Durch den Monsun

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Das Lied weicht mir nicht von den Lippen. Angesagt war Regen, den ganzen Tag. Stattdessen haben wir orkanartigen Gegenwind, plötzliche Regengüsse, einmal, nach Ankunft drei Minuten Hagel – und ganz viel Sonnenschein. Während ich diese Zeilen schreibe, in den altehrwürdigen Mauern des Bayerischen Hofes, hängt mal wieder eine tiefschwarze Wolke über Sulzbach-Rosenberg, alte Residenzstadt an der Goldenen Straße mit einer eindrucksvollen historischen Altstadt.

Heute macht der Paneuroparadweg richtig Spaß, wir zelebrieren unser Mittagspicknick am Fuße des Monte Karolino, einem Schuttberg aus Karolin, auf dem man tatsächlich Skifahren kann (ein paar Snowborder schwingen sich ins Tal!).

Wieder einmal wird vor uns der Radweg geteert, und auch am Zielort eröffnen wir offiziell die Radsaison. Zitat der Chefin: „Mit Radfahrern haben wir bei dem Wetter noch nicht gerechnet!“ Nun denn, dann „Bohème Camino!“ und ganz viel Radelverkehr für die kommende Saison!

In und rund um Weiden

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Besichtigungen sind Familienangelegenheiten, zumindest bis Nürnberg. Heute führt uns mein Vater gewohnt fundiert und kurzweilig durch seine Wahlheimat und meine Heimatstadt Weiden. Am Mittag dann kurze Radtour nach Parkstein, den „schönsten Basaltkegel Europas (A. Humboldt)“ anschauen.

Ein halber Ruhetag, sehr interessant, vom Wetter verwöhnt, mit einer Dosis Entspannung und einer Bildergalerie:

Der Bockl

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Osterbrot, Krokanteier und echte bemalte Hühnereier! Der nigelnagelneue Toaster qualmte, und die schicke Espressomaschine spuckte Crema nach Crema aus. So sind wir nach kalten Tag gestern auch wieder auferstanden. In diesem Sinne noch einmal „Frohe Ostern!“

Heute lockt mit dem Bockl der längste Bahnradweg Deutschlands (und wohl einer der schönsten!). Kaffeepause machen wir in Pleystein am Osterbrunnen und besteigen den eindrucksvollen Rosenquartzfelsen mit der nicht ganz so eindrucksvollen Wallfahrtskapelle (Barock eben!).

Es rollt so gut, dass ich glatt vergessen, weitere Fotos zu machen. Mittagspause am Kloster St. Felix, und dann sind wir auch schon in Weiden. Frau Popp vom Gasthof Weile, die ich schon seit Kindheit kenne, begrüßt uns herzlich und dann begrüßen wir den kommenden Ruhetag mit dem einen oder anderem Zoigl und einem zünfttigen bayrischen Abendessen im Keller des Bräuwirts.

Winter’s leaving…

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

…nicht ohne noch einmal kräftig einen rauszulassen! Es pfeift der kalte Wind von vorne, garniert mit Regentropfen. Aber halb so wild wie befürchtet!

Den Paneuroparadweg genießen wir heute in homöopathischen Dosen, wobei die Erstverschlimmerung glücklicherweise ausbleibt. Mit Wonne blicken wir vom Flüsterasphalt auf die eine Einmündung des viel gepriesenen, angeblich fertiggestellten Radwegs Prag-Paris, die aus durchfurchtem Waldboden besteht. Ab bayrischer Grenze ist der Paneuroparadweg dann tatsächlich einmal ausgeschildert. Vor allem aber der Jakobsweg!

Bohème Camino!

Anstrengend ist es trotzdem, umso mehr genießen wir unseren Mittagsstopp in der Zoiglstum „Beim Strehern“ mit bayrischer Brotzeit und Zoigl.

Zoglstum

Von da an rollt es gut und gar nicht mehr so kalt bis in unsere Unterkunft am Ende der bayrischen Welt, direkt am ehemaligen Grenzübergang Bundesstraße Waidhaus. Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs rollten hier täglich tausende LKWs in beide Richtungen, heute ist es angenehm still und unaufgeregt. Die tschechische Pächterin ist ebenfalls tiefenentspannt. Platz für das Abendpicknick – klar, im (noch nicht ganz fertiggestellten) Restaurantraum, beient euch beim Geschirr! Frühstück: Auch einen Toaster gibt es, macht euch nur breit. Haben wir dann auch gemacht, nur die drei glänzenden Zapfhähne haben wir nicht ausprobiert!

Frohe Ostern und na shledanou Tschechien!

 

Wo ist der Jakobsweg?

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Am Morgen eine kleine Runde über den Marktplatz von Pilsen. Für Karfreitag erstaunlich viel Betrieb!

Etliche Stunden in der Vorbereitung der Tour habe ich aufgewendet, um die Route entlang des tatsächlichen Jakobswegen zwischen Prag und Kap Finisterre zu gestalten. Umso mehr freut es mich, dass wir heute fast ausschließlich auf dem Camino geradelt sind.

