den Rädern von der Straße, sei es über enge Bürgersteige, hohe Bordsteine, Quängelgitter oder unvermittelt spitz zulaufend auf die Hauptverkehrsstraße. Und Steine, Boliden, auf die Obelix stolz wäre, die legt man auch gerne in den Weg!

Doch bevor wir uns aufregend, machen wir erst eine kurzweilige Bootsfahrt auf der kleinen Rhone, genießen die Sonne am Hafen von Saint-Maries, und erreichen, nach etwas Kampf mit Gegenwind und einer stark befahrenen Straße Aiges-Mortes, mit festungsähnlicher Stadtmauer, ein paar entspannten mittelalterlichen Gässchen und dann, an der Rückseite, wo die Stadt ins Schilf übergeht, die Salinen, für die die Gegend so berühmt ist. Die kurzweilige kurze Fahrt bringt uns dann nach Le Grau-du-Roi, Hemingway-Kenner wir der Name etwas sagen.

 

Der nächste Tag ist unser letzter am Mittelmeer. Ein Tag, der uns am Verstand der lokalen Verkehrplaner zweifeln lässt. Hier verläuft immerhin der Mittelmeer-Fernradweg. Nur ist davon nicht viel zu sehen. Grauenvolle Radinfrastruktur, und teilweise vermutet man sogar Vorsatz, wenn der Fernradweg direkt an der stark befahrenen Fernstraße verläuft und parallel perfekte Nebenstraßen und vor allem traumhafte Deichwege existieren. Nach 20 Kilometern habe ich zu viel von dem Mist und breche ab, überzeuge die Gruppe von einem kleinen Umweg. Und wie schön radelt es sich plötzlich, fern von allem Verkehr, mit Rückenwind, aufs Meer zu, über eine schaukelige Behelfsbrücke auf den Deich…

Und dann das Schild! Radfahren auf dem Deich verboten!

Weg unterbrochen, überflutet? Zu gefährlich?

Nichts dergleichen, wie wir nach einem Akt zivilen Ungehorsams wissen. Eine der schönsten Radstrecken auf der Tour. Ein fast perfekter Feldweg auf der Dammkrone, links das stürmische Meer in tiefblau, rechts der Kanal Rhone-Sete in ruhigem hellblau. Dahinter noch einmal Meer, aufgewühlt gelb. Was für ein Farbenspiel!

Der Weg nach Agde dann weiterhin halb Himmel, halb Hölle. Dann der perfekte Abschluss unser Tour am Mittelmeer: Leckere Meeresfrüchte in einem Restaurant am Hafen, mit Blick auf’s Meer. Tschüß Mittelmeer!

Pferde und Meer

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Wir sind schnell aus Nimes raus und dann wird es bei weiterhin Rückenwindbedingungen malerisch, wie es sich für die Camargue gehört. Weiße Pferde? Check! Stiere? Check! Flamingos (weiß, weil noch nicht mit Krustentieren abgefüllt!)? Check!

Bevor die Lebensfreude überhand nimmt, noch ein wenig Demut! In St. Gilles verneigen wir uns immerhin vor der viertwichtigsten Pilgerstätte des Mittelsalters. Die Fassade ist aber auch zum Niederknien!

Am Ziel, da wo die Marien über das Mittelmeer kamen, Maria, Maria Magdalene und Maria wer auch immer, auf jeden Fall Saintes-Maries-de-la-Mer, sommerliche Temperaturen und eine Resorthotel mit Swimmingpool.

Und am Abend Meeresfrüchte!

Achtung Gallier!

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Entspannter Radfahrtag nach Nimes. Es geht fast nur bergab, es rollt gut mit Rückenwind und in Nimes finden Römerfestspiele statt.

Alles schön bunt hier! Der Sieg im Zweiten Weltkrieg wird mit einer Reanimation der Niederlage bei Alesia gefeiert. Was würde Obelix dazu sagen? (der im Übrigen in Persona mit Asterix und einer Mischung aus Gutemine und Fabala durch die Straßen läuft und Selfies erlaubt! Wo ist Idefix?)

 

Und auf den Feldern blüht der Mohn!