Nur war da keine Muschel. Es war leider auch kaum ein Hinweis auf den Paneuropa-Radweg. Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber wenn von den Millionen, die nach Tschechien für den besagten Radweg geflossen sind nur eine Schautafel und sechs Aufkleber auf bestehenden Radwegweisern übrig bleiben, fragt man sich schon, wer sich von dem Geld eine Villa in die ohne Zweifel wunderschöne Landschaft gebaut hat.

Aber genug des Meckerns: Auch wenn wir alle heute ein- bis zweimal geflucht haben, vor allem, als der „Radweg“ über unwegsame, schlammübersäte Waldwege führte: Es geht uns gut, die Landschaft ist grandious, meist rollt es auch gut, und die Kulinarik sorgt für weiteres Glücksgefühl. So auch beim Picknick am Löschwasserteich in Pňovany.

Urig und heimelig unsere einfache, aber höchst stilvolle Unterkunft mit dem Hauch der 1970er. Truckerkneipe meets In-Kneipe! Wenn ihr mal in Stříbro seid (alte Bergbaustadt mit silberner Vergangenheit!), dann müsst ihr im Hotel U Branky übernachten.

Langsam wird es Frühling. Allerdings ist für morgen Schneeregen angesagt. Letztes Aufbäumen des Winters, hoffentlich.

Irrungen und Wirrungen (Paneuropa 2.0)

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

„Ach, der Paneuropa-Radweg!“, seufzt unser perfekt Deutsch sprechender Herbergsvater. „Das kann noch Jahr dauern!“

Aber wir sind Optimisten und die ersten Kilometer strafen den Skeptiker Lügen. Siehe an, da, am Ufer wird sogar der Radweg frisch geteert!

An der Ausschilderung fehlt es jedoch, und auch der Track, den ich entlang des Paneuropa-Radweges (mit einem Schuss Jakobsweg!) geplottet hatte, hat so seine Tücken. Alles in allem aber ein schöner Vormittag, bei dem sich das Flusstal der Berounka als zu eng erweist, als dass da noch ein Radweg Platz hätte. Also: Höhenmeter, Höhenmeter, am Ende der Tour werden es mehr als 1.600 sein.

 

Landschaftlich alles wunderschön, mal eine Burg, mal ein Kloster am Wegesrand oder Horizont. Gegen 15:30 Uhr stürmen wir einen Supermarkt, um 16:30 Uhr dann das verspätete Mittagspicknick.

Noch 24 Kilometer bis Pilsen! Im Saußeschritt über mehrere Hügel. Bis wir die Altstadt von Pilsen erreichen und damit unser zentral gelegenes Hotel, stilvoll, bequem, mit einem wunderbaren Restaurant, das – einziger Minuspunkt – kein Pilsner Urquell ausschenkt.

Dafür übernachten unsere Räder heute im Weindepot. Prost, ihr Zweiräder!

Wo ist der Paneuropa-Radweg?

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Es ging auf jeden Fall erst einmal gut los!

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Der Running Gag für heute: Wo ist er denn nun, der viel gepriesene, angeblich auf gesamter Länge fertiggestellte Paneuropa-Radweg?

Hinter der der Baustellenabsperrung, die verhinderte, dass wir, wie immerhin auf dem Straßenschild angekündigt, rechts abbiegen konnten? Hinter der langen Steigung, dem Umweg in Serpentinen über schicke Vorstadtviertel und weniger schicke Lidl-Parkplätte? Oder gar hinter dem geschlossenen Tor, laut Kommot ebenfalls Fernradweg? Als Versöhnung dann aber tatsächlich, 15 Kilometer außerhalb von Prag ein Fernradweg, der den Namen auch verdient!

Als Belohnung für die Extrakilometer gab es dann erst einmal eine entspannte Kaffeepause an der Berounka, und später noch einen deftigen Mittagsimbiss, stilvoll dargebracht von Christoph, Mitinitiator der Reise und der Mann am Steuer, am Kühlschrank und am Herd:

 

Auch die Kultur kam nicht zu kurz, die Besichtigung der ehemaligen Kaiserburg Karlstein war eine willkommene Abwechslung:

 

Und dann noch Donaudurchbruch in klein:

Eine Runde Prag

Bohème Camino – Mit dem Rad von Prag zum Kap Finisterre

Was für ein Glück, mit einer Frau verheiratet zu sein, die Prag wie ihre eigene Westentasche kennt und dann auch noch Tschechisch spricht. Zornica hat uns grandios durch Prag geführt. Wir waren den ganzen Tag durch die Stadt unterwegs, haben viel gesehen, viel erfahren und etwas gefroren. Aber da gab es ja immer die kleinen Aufwärmstopps, manchmal auch mit Heißgetränk.

Und das „Letzte Bier“, präsentiert vom Michael in der Bildergalerie.

Herzlichen Dank, Zornica!

Aber seht selbst!

 

Am Ende dann Ausklingen des ereignisreichen Tages in einer Brauereigaststätte mit allerlei spannenden Getränken und den üblichen tschechischen Portionen.

Gut genährt geht es morgen los,

Bohème Camino